Zweite Liga:Guter Kniff

Weiße Bändchen ums Handgelenk, einigeln, Ball erkämpfen, kontern: Der FC Ingolstadt gewinnt gegen Bielefeld und scheint unter Tomas Oral ein Rezept gefunden zu haben, mit dem sich die Mannschaft zum Klassenverbleib kämpfen kann.

Von Johannes Kirchmeier

Er presste die Lippen in diesem Moment nicht mehr so fest aufeinander. Und da wirkte es so, als lächle er, zumindest ein wenig - während neben ihm seine Kollegen umher hüpften. Der Fußball-Trainer Tomas Oral kauerte zwar weiter auf dem Rasenboden, aber er wirkte entspannter als in den vorangegangenen 47 Minuten. Sein Plan mit dem FC Ingolstadt schien auch am Sonntag aufzugehen, gerade hatte der Angreifer Stefan Kutschke das 2:0 für seinen Klub geköpft. Am Ende siegte der Zweitligist 3:1 (1:0) bei Arminia Bielefeld.

Druck kennt Oral ja schon seit seinem Start bei den abstiegsbedrohten Ingolstädtern vor drei Wochen, aber vor der Partie in Ostwestfalen verschärfte er die Ansprüche an sich und sein Team: "Wir brauchen unbedingt einen Dreier, dass wir wirklich eine reelle Chance haben, an den letzten Spieltagen noch auf den Relegationsplatz zu kommen", sagte er nach dem 1:1 gegen Holstein Kiel in der Vorwoche. Der Motivationskniff klappte: Oral hat nun sieben Punkte in drei Spielen geholt und seinen Verein bis auf einen Zähler an den Relegationsplatz 16 herangebracht, den der 1. FC Magdeburg belegt, der am Sonntag beim SSV Jahn Regensburg 0:1 unterlag.

Auffällig ist der unter Oral komplett andere Spielstil. Schon gegen Duisburg (4:2) und Kiel überließ seine Mannschaft dem Gegner den Ball, gegen Bielefeld hatte der zuvor vorwiegend ballorientierte FCI dann lediglich 28 Prozent Ballbesitz. Orals Spieler beherzigen dessen Dreisatz: Abwarten, Ball erkämpfen und kontern. Nach dem Führungstreffer von Marcel Gaus in der 31. Minute und Kutschkes Kopfball erhöhte der eingewechselte Thomas Pledl auf 3:0 (64.). "Ein Stück weit war es bei den Bielefeldern heute wie so oft bei uns in dieser Saison. Sie haben lange klar besser gespielt als wir, doch wir hatten in der zweiten Halbzeit die klareren Chancen und diese genutzt", analysierte Kittel. So gnadenlos war Ingolstadt tatsächlich lange nicht. Etwas Glück kam noch hinzu: Die Bielefelder Klos (11.) und Clauss (18.) schossen neben das Tor, Andreas Voglsammer traf erst in der letzten Minute per Freistoß zum 1:3.

"Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen", sagte Oral. "Seitdem ich hier bin, sehe ich eine Mannschaft, die gewillt ist, die auch alles reindonnert was sie hat, um das unmögliche Ding noch möglich zu machen." Oral setzte in Bielefeld erneut auf die weißen Armbänder, die den Spielern Energie spenden sollen, schrie wieder viel an der Seitenlinie, um seine Kicker anzutreiben, und ließ die Gastgeber mit seinem Team vor dem Anpfiff warten. Das ist weniger die Motivations-Kategorie Waschstraße, in die er einmal Spieler des FSV Frankfurt schickte, sondern mehr die Kategorie: Viele, kleine Nadelstiche führen auch zur Heilung. "Das ist die zweite Liga und so müssen wir weitermachen", sagte Kittel noch. Die Ingolstädter scheinen diese Selbstverständlichkeiten spät in der Saison begriffen zu haben - vielleicht noch nicht zu spät.

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