Kommentar:Das Signal von der Tribüne

Das Rennen in Hockenheim lockt viele Zuschauer. Für die Vielfalt der Sportlandschaft ist das ein ermutigendes Zeichen.

Von René Hofmann

Von Hockenheim ist an diesem Sonntag ein Signal ausgegangen, das für den gesamten deutschen Sport von Bedeutung ist. Das wichtigste Ergebnis des Großen Preises von Deutschland: Beim Rennen waren die Tribünen gut gefüllt. Mit genauen Zahlen hielten sich die Veranstalter zurück. Aber die angepeilten 60 000 zahlenden Gäste dürften sie erreicht haben. Warum das wichtig ist, weit über Hockenheim hinaus? Weil mindestens 60 000 Zuschauer nötig sind, um die - ohnehin schon reduzierte - Gage aufzubringen, die Formel-1-Impresario Bernie Ecclestone als Startgeld verlangt.

Der inzwischen privat geführten Konkurrenz-Piste, dem Nürburgring, war dieses Geschäft im vorigen Jahr zu riskant. In der Eifel wurde auf die Austragung des Deutschland-Grand-Prix verzichtet. 2017 dürfte dies erneut der Fall sein. Für 2018 liegen die Deutschland-Rechte noch einmal beim Hockenheimring, der mehrheitlich der Stadt Hockenheim gehört. Und deren Bürgermeister klargestellt hat, Verluste aus dem Formel-1-Geschäft nicht länger hinnehmen zu wollen. Mit anderen Worten: Wäre der Auftritt der Formel 1 kein Erfolg gewesen, hätte es ziemlich sicher auch 2018 kein Rennen gegeben - und wohl keine weiteren. Die Sportart, die nach der Fußball-WM und Olympischen Spielen weltweit immer noch am meisten Aufmerksamkeit findet, hätte sich aus Deutschland verabschiedet. Für die Vielfalt sportlicher Großereignisse hierzulande wäre das ein mieses Signal gewesen.

Die Stimmung hat gedreht - auch dank eines Niederländers

Die vollen Motodrom-Tribünen lassen hoffen. Die exakte Abrechnung wird erst in einigen Tagen vorliegen, doch woraus sich der Stimmungsumschwung gespeist haben könnte, lässt sich schon jetzt vermuten: a) Die Dominanz der beiden Mercedes-Piloten erdrückt offenbar doch nicht jede Spannung, das Duell zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg hat für viele einen Reiz. b) Sebastian Vettel jagt zwar hinterher - immerhin aber in einem Ferrari. c) Insgesamt starten vier deutsche Fahrer - mehr als jedes andere Land bieten kann. Dass d) die Veranstalter aus der Bräsigkeit erwachten, zu denen die Michael-Schumacher-Jahre sie verführten, und sie aus eigener Initiative die Werbetrommel rührten, brachte ebenfalls einiges. Ebenso wie e) der kometenhafte Aufstieg des niederländischen Teenagers Max Verstappen; auffallend viele Autos und Wohnmobile rund um den Hockenheimring trugen am Wochenende gelbe Kennzeichen.

Spa, Monza, Spielberg: Viele Standorte haben zu kämpfen

Das Geschäft mit der Formel 1 ist kein Selbstläufer mehr - das mussten auch andere Länder erfahren. Als die Rennserie 2014 nach zehn Jahren Pause wieder nach Spielberg in Österreich zurückkehrte, wurde die Strecke von den Fans überrannt. Inzwischen ist dort die Begeisterung abgekühlt, vor wenigen Wochen blieben viele Sitze leer. Auch die Klassiker in Spa-Francorchamps/Belgien und Monza/Italien mussten sich viel einfallen lassen, um Kundschaft zu locken. Für in Frage gestellte Standorte wie Hockenheim gilt deshalb: Dabeibleiben ist das Wichtigste. Nur wer ein Rennen behält, hat auch die Chance, so lange am Konzept zu basteln, bis es wieder ein Erfolg wird.

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