Fußball-Drittligist an der Börse:Großer Rummel um die Haching-Aktie

SpVgg Unterhaching geht an die Börse

Unterhachings Präsident Manfred Schwabl wollte den Börsengang seines Klubs buchstäblich "einläuten".

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Als zweiter deutscher Profiklub nach Borussia Dortmund geht die SpVgg Unterhaching an die Börse.
  • Unmittelbar nach dem Start an diesem Dienstag steigt die Aktie im Wert.
  • Präsident Schwabl sagt, man müsse den Aufstieg in die zweite Liga nach dem Börsengang in Visier nehmen.

Von Stefan Galler

Die Hauptperson machte es unfreiwillig spannend: Erst um 9.01 Uhr betrat Manfred Schwabl, 53, am Dienstagmorgen die Räume der Münchner Börse. Der Verkehr und die zahlreichen Baustellen in der Münchner City hatte ihn auf dem Weg von Holzkirchen zum Karolinenplatz am Fortkommen gehindert. "Gibt's da was umsonst?", fragte der Geschäftsführer der SpVgg Unterhaching GmbH & Co. KGaA dennoch bestens gelaunt mit Blick auf das mit Kamerateams und Reportern gut gefüllte Foyer. "Hoffentlich nicht", entgegnete eine Börsenmitarbeiterin und erntete schallendes Gelächter.

Die Laune blieb gut, als nur vier Minuten später der Eröffnungskurs der Haching-Aktie bekanntgegeben wurde: 8,30 Euro, 20 Cent höher als der Ausgabepreis des Wertpapiers in der Emissionsphase. Schwabl grinste breit. Beim Blick auf den Bildschirm habe er sich gefühlt "wie vorm ersten Bundesligaspiel oder dem ersten Rendezvous", sagte er: "Jetzt weiß ich auch, wie es Politikern bei der Bundestagswahl vor der Hochrechnung geht."

Die Stimmung sollte sich im Laufe der nächsten Stunden sogar noch steigern: Bis auf 12,80 Euro kletterte der Kurs am frühen Nachmittag und pendelte sich schließlich bei über zehn Euro ein. "Ein Wert, der über dem Eingangswert liegt, ist ein echter Teilerfolg", sagte Andreas Schmidt, der Geschäftsführer der Münchner Börse. Er lobte das Börsenprojekt des Fußballklubs. "Es ist gut, mit Eigenkapital zu arbeiten, und besser, eine breite Streuung zu haben anstatt eines Einzelinvestors. Außerdem freuen wir uns, wenn ein lokaler Fußballverein hier bei uns an der Münchner Börse notiert ist", sagte Schmidt: "So einen Rummel hatten wir hier schon lange nicht mehr, die Haching-Aktie ist Stadtgespräch."

Der Schritt, den die SpVgg Unterhaching mit ihrem Engagement an der Börse gewagt hat, ist sogar durchaus von überregionalem Interesse. Immerhin hat es seit Borussia Dortmund im Jahr 2000 kein deutscher Profifußballklub mehr riskiert, sich den Schwankungen des Marktes auszusetzen. Die BVB-Aktie startete mit einem Ausgabepreis von elf Euro, ein Wert, den sie bis heute nie wieder erreicht hat. Richtig bergab ging es, nachdem es der Klub unter der Führung von Präsident Gerd Niebaum und Manager Michael Meier nicht geschafft hatte, sich trotz einer Reihe teurer Transfers dauerhaft an der Spitze der Bundesliga zu etablieren. Danach wäre die Borussia beinahe in die Insolvenz geschlittert, der Aktienkurs sackte bis auf 84 Cent ab. Mittlerweile hat sich das Papier stabilisiert, in den vergangenen drei Jahren kletterte der Kurs um mehr als 90 Prozent nach oben; aktuell liegt er bei etwa neun Euro. Den Grund für diesen Aufschwung sehen Börsenexperten im gesunden Wirtschaften der Borussia unter Präsident Reinhard Rauball und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Auch Manfred Schwabl will den Blick für die Realität behalten: "Wir werden weiterhin keine hohen Ablösen oder Gehälter zahlen, sondern in unser Nachwuchsleistungszentrum und ins Stadion investieren. Eine Mischung aus Steinen und Beinen", so der Klubpräsident und Geschäftsführer. Man wolle ein "bodenständiger Vorortklub" bleiben, dennoch sei klar, dass man das Ziel 2. Bundesliga nach dem Börsengang ins Visier nehmen müsse, schließlich sei die Verantwortung größer, wenn man mit "fremdem Geld" arbeite: "Ich werde keine Ruhe geben, bis wir oben sind", sagte Schwabl. In zwei bis drei Jahren soll der Aufstieg bewerkstelligt sein. In diesem Fall würde ein Vielfaches an Fernsehgeldern fließen, womöglich könnten Anleger dann eine Dividende erwarten.

Börsenchef Schmidt fürchtet keinen Schlingerkurs des Papiers: Für ihn ist Haching ein Vorbild

Er habe durchaus damit gerechnet, dass man die SpVgg für diesen Weg verspotten würde, nach dem Motto, "was macht sich da jetzt ein Drittligist wichtig", so Schwabl. Doch das Gegenteil sei der Fall gewesen: "Ich habe Hochachtung dafür erfahren, dass wir nicht warten, bis den Verbänden etwas einfällt, um die Vereine zu unterstützen." Insgesamt 332 469 Aktien waren während der Zeichnungsfrist verkauft worden, was einem Erlös von rund 2,7 Millionen Euro entspricht. Bereits vor dem freien Verkauf hatten einige Ankerinvestoren Anteile im Wert von rund vier Millionen Euro erworben. Was die 621 896 Aktien angeht, die noch nicht veräußert worden sind, so sei man in Gesprächen mit strategischen Partnern, sagte Schwabl.

"Überwältigend" fand er, dass es exakt 1172 einzelne Orders gegeben habe: "Die Käufer sind viele Sympathisanten aus dem Oberland und dem Großraum München, die unseren Weg verfolgt haben", erklärte Schwabl. Genau deshalb fürchtet Andreas Schmidt von der Münchner Börse auch keinen Schlingerkurs des Papiers: "Bei den Aktionären handelt es sich weniger um Spekulanten als um Stillhalter, die dem Projekt treubleiben dürften."

Schmidt sieht Haching in einer Vorbildfunktion für andere Profiklubs, an der Börse zu einem soliden Wirtschaften zu gelangen, doch da ist Schwabl skeptisch: "Wir sind prädestiniert, weil wir ein kleiner Klub ohne Ultras sind. Da ist so etwas leichter durchzusetzen als zum Beispiel in Nürnberg, wo es schon für die Ausgliederung der Profiabteilung keine Mehrheit gibt."

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