Süddeutsche Zeitung

3. Liga:Matt und müde

Nach 16 Partien ohne Niederlage verliert der TSV 1860 München wieder und erstmals unter Trainer Michael Köllner. Nach dem 1:2 gegen Würzburg sollte Sechzig nun schnell eine neue Serie starten.

Von Markus Schäflein, München

"Meiomeiomei", rief Hans Sitzberger. Der Reinigungsunternehmer ist ja nicht nur Vizepräsident des TSV 1860 München und somit bei Geisterspielen anwesend, sondern auch Fan. Und als solcher ersetzte er mit seinem Ausruf des Erschreckens das Raunen, das normalerweise das Grünwalder Stadion erfüllt hätte, als Marius Willsch auf der rechten Außenbahn den Ball verlor. Und es passierte, was Sitzberger hatte kommen sehen: Die Würzburger Kickers nutzten die Szene zu einem Konter gegen die aufgerückten und unsortierten Löwen, Fabio Kaufmann vollendete ihn zum 2:1 in der 62. Minute. Es war der entscheidende Treffer, am Ende verlor 1860 erstmals nach 16 niederlagenfreien Partien - und zum ersten Mal überhaupt unter Trainer Michael Köllner.

Lange schien das Spiel wie gewohnt zu laufen aus Sicht der Münchner: Sie dominierten die Anfangsphase und hatten umgehend die ersten Chancen, etwa durch Stefan Lex nach Vorarbeit von Willsch (2. Minute). Der Gegner ging dann trotzdem in Führung, durch Kaufmanns ersten Treffer: Er schoss aus 25 Metern, direkt auf Marco Hiller, doch der Torwart des TSV 1860 konnte den einfachen Ball nicht festhalten und ließ ihn durch die Beine ins Tor trudeln. Meiomeiomei, was hätte das unter normalen Umständen für ein Raunen auf den Rängen gegeben. Felix Magath, der Fußballchef des Würzburger Investors, rückte sich als Reaktion auf den Treffer auf der Tribüne erst einmal die Brille über der Mund-Nasen-Bedeckung zurecht.

Köllner stemmt sich mit einem unerwarteten Wechsel gegen die Niederlage

Aber die Löwen gerieten nicht nur gewohnheitsmäßig in Rückstand, sie glichen ihn auch gewohnheitsmäßig wieder aus - kurz nachdem Dominic Baumann das 2:0 für Würzburg verpasst hatte. Efkan Bekiroglu, der die Löwen am Saisonende zum türkischen Erstligisten Alanyaspor verlassen wird, traf auf Vorarbeit von Willsch von der Strafraumgrenze zum 1:1 (51.). Willsch hatte nun schon viel Gutes geleistet in dieser Partie - doch dann kam sein Ballverlust, der Sitzberger so entsetzte.

Danach stemmte sich Köllner mit einem unerwarteten Wechsel gegen die Niederlage, er wechselte in Bekiroglu und Stefan Lex zwei starke Offensivakteure aus und ersetzte sie für die letzten 25 Minuten durch Nico Karger und Noel Niemann. Fast wäre es geglückt, doch Karger schoss kurz nach seiner Einwechslung aus spitzem Winkel am Tor vorbei (66.). Danach gelang den Löwen kaum noch Zielstrebiges, sie wirkten matt und müde. Torjäger Sascha Mölders forderte etwas zu heftig einen Elfmeter und sah seine fünfte gelbe Karte (78.), er wird am Dienstag in Uerdingen fehlen - viel mehr Aufregung gab es vor dem Würzburger Tor nicht mehr.

"Die letzten Male sind wir immer wieder zurückgekommen, heute auch, aber dann kriegen wir das zweite Tor, und dann haben wir irgendwie keine große Chance mehr gehabt", sagte Mölders sichtlich geknickt bei Magenta Sport. Das Ende der Serie sei "natürlich ärgerlich - aber irgendwann erwischt es dich halt". Wichtig ist für Sechzig allerdings, schnell eine neue Serie zu starten. An der Tabellenspitze haben Duisburg und Mannheim nach ihren mühevollen Siegen vom Samstag nun fünf bzw. vier Punkte Vorsprung. Und die Würzburger Kickers sind in der engen Tabelle nebenbei auch vorbeigezogen.

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SZ vom 07.06.2020/and
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