Wolfsburg nach Magath:Schluss mit den Kettenhemden

Im ersten Spiel ohne Felix Magath entdeckt Übergangs-Coach Lorenz-Günther Köstner die Qualität im Wolfsburger Kader, einst ausgemusterte Profis werden zu Torschützen, das Team präsentiert sich selbstbewusst. Laute Kritik an Magath gibt es nicht - und doch wird deutlich, wie wichtig sein Abschied für den VfL ist.

Hendrik Buchheister, Düsseldorf

Fortuna Duesseldorf 1895 v VfL Wolfsburg - Bundesliga

Zurückgekehrte Freude in Wolfsburg: Bas Dost (mi.) jubelt mit seinen Kollegen über das dritte Tor gegen Düsseldorf.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Felix Magath ist bekanntlich unter der Woche aus seinem Amt als Alleinherrscher des VfL Wolfsburg verabschiedet worden, doch sein Wirken war am Samstagnachmittag noch spürbar, und das sogar in positiver Weise. So jedenfalls sieht das Lorenz-Günther Köstner, der die Betreuung der Wolfsburger Fußballer nach Magaths Ausscheiden vorübergehend übernommen hat: "Man darf nicht vergessen, dass Felix Magath diese Mannschaft zusammengestellt hat", sagte Köstner, als er das erste Spiel der Wolfsburger nach Ende der Monarchie analysierte.

4:1 hatte der VfL gewonnen durch zwei Treffer von Bas Dost und jeweils einem Tor von Diego und Ivica Olic. Es war erst der zweite Sieg für die Wolfsburger in dieser Saison, und in der Tabelle sprangen sie gleich zwei Plätze nach oben: Vom Letzten auf den 16. Platz. Köstner hat aber keine Lust, für einen Wunderheiler gehalten zu werden. Daher erklärte er dieses 4:1 zu einem Sieg des von Magath bestellten Personals.

Doch der neue Mann an der Seitenlinie hatte entscheidende Änderungen vorgenommen für das Spiel in Düsseldorf: Er ließ die zuletzt mit Stammplätzen auf der Tribüne ausgestatteten Hasebe, Polak und Kjaer von Beginn an spielen, und auch Diego kam zurück in die Mannschaft, der die 0:2-Niederlage gegen den SC Freiburg am vergangenen Wochenende von der Ersatzbank erleben musste. Köstner hat den überdimensionierten Wolfsburger Kader also auf Qualität hin untersucht, und er ist fündig geworden. "Diego ist ein Superspieler, jeder kann das sehen", sagte zum Beispiel Bas Dost über seinen Kollegen aus Brasilien.

Auch Rückschläge werden verkraftet

Das war natürlich ein feiner Seitenhieb gegen Magath, der Diegos Qualitäten zuletzt geringschätzte. Insgesamt aber hatten sich die Wolfsburger offenbar vorgenommen, nichts Schlechtes über ihren ehemaligen Trainer, Manager und Geschäftsführer zu sagen. Kein Profi des VfL ließ sich dabei erwischen, wie er Magath der Tyrannei bezichtigte. Aber aus den Ausführungen der Wolfsburger nach dem Spiel war schon eine gewisse Erleichterung darüber herauszuhören, nicht mehr von Magath unterrichtet zu werden: Diego sprach davon, wie viel Spaß er in den 90 Minuten von Düsseldorf gehabt habe und dass die Mannschaft voller Selbstvertrauen gewesen sei: "Die Einstellung des Teams war eine ganz andere." Bas Dost erzählte, dass mit Lorenz-Günther Köstner eine neue Leichtigkeit eingezogen sei: "Er hat mir gesagt: Mach dein Spiel und schieß ein Tor. Es sind dann sogar zwei geworden."

Während die Wolfsburger unter Magath spielten, als würden sie Kettenhemden unter ihren Trikots mit sich herumschleppen, wirkte der Vortrag des VfL am Samstag unbeschwert. Auch den Anschlusstreffer zum 1:3 durch Jens Langeneke per Elfmeter verkrafteten die zuletzt seelisch instabilen Profis aus Niedersachsen: "Da war ich selbst gespannt: Wie reagiert die Mannschaft?", berichtete Köstner hinterher. Dass sie umgehend das 4:1 schoss, beeindruckte den Übergangstrainer: "Wir haben sofort zurückgeschlagen, das war bemerkenswert."

Köstner ist zum zweiten Mal nach 2010 Interimstrainer beim VfL Wolfsburg. Wie lange die Übergangsphase dauert, wie lange er also am Spielfeldrand wirken darf, ist unklar. "Ich habe kein Problem damit, wieder zurückzustecken, falls Volkswagen andere Ziele verfolgt", sagte er zwar am Samstag in Düsseldorf. Doch er machte auch deutlich, dass die Arbeit in der ersten deutschen Spielklasse seiner Vorstellung vom Traumberuf schon recht nahe kommt: "Natürlich ist es für einen Trainer das Größte, in der Bundesliga zu arbeiten."

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