Raheem Sterling:Guardiolas Erfolgsgarant wehrt sich gegen Rassismus

Crystal Palace - Manchester City

Will auch gegen Tottenham Grund zum Jubeln haben: Raheem Sterling.

(Foto: dpa)
  • Raheem Sterling ist Pep Guardiolas große Hoffnung im Champions-League-Rückspiel mit Manchester City gegen Tottenham Hotspur.
  • Besonders auf den Citizens lastet ein hoher Erfolgsdruck, der Klub läuft international seit Jahren seinen eigenen Ansprüchen hinterher.

Von Sven Haist, Manchester

In seinem Beitrag für die Sportplattform The Players' Tribune hätte Kevin De Bruyne seinen Mitspieler Raheem Sterling in dieser Woche nicht besser in Szene setzen können. Zu Beginn dieses Aufsatzes schildert der belgische Nationalspieler einen Dialog aus der gemeinsamen Anfangszeit der beiden Fußballer vor vier Jahren bei Manchester City. In diesem Wortwechsel konfrontierte De Bruyne seinen Kollegen Sterling mit dem in britischen Zeitungen durchklingenden Vorurteil, wonach jener ein "arroganter Volltrottel" sei - um dann selbst festzustellen, dass sich dieser Ruf weder bestätigen noch nachvollziehen lässt. Ganz im Gegenteil, schreibt De Bruyne, der ziemlich unverdächtig ist, die Unwahrheit zu behaupten: Raheem Sterling gehöre "zu den aufrichtigsten Menschen", die er in seinem Leben kennengelernt habe. Für Sterling sind solche Worte wichtig. Denn auf öffentlich entgegengebrachten Respekt hat der englische Nationalstürmer speziell auf der Insel lange warten und dafür kämpfen müssen - sowohl als Mensch als auch als Fußballer.

Als einem der ersten fiel City-Trainer Pep Guardiola das Potenzial des flexiblen Seitenangreifers auf. Obwohl er seine Trainertätigkeit in Manchester zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht aufgenommen hatte, wies Guardiola dem Vernehmen nach schon ein Jahr vorher, im Sommer 2015, seinen Klub in spe an, Sterling um jeden Preis zu verpflichten. Für die zwischenzeitliche Rekordablöse eines englischen Spielers in Höhe von etwa 55 Millionen Euro kaufte City den damals 20 Jahre jungen Flügelspezialisten umgehend aus seinem Vertrag beim FC Liverpool heraus. Der Transfer gilt als der erste des aus Abu Dhabi mit Geld aufgepumpten Vereins, der auf den Einfluss von Guardiola zurückging. In der mittlerweile dreijährigen Zusammenarbeit hat der katalanische Ballbesitzguru Sterling auf der Außenposition so hintrainiert, dass dieser Spieler einem als erstes als Erfolgsgarant in den Sinn kommt, wenn es an diesem Mittwoch für die Citizens darum geht, in dieser Saison die Perfektion zu wahren: die Chance auf ein Titel-Quintett aus Champions League, Meisterschaft (Duell mit Liverpool), FA-Cup (Finale gegen Watford) - sowie dem bereits errungenen Ligapokal und Supercup.

Aus gegen Tottenham wäre inakzeptabel

Mindestens zwei Tore müssen her für City zu Hause im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League, um das 0:1 aus der Vorwoche gegen Tottenham Hotspur zu revidieren. Für den Tabellenzweiten der Premier League (mit einem Spiel Rückstand) geht es um die zweite Halbfinalteilnahme der Vereinsgeschichte - aber dem Gefühl zufolge schon: um alles. Ein weiteres vorzeitiges Aus in der Königsklasse ließe sich, anders als in den Vorjahren unter Guardiola, nicht mehr hinter die eigenen Erfolge in anderen Wettbewerben kehren.

An Toren hat es City allerdings selten gemangelt, in 40 von 54 Pflichtspielen traf das Team mindestens doppelt. Bei 37 von 149 Treffern hatte der formstarke Raheem Sterling seine Füße im Spiel. Und in seinem Leben hat er wahrhaftig schon Schlimmeres ausgehalten als den knappen Rückstand im Duell mit den Spurs, die im Rückspiel ohne Torjäger Harry Kane (Bänderverletzung) und Dele Alli (Handbruch) auskommen müssen.

Immer wieder sieht sich der in Kingston, Jamaika, geborene Sterling, 24, rassistischen Äußerungen ausgesetzt - und einem Teil der britischen Boulevardmedien, deren tendenziöse Berichterstattung seinem Ansehen erheblich schadet. Seit jeher scheint er für Niederlagen herhalten zu müssen, sein Lebensstil wird hergenommen, um ihn als ungezogenen Jungen zu verunglimpfen. Nach dem blamablen englischen EM-Aus 2016 gegen Island beschimpfte ihn das Massenblatt Sun als "Flop" und "Fußballidioten". Andere Zeitungen kritisierten Sterling für einen Billigflug oder behaupteten mit dem Abdruck mehrerer Bilder, die Sterling in verschiedenen Autos zeigten, er wäre darauf aus, sieben Fahrzeuge zu besitzen - für jeden Wochentag eines.

Seit Dezember wehrt sich Sterling

Die Erniedrigungen lässt Raheem Sterling seit Dezember nicht mehr schweigend über sich ergehen. Nach der ersten Saisonpleite für City beim FC Chelsea wehrte er sich durch eine 207 Worte lange Nachricht auf Instagram. Dabei ging es ihm nicht bloß um die abermaligen rassistischen Obszönitäten im Stadion, sondern um die teils unfaire Berichterstattung gegenüber dunkelhäutigen Profis. Als Beispiel führte Sterling zwei Artikel auf, in denen ein weißer Spieler (Phil Foden/Manchester City) und ein schwarzer Spieler (Tosin Adarabioyo/West Bromwich) für den Kauf eines Hauses für ihre Familie unterschiedlich bewertet wurden. Durch seine Initiative hat sich Sterling in England zu einem Vorkämpfer im Fußball gegen Rassismus und für Gleichberechtigung entwickelt.

Die heftigen Debatten um seine Person haben erstaunlicherweise nie seine Leistung auf dem Feld beeinträchtigt. Bei Manchester City hat sich Sterling neben der stets vorhandenen Explosivität beim Antritt und seiner Dribbelstärke den Zug zum gegnerischen Tor angeeignet. Diese Fähigkeit könnte ihm helfen, als einer der komplettesten Flügel-Hasardeure im Weltfußball zu gelten - und den Stellenwert zu erhalten, den er verdient.

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