24-Stunden-Rennen von Le Mans:Tortur für Mensch und Maschine

Bei keinem anderen Motorsport-Rennen wird Material und Fahrern mehr abverlangt als beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Auch in diesem Jahr steht ein medienwirksames Markenduell im Mittelpunkt.

Günther Fischer

Das Motorengebrüll lässt den Asphalt erbeben, an den Tribünen bricht sich der Schall, selbst im Riesenrad des Vergnügungsparks nebenan sind noch Erschütterungen zu spüren. Die Piloten fahren am Limit, Schreie aus dem Publikum begleiten jedes riskante Manöver. So ist das im französischen Le Mans, beim legendären 24-Stunden-Rennen auf dem "Circuit des la Sarthe".

Das Diesel-Duell von Le Mans

Einer der Titelverteidiger: Romain Dumas im Audi

(Foto: dapd)

Mehrere hunderttausend Menschen, darunter erstaunlich viele Briten, reisen einmal jährlich in das kleine Städtchen Le Mans. Sie bevölkern die Campingplätze, füllen die Hotels und Gaststätten, campieren oft sogar am Straßenrand.

Die meisten kommen mit dem Auto - und wer mit dem Flugzeug einschwebt, erlebt schon mal eine Rasenlandung: Der kleine Airport ist an diesen Tagen schlicht überlastet.

Was macht die Faszination dieses Rennens aus? Zum einen die Strecke selbst, benannt nach dem Fluß Sarthe. Sie ist 13.880 Meter lang und verläuft an Renntagen zum Teil über Landstraßen. Da ist auch die rund fünf Kilometer lange Gegengerade, die "Ligne Droite des Hunaudières" (die Briten nennen sie "Mulsanne Straight"). Früher wurden da Geschwindigkeiten von über 400 Stundenkilometer erreicht - bis 1990 aus Sicherheitsgründen zwei Schikanen eingebaut wurden. 340 Stundenkilometer sind aber immer noch drin.

Und da ist die Zeit: 24 Stunden sind lang, richtig lang. Bei keinem anderen Rennen müssen Mensch und Maschine so lange durchhalten. Trotz hohen Tempos zählt Standfestigkeit vor Geschwindigkeit - so lautet das eiserne Gesetz. Was bis heute einer der Gründe für dieses Langstreckenrennen ist: In Le Mans wollen die Automobilhersteller stets auch die Zuverlässigkeit und den Entwicklungsstand ihrer Fahrzeuge unter Beweis stellen.

Eine Runde in Le Mans ist drei- bis vier Mal so lang wie ein üblicher Formel-1-Parcours, und wenn der Sieger eines F1-Grand-Prix nach zwei Stunden abgewunken wird, haben sich die Boliden in Le Mans gerade mal grob sortiert. Das Starterfeld ist dabei in vier Klassen aufgeteilt - je zwei Klassen für Sportprototypen und Gran Turismos, die auch eigens gewertet werden. Natürlich sind all diese Rennwagen unterschiedlich stark und schnell - was zahlreiche Überholmanöver und Überrundungen garantiert.

Ausgerechnet in Le Mans ereignet sich 1955 auch die größte Katastrophe des Motorsports. Nach einer Kollision auf der Zielgeraden fliegen Teile des Mercedes des Franzosen Pierre Levegh in die Zuschauertribünen. 83 Menschen sterben, auch der Fahrer findet den Tod.

Le Mans ist aber auch die Geschichte medienwirksamer Markenduelle. In den Zwischenkriegsjahren schien Bentley unschlagbar (Sieger 1927-1930), danach gewann Alfa Romeo vier Rennen in Folge (1931-1934). Nach dem Zweiten Weltkrieg dominierte Ferrari sechs Rennen hintereinander (1960-1965), dann setzte sich Ford an die Spitze (vier Siege von 1966-1969). Auf das Konto von Porsche wiederum gehen sieben Siege in Serie (1981-1987).

Seriensieger aus Ingolstadt

Unübertroffen ist allerdings Audi: Die Ingolstädter gewannen den Langstreckenklassiker seit 2000 neun Mal, mussten sich nur Bentley (2003) und Peugeot (2009) geschlagen geben.

Auch 2011 steht der Zweikampf Audi gegen Peugeot wieder im Mittelpunkt. Beide Firmen treten mit neuen Diesel-Autos an: Während Peugeot mit dem 908er auf viel bewährtes Material setzt, hat Vorjahres-Sieger Audi einen radikalen Schnitt vollzogen. R18 heißt die neue Waffe aus Ingolstadt - ein Coupé mit 3,7-Liter-V6-Dieselmotor.

Und Audi ist schnell: In der Nacht zum Freitag fuhr Benoit Treluyer in 3:25,738 Minuten Bestzeit, sein Teamkollege Romain Dumas war als Zweitschnellster nur 0,061 Sekunden langsamer. Erst in der zweiten Startreihe stehen die Peugeot.

Peugeot-Fahrer Alexander Wurz, Sieger von 1996 und 2009, gibt sich dennoch abgeklärt: "Le Mans gewinnt man nicht. Le Mans lässt gewinnen". Zudem rechnet er mit einem Durchschnittstempo von 230 Stundenkilometern. Das wäre mehr als beim schnellsten Formel-1-Rennen der Saison.

In diesem Jahr erlebt Le Mans zudem ein besonderes Jubiläum: 1991, vor genau 20 Jahren, konnte Mazda das 24-Stunden-Rennen als erster und bislang einziger japanischer Automobilhersteller gewinnen - und das noch dazu mit einem Wankelmotor.

Um den Geburtstag dieses denkwürdigen Erfolgs zu feiern, hat Mazda das damalige Siegerauto, den Mazda 787B, komplett restauriert. Der Bolide mit einem 700 PS starken Vierscheiben-Kreiskolbenmotor wird auf dem Circuit de la Sarthe mit dem amerikanischen Schauspieler und Rennfahrer Patrick Dempsey einige Ehrenrunden drehen. Natürlich vor dem Start des Rennens.

Das richtige Rennen startet am Samstag (15 Uhr, live auf Eurosport) und wird zum 79. Mal gefahren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: