Kasachstan: Heinrich Schmidtgal:Ein Abend mit Lahm

Noch braucht Heinrich Schmidtgal ein Visum, um für Kasachstan Fußball spielen zu dürfen. Der Russland-Deutsche steht bei Rot-Weiß Oberhausen unter Vertrag. Heute trifft er auf die DFB-Elf.

Frank Nienhuysen

Für Heinrich Schmidtgal, 24, ist die deutsche Mannschaft nicht in allem ein Vorbild, seine Uhr hat er lieber auf die kasachische Zeit umgestellt. Immerhin ist er schon seit mehr als einer Woche in Zentralasien. Am Freitag hat er dort gegen Belgien gespielt statt gegen die Türkei. Ansonsten hat der kasachische Nationalspieler Schmidtgal mit dem DFB-Team mehr gemeinsam als mit dem eigenen. Von Frankfurt aus musste er ebenfalls vier Zeitzonen weit in den Osten fliegen, ein Visum brauchte er für seine Reise auch. Seinen kasachischen Reisepass hat er erst vor ein paar Tagen in Astana abholen können.

Oberhausener Schmidtgal für Kasachstan gegen DFB

Der kasachische Nationalspieler Heinrich Schmidtgal im Trikot des Zweitligisten Rot-Weiß Oberhausen.

(Foto: dpa)

Der linksfüßige kasachische Mittelfeldspieler ist eigentlich ein linksfüßiger deutscher Mittelfeldspieler, er spielt in der zweiten Liga bei Rot-Weiß Oberhausen, vorher stand er beim VfL Bochum unter Vertrag. Von der kasachischen Liga weiß er nicht viel. Seine Welt ist die zwischen Greuther Fürth und Alemannia Aachen, nicht die zwischen Schachtjor Karaganda und Lokomotive Astana. Vor ein paar Monaten hat er erzählt, dass er Kasachstan nur virtuell auf der Playstation besucht hat, seit er im Alter von zwei Jahren aus seinem Geburtsland fortgezogen war.

Zwischen Vietnam und den Fidschi-Inseln

Schmidtgal ist Russlanddeutscher, in Kasachstan geboren, 1988 mit Familie in die Bundesrepublik übergesiedelt. Als der kasachische Nationaltrainer Bernd Storck ihn fragte, ob er für Kasachstan spielen wolle, fühlte er sich geehrt. Und sah eine Chance, die er als Zweitligaspieler sonst wohl nicht bekommen hätte: an den selben Abenden um die EM-Qualifikation zu kämpfen wie Ronaldo, Rooney oder Lahm.

Nach dem 0:2 gegen Belgien wurde Schmidtgal von Trainer Storck als "einer meiner Besten" gelobt. Es steckt also viel Deutsches in diesem deutschen Gegner. Storck, einst Bundesligaspieler in Dortmund und Bochum, arbeitet mit Holger Gehrke als Torwarttrainer zusammen. Der Klub Lokomotive Astana wird vom ehemaligen Gladbacher Holger Fach trainiert. Und in Sergej Karimow vom VfL Wolfsburg steht ein weiterer Russlanddeutscher im Kader. In der Fifa-Rangliste reicht es dennoch nur zu Platz 126, zwischen Vietnam und den Fidschi-Inseln.

Das Spiel gegen Deutschland (Dienstag, 19 Uhr) wirft bei vielen die Frage auf, warum ein Land aus Mittelasien in die Endrunde einer Europameisterschaft drängt. Seit 2002 ist Kasachstan Mitglied der Uefa, weil es erstens aus der Erbmasse des Uefa-Mitglieds Sowjetunion hervorgegangen ist und zweitens mit seinem Westzipfel ins geografische Europa ragt. Das hat jetzt auch Heinrich Schmidtgal gelernt.

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