Kommentar:Ein ehrenwerter Depp

Der 1. FC Nürnberg ist nach der Niederlage gegen Konkurrenten Hannover 96 wieder Tabellenletzter, der Abstieg ist damit noch ein kleines Stück wahrscheinlicher geworden. Doch der Club taugt trotzdem als Heldenfigur dieser Bundesliga-Saison.

Von Sebastian Fischer

Die Rolle, die der 1. FC Nürnberg in dieser Bundesligasaison einnimmt, ist eine ehrenwerte. In einer Liga, in der außergewöhnliche Trainer und aufregende Talente die Protagonisten sind, ist der Club eine Art Identifikationsfigur für Jedermann. Er erinnert ein wenig an den Helden einer typischen Kinokomödie, der sich erst mal ein paar Szenen lang zum Depp macht, um die Wandlung zum Helden besonders glorreich erscheinen zu lassen. Anders als im Kino scheint das Happy End in Nürnberg allerdings auszubleiben.

Nürnberg verzichtete bereits im Sommer, nach dem eher überraschenden Aufstieg, auf einen großen Kaderumbau - und trat mit einer besseren Zweitligamannschaft in der ersten Liga an. Die für den (neutralen) Zuschauer durchaus amüsanten Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten: 0:7 gegen Dortmund, 0:6 gegen Leipzig. Wie der Verein darauf reagierte, entsprach so gar nicht den Gepflogenheiten der Branche. Nürnberg entließ nicht den Trainer Michael Köllner. Nürnberg veränderte auch im Winter den Kader kaum, Nürnberg gab nicht hektisch Geld aus. Nach Niederlagen sprechen die Spieler stets vom Zusammenhalt im Team, als würden sie an einer Neufassung von "Elf Freunde müsst ihr sein" arbeiten, dem Klassiker unter den Fußballromanen. Anders als im Roman scheitern die Helden allerdings an der Prüfung, über sich hinauszuwachsen.

Das Gegenteil vom Club ist Hannover 96: ein Verein voller schlechter Laune und Unruhe

Das 0:2 gegen Hannover 96 war durchaus typisch. Und das wahrscheinliche Ende dieser Saison, der Wiederabstieg, ist noch mal wahrscheinlicher geworden. Die Begegnung der beiden Tabellenletzten hielt, was sie versprach: ganz wenig Fußballkunst. Aber Nürnberg kämpfte, Nürnberg glaubte an sich, Nürnberg spielte sogar nach vorn. Gewonnen hat in Hannover ein Klub voller schlechter Laune und Unruhe, allerdings mit den bewährten Mitteln der Branche ausgestattet, Trainerwechsel, viele Zugänge. Zwei Tore schoss Nicolai Müller, im Winter ausgeliehen. Nürnberg hielt auch hinterher noch zusammen, die Verleugnung offensichtlicher Fehler eingeschlossen. Der junge Simon Rhein hatte nach einer übermotivierten Grätsche schon nach elf Minuten die rote Karte gesehen. Manager Andreas Bornemanngriff im TV-Interview die Schiedsrichter für eine angebliche Fehlentscheidung an und behauptete, ein Sieg wäre verdient gewesen.

Man kann das alles natürlich mit den üblichen, zahlreichen und auch validen Argumenten kritisieren. Andererseits ist der Club nach 21 Spielen aber noch nicht abgestiegen. Sollte es mit dem Klassenverbleib doch noch irgendwie klappen, dann sollte dringend jemand einen Film draus machen.

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