golf reisen:Und James serviert den Whisky

Linksgolf vom Feinsten in den schottischen Highlands. Bei Wind und wetter auf den Spuren von Madonna und Carnegie.

Von Petra Himmel

Misstrauisch sind die Blicke, die herüber fallen von den Herren am anderen Tisch: Die Pudelmütze, ein wenig klamm vom Nieselregen der letzten Löcher, ist auf einem Stuhl gelandet, neben der Regenhose, dem Fleece-Sweater, dem Pullunder. Es ist Wintersaison hier oben in den schottischen Highlands, weshalb sie eigentlich unter sich sind, die Schotten im Clubhausrestaurant des Royal Dornoch Golf Club. Nur ab und an verirrt sich ein golfverrückter Tourist hier herauf in den Norden Schottlands. Unauffällig verschmilzt er mit dem täglichen Strom der beharrlich Golf spielenden Einheimischen, die bei jedem Wind und Wetter ihre rasanten Drei- Stunden-Runden im Vierer-Flight absolvieren.

golf reisen: Royal Dornoch

Royal Dornoch

(Foto: Foto: Golf Highland)

Später dann, zwischen Juli bis September, ändert sich das Bild: Die Besucher beherrschen das Bild, weil sie gekommen sind, um die verborgenen Schätze der Highlands zu suchen. Golfplätze also, die eigentlich weit ab liegen von Flugplätzen und Autobahnen, die jahrzehntelang ein gut gehütetes Geheimnis von Einheimischen und ein paar wenigen Kennern waren. Längst hat zumindest einer von ihnen Weltruhm erlangt: Royal Dornoch ist nicht nur vom fünffachen British-Open-Champion Tom Watson zu einem der besten Plätze der Welt erklärt worden. Andere Profis wie Nick Faldo haben dieser Empfehlung folgend die verzwickte Reise in die kleine Ortschaft Dornoch daraufhin ebenfalls angetreten. Gestoßen sind sie auf ein großes Plateau oberhalb der Wasserlandschaft des Dornoch Firth mit einem kleinen weißen Clubhaus - und auf 18 Löcher, die immer wieder faszinieren. Entlang des Sandstrandes rechter Hand, des Ginsters auf der linken Seite ziehen sie sich durch welliges und buckliges Gelände. Die Plateaugrüns mit ihren steil abfallenden Kanten sind tückisch, die Grünoberflächen voll unzähliger Breaks. Der Ausblick vom Tee fällt auf eine Farbpalette aus Grüns. Moosig und gräulich im Herbst, hell und frisch im Frühjahr. Heide in allerlei Farben dazwischen. Die Bälle hüpfen und schießen über den knallharten Boden, landen in schulterhohen Bunkern. Das hier ist Linksgolf vom Feinsten - ein Erlebnis, von dem jeder Golfer zumindest träumen sollte. Doch drei Stunden entfernt vom Flughafen Edinburgh bleibt Dornoch eben noch immer ein Ziel jenseits des Massentourismus. Im Sommer ist der Platz zwar voll gebucht, Startzeiten vorab zu reservieren ist aber kein Problem.

Fünf Fahrtminuten entfernt von Dornoch führt ein kleiner Abzweiger von der ohnehin nicht großen Schnellstraße in einen kleinen Weg, durch ein eisernes Tor, dann geradeaus auf ein Schloss zu, das Mittelpunkt einer Liegenschaft von knapp über 3.000 Hektar Größe ist. Der Carnegie Club ist hier in Skibo Castle beheimatet, einer der exklusivsten Clubs der Welt, wohl auch einer der am besten vor der Öffentlichkeit geschützten. Obwohl weitgehend Mitgliedern der international gehaltenen Vereinigung vorbehalten, ist auch Gästen der Aufenthalt in Skibo möglich - um das zu erleben, was Angestellte und Mitglieder den Geist von Andrew Carnegie nennen. Der geborene Schotte, der in Amerika sein Vermögen gemacht hatte und zum reichsten Mann der Welt wurde, suchte Ende des 19. Jahrhunderts für sich, seine Frau und die neugeborene Tochter Margaret eine passende Behausung in Schottland, eine Art Sommerhaus sozusagen. Auf Skibo Castle fiel 1898 die Wahl. Das Schloss, dessen Ursprünge noch aus den Zeiten der Wikinger stammten, kostete ihn 85.000 Pfund Kaufpreis - in den Jahren darauf zusätzlich ein Vermögen. Carnegie machte aus dem steinernen Gemäuer ein für seine Zeit höchst modern eingerichtetes Zuhause, das nach seinem Tod noch lange von seiner Tochter Margaret genützt wurde.

