Tickets der Fußball-Bundesliga:Vereint gegen den Schwarzmarkt

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Die gemeinsame Ticketbörse der Bundesliga-Klubs richtet sich auch gegen den Kartenhändler Viagogo (Archivbild). (Foto: imago sportfotodienst)

Einige Bundesliga-Klubs bieten ihre Eintrittskarten bereitwillig im Internet an, andere Vereine kämpfen für ihre Rechte. Eine gemeinsame Online-Plattform soll künftig faire Preise garantieren - doch Marktführer Viagogo kämpft ebenfalls mit harten Bandagen.

Von Boris Herrmann

Wenn es zuletzt in den zahlreichen Festreden um die Erfolgsgeschichte der 50 Jahre alten Fußball-Bundesliga ging, dann wurden meist zwei zentrale Erfolgsgeheimnisse angeführt. Erstens, so geht eine populäre Erzählung, sei die Bundesliga sportlich ausgeglichener als viele andere europäischen Topligen, grundsätzlich könne hier jeder jeden schlagen. Zweitens wird gerne auf die außergewöhnlich sozialverträglichen Ticketpreise in den Stadien verwiesen.

Fakt ist aber, dass These Nummer eins zuletzt schweren Schaden genommen hat. Den FC Bayern konnte seit einem Jahr nämlich niemand mehr schlagen, zahlreiche Konkurrenten erweckten den Eindruck, sie versuchten es erst gar nicht. Und um These Nummer zwei ist es auch nicht allzu gut bestellt. Der Ticket-Handel auf dem Schwarzmarkt sowie auf dem sogenannten Zweitmarkt bei Online-Händlern wie Viagogo nimmt teilweise groteske Züge an.

Der Verein Borussia Mönchengladbach ist beispielsweise stolz darauf, dass in seiner Arena keine Eintrittskarte mehr als 44,50 Euro kostet. Für das offiziell ausverkaufte Spiel zum Rückrundenstart zwischen der Borussia und dem FC Bayern wurden bei Viagogo aber noch Restposten angeboten - zum Einstiegspreis von 454 Euro.

Streit mit Tickethändler
:Schalke reicht Klage gegen Viagogo ein

Der Streit zwischen Schalke 04 und der Online-Ticketbörse Viagogo geht in die nächste Runde. Mario Götze könnte beim Pokalspiel des FC Bayern gegen Hannover 96 wieder zum Einsatz kommen. Zlatan Ibrahimovic verlängert bei Paris St. Germain.

Offenbar gibt es in diesem Land Fußball-Liebhaber, die verzweifelt genug sind, um solche Summen zu zahlen. Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass hier ein mutmaßliches Alleinstellungsmerkmal der deutschen Fußballkultur zur Debatte steht. Während die organisierten Fans seit einigen Jahren speziell gegen Viagogo Sturm laufen, hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) derartigen Ticketschiebereien lange tatenlos zugeschaut, mit dem Verweis auf die Geschäftshoheit der Vereine.

Auf diese Weise ist ein unübersichtlicher Flickenteppich entstanden. Einige Bundesligisten wie der FC Bayern, der FC Augsburg, Hannover 96, der VfB Stuttgart oder 1899 Hoffenheim arbeiten ganz offiziell mit Viagogo zusammen, um beispielsweise Dauerkartenbesitzern die Möglichkeit zu geben, ein Ticket weiter zu verkaufen, wenn sie es nicht selbst zum Spiel schaffen. Noch vor einigen Jahren sah es tatsächlich so aus, als sei Viagogo auf bestem Weg, mit diesem Geschäftsmodell die gesamte Bundesliga zu erobern.

Inzwischen regt sich aber breiter Widerstand. Einige Klubs wie Schalke 04 oder der Hamburger SV kündigten solche Partnerschaften auf Druck ihrer aufgebrachten Anhänger vorzeitig und fristlos. Auch der FC Bayern will seinen laufenden Vertrag nicht mehr verlängern. Stattdessen setzen mehr und mehr Vereine auf eigene Online-Börsen. In Frankfurt und Wolfsburg wird gerade mit Hochdruck an einer solchen Plattform gebastelt.

Bayer Leverkusen wiederum hat bereits im August vergangenen Jahres rechtliche Schritte gegen Viagogo ergriffen. Und zuletzt hat auch Gladbachs Geschäftsführer Stephan Schippers den Preistreibereien der Ticket-Makler den Krieg erklärt. "Wir wollen Viagogo Einhalt gebieten", sagte er dem Wall Street Journal Deutschland.

Allmählich wächst die Einsicht, dass es dafür eine klare Linie aller Bundesliga-Standorte bräuchte. Viele Vereine wünschen sich vor allem vom Ligaverband eine aktivere Rolle in dieser Sache. Dem soll nun entsprochen werden. In einer DFL-Umfrage unter allen 36 Profiklubs der ersten und zweiten Liga sprach sich eine große Mehrheit für eine gemeinsame Ticket-Plattform aus. Damit soll den kommerziellen Schwarz- und Zweithändlern die Nachfrage entzogen werden.

Am Freitag wird sich unter dem Dach der DFL erstmals eine Projektgruppe treffen, um gemeinsame Regeln für Fair-Trade-Stadiontickets zu formulieren. Dieser Kommission gehören unter anderem Vertreter von Schalke 04, dem FC Bayern und Borussia Dortmund an. "Eine überzeugende zentrale Ticketbörse, wäre ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des Schwarzmarktes", sagt DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig.

Im Kern geht es darum, eine bundesweite Tauschbörse zu entwickeln, die bis unmittelbar vor dem Anpfiff die Möglichkeit bietet, ein Ticket, das nicht genutzt werden kann, zu verkaufen. Allerdings ohne Wucheraufschlag. "Wir wollen nicht Quereinsteiger oder Trittbrettfahrer haben, die auf dem Rücken der Fans Geld verdienen", sagt Schippers.

Der Plan klingt einfach und gut, die Frage ist nur, ob er auch so leicht umzusetzen ist, denn Viagogo kämpft seinerseits mit harten Bandagen. Das in Genf ansässige Unternehmen verweist stets darauf, dass es lediglich den Handel von Fan zu Fan organisiere. Kritiker haben die Firma jedoch im Verdacht, dass sie große Kartenkontingente aufkauft, um das Angebot künstlich zu verknappen und die Preise hochzutreiben. Viagogo bestreitet das.

Nicht zu bestreiten ist die Tatsache, dass der Online-Händler weiterhin Tickets von Vereinen vertreibt, die von Viagogo bereits eine Unterlassungserklärung eingefordert haben. Dazu gehören Gladbach und Leverkusen. Nicht zu bestreiten ist außerdem, dass im Netz Eintrittskarten angeboten werden, die es eigentlich noch gar nicht gibt. Am Samstag, den 10. Mai, spielt Gladbach beim VfL Wolfsburg. Ein Stehplatzticket im Gästeblock kostet bei Viagogo derzeit 85 Euro.

© SZ vom 28.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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