SC Paderborn:Zu viel Hollywood

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Nicht mehr länger im Scheinwerferlicht Ostwestfalens: Stefan Effenberg muss seinen ersten Trainerjob vorzeitig beenden. (Foto: Christof Koepsel/Getty Images)

Der Fußball-Zweitligist entlässt den erfolglosen Trainer Effenberg - und wirft die Frage auf, ob dessen Trainerkarriere zu Ende ist, bevor sie richtig begonnen hat.

Von Ulrich Hartmann, Paderborn/München

Im Oktober hatte Wilfried Finke den Trainer Stefan Effenberg nach Mallorca eingeladen und nachher geschwärmt: "Diese Zusammenarbeit ist eine Win-Win-Situation." Am Mittwochabend erhielt der im kalten Ostwestfalen weilende Effenberg nur noch einen Anruf aus dem mallorquinischen Domizil des Präsidenten vom Fußball-Zweitligisten SC Paderborn. Finke war klar geworden, dass hier doch niemand etwas gewonnen hat. Win-Win hatte es bloß in den ersten beiden Spielen gegeben - danach keinen einzigen Sieg mehr. Auch moralisch betrachtet der Präsident die Zusammenarbeit als Niederlage. "Die Verpflichtung von Stefan Effenberg war ein Fehler", sagte Finke am Donnerstag in Paderborn: "Diese Hollywood-Welt passt nicht zu uns."

Um Punkt fünf vor zwölf Uhr in der Nacht zuvor hatte der Verein eine Mail verschickt mit der Nachricht, dass Effenberg nach 140 Tagen entlassen ist. Nach dem zehnten Spieltag hatte er die Mannschaft von Markus Gellhaus auf dem 15. Tabellenplatz übernommen. Nach dem 24. Spieltag übergibt er sie auf dem 17. Platz jetzt an den bisherigen Leiter des Paderborner Nachwuchszentrums, René Müller. In der Effenberg-Tabelle der 14 Spieltage ist nur Duisburg mit neun Punkten schlechter als Paderborn mit zwölf. "Ich hatte nach dem Gespräch mit Herrn Effenberg das Gefühl, dass er sogar erleichtert war", sagte Finke.

Alle Stürmer sind suspendiert: In den vergangenen sieben Spielen gelingt dem SC ein Tor

Die Bilanz der ersten Trainerstation des Wahl-Münchners - als Spieler mit dem FC Bayern drei Mal Meister sowie Champions-League- und Weltpokal-Sieger - wirft die Frage auf, ob die Trainerkarriere des 47-Jährigen zu Ende ist, bevor sie richtig begonnen hat: zwölf Punkte aus 14 Spielen, 13:23 Tore, zwei Siege zum Auftakt, danach sechs Unentschieden und sechs Niederlagen, zuletzt nur noch ein Treffer in sieben Spielen, weil Effenberg mit Srdjan Lakic, Mahir Saglik und Nick Proschwitz drei Stürmer suspendiert hatte. Proschwitz hatte sich im Trainingslager als Exhibitionist betätigt. Weitere Skandälchen trug Effenberg selbst bei, indem er beim Oktoberfest in München wegen Trunkenheit am Steuer seinen Führerschein verlor und fahrlässig seine Trainerlizenz entwertete, indem er obligatorische Fortbildungen versäumte. "Die Summe der Ereignisse hat den Ausschlag für die Entlassung gegeben", sagt Finke: "Die Affäre um die Trainerlizenz hat das Fass zum Überlaufen gebracht."

Dass Effenberg bei bibbernder Kälte oft nur im Pullover am Spielfeldrand stand, war allenfalls ein Indiz für seine innere Hitze. Auf die Mannschaft konnte er diese nicht übertragen. Jüngste Vorwürfe des Trainers Ralf Rangnick, Effenberg habe gegen seine Leipziger eine Manndeckung "wie vor 30 Jahren spielen lassen", dürfen wegen Polemik vernachlässigt werden. Nüchtern stehen hingehen Effenbergs schwache Bilanz und die spielerische Einfallslosigkeit seines Teams zu Buche. Nach Proschwitzs Malheur im Trainingslager hat er nicht mal das Gespräch mit seinem wichtigsten Stürmer gesucht. Saglik wurde noch am Donnerstag von Präsident Finke begnadigt und darf wieder mitspielen.

Nur ein Mal, am 5. Februar, hat Effenberg angedeutet, was er von der Wankelmütigkeit des Präsidenten Finke hält: "Er ist mal so, mal so", sagte er und schaukelte die flache Hand wie ein Boot im schaukelnden Wasser. Von Finke waren während Effenbergs Amtszeit immer wieder konträre Aussagen gekommen. Mitte Januar hatte er dem Trainer Treue geschworen, Ende Januar hatte er nach dem Trainingslager gesagt: "Wenn der Februar voll in die Hose geht, machen wir uns Gedanken." Obwohl der Februar dann voll in die Hose zu gehen drohte, versicherte Finke am 22. Februar: "Effenberg bleibt bis zum Saisonende."

Am Mittwoch entließ er seinen Trainer dann plötzlich doch und entschuldigte seine vorherigen Äußerungen als Taktik zur versuchten Druckentnahme. Auch ohne Effenberg ist dem Möbel-Mogul weiterhin jedes Mittel recht: "Ich werde dafür sorgen, dass in den Laden hier verdammt noch mal Ruhe einkehrt - es hat oberste Priorität, dass die Mannschaft den Klassenerhalt schafft."

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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