Und James serviert den Whisky

Ein Rätsel:Wo blieben nur die verlorenen Bälle aus vier Jahrhunderten?

golf reisen: Skibo Castle

Skibo Castle

(Foto: Foto: The Carnegie Club)

Nicht nur die Wasserrohre und -leitungen jedenfalls haben sich bis in heutige Zeiten gehalten. So sitzt man also dieser Tage in riesigen Badewannen von Anno dazumal, blickt auf wohl erhaltene Tapeten und staunt über die blitzenden alten Armaturen oder die üppigen Kaminstellen, die noch immer des Abends die Zimmer aufheizen. Auch zu Carnegies Zeiten hielten sich meist Gäste in den Räumlichkeiten auf, weil er selbst gerne Künstler, Denker oder einfach nur Freunde um sich versammelte, mit ihnen abends in Mr. Carnegie's Dining Room fachsimpelte, diskutierte, einfach ein paar Ideen spann.

Der eine oder andere seiner Bekannten muss ein Golfer gewesen sein. Carnegie jedenfalls, selbst ein mäßiger Spieler, ließ sich neun Löcher bauen, die inzwischen zu einem erstklassigen 18-Loch-Platz umgewandelt worden sind. Dessen Abgeschiedenheit ist gleichermaßen erfreulich wie bedauerlich. Zum einen möchte man die Ruhe des Platzes nicht missen, auf dem man an manchen Tagen eine ganze Runde lang keinen anderen Spieler sichtet. Andererseits ist es fast schade, dass die spektakulären Löcher an den Ufern des Dornoch Firth mit den Highlands im Hintergrund, die es mit jedem schottischen Spitzenplatz aufnehmen können, nur die Gäste und Mitglieder von Skibo Castle zu Gesicht bekommen. Letzteren ist die Abgeschiedenheit und Ruhe des Carnegie Clubs heilig. Dass das Anwesen seit einem Eigentümerwechsel im Jahr 2003 aus den Händen eines amerikanischen Pensionsfonds in den Besitz einer Gruppe privater Investoren, gleichzeitig Mitglieder, eine gehörige Finanzspritze erhalten hat, ist unverkennbar. Das Golf-Clubhaus wurde erneuert, das Spa komplett neu gebaut, die eine oder andere Tapete oder Gardine musste ihrer Historie zum Trotz etwas Neuem weichen. Privater Rückzugsort für Mitglieder und einige - sehr betuchte - Gäste soll Skibo Castle bleiben. Auch wenn Veranstaltungen wie etwa die Hochzeit Madonnas den Bekanntheitsgrad des Schlosses international doch sehr erhöht haben.

Inwieweit die Dudelsackmelodien, die morgens auf der Terrasse klingen und abends zum Essen rufen, mit dem Musikgeschmack der Pop-Ikone übereinstimmten, kann nicht mehr geklärt werden. Auch nicht, ob Butler James, der in der Schlosshalle seinen festen Platz hat, auch im Falle von Madonnas Hochzeit jedem Gast sein Spezialgetränk aus der Küche servierte, um einen drohenden Schnupfen bei schottischem Regenwetter abzuwenden: Es ist irgendein dicker Malt-Whisky mit einer süßlichen Beigabe, die das Ganze zu einem warmen, einschläfernden und ziemlich verklärenden Sirup macht. Ein Golfer jedenfalls tut gut daran, sich nach Abschluss einer windigen Runde auf den zugigen Löchern mit solch einer Mixtur zu verwöhnen. Sie verwischt ein wenig die Erinnerung an die verlorenen Bälle im Ginster, in den Latschen, im Meer. Zurück bleibt der lang anhaltende Eindruck von Golfplätzen, auf denen man wie in Dornoch seit vier Jahrhunderten spielt. Wo nur die verlorenen Bälle aus all den Jahren geblieben sind, werden wir nie verstehen.

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