Fußball:Wird Ronaldo anders behandelt als Messi?

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  • Wie Barcelonas Spielmacher Lionel Messi muss auch Real-Profi Cristiano Ronaldo wegen eines Steuervergehens vor Gericht erscheinen.
  • Offenbar wird sein Fall in Spanien jedoch anders bewertet als bei Messi 2016.

Von Javier Cáceres, Madrid/Berlin

Am Dienstagvormittag war Spaniens Finanzminister Cristóbal Montoro bei einem Madrider Wirtschaftsblatt zu Gast, in einem Fünf-Sterne-Hotel in Madrid. Bei café con leche philosophierte Montoro auch über eine Tätigkeit seiner Behörde, die derzeit weltweit für Schlagzeilen sorgt: den Kampf gegen mutmaßliche Steuersünder im Fußball. Der Fußball, so sagte der Minister, müsse "besonders beispielhaft sein", wegen seiner Strahlkraft auf die Gesellschaft im Allgemeinen und die Jugend im Besonderen. Die "Lebensfähigkeit" des Fußballs dürfe nicht "auf dem Rücken der Steuerzahler" errichtet werden, sagte Montoro. Nur wenige Stunden später gehörten die Schlagzeilen wieder anderen. Denn da wurde in Spanien bekannt, dass ein Ermittlungsrichter den mutmaßlichen Steuersünder Cristiano Ronaldo, 32 Jahre alt und Stürmer bei Real Madrid, für den 31. Juli als Angeschuldigten geladen hat. Ein Schlüsseltermin, um zu ergründen, ob Anklage erhoben wird.

Seinem früheren Trainer bei Real, José Mourinho, 54, blüht höchstwahrscheinlich das Gleiche. Mourinho wurde ebenfalls am Dienstag von der Staatsanwaltschaft angezeigt, gleichsam wegen mutmaßlichen, millionenschweren Steuerbetrugs.

Fußball
:Mourinho wegen Steuerhinterziehung in Spanien angeklagt

Der Trainer von Manchester United soll während seiner Zeit bei Real Madrid 3,3 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschoben haben.

Wie Ronaldo, so gehört auch Mourinho, der heute Manchester United trainiert, zum Kundenstamm des Fußballmanagers Jorge Mendes, 51, dessen Klienten zuletzt Probleme mit dem spanischen Fiskus hatten. Unter ihnen sind frühere Real-Spieler wie Carvalho (jetzt bei Shanghai IPG), Coentrão (Sporting Lissabon) und Ángel Di María (Paris Saint-Germain) sowie AS-Monaco-Stürmer Radamel Falcao (ehemals Atlético Madrid). Sie hatten Teile ihrer millionenschweren (Werbe-)Einnahmen über Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen kanalisiert. Sie handeln gerade mit den Behörden gütliche Einigungen aus, die Schuldeingeständnisse sowie die Zahlung der Steuerschulden nebst Zinsen beinhalten. Dadurch würden sie der Pein einer öffentlichen Gerichtsverhandlung entgehen.

Mourinho hat bereits eine Millionenbuße bezahlt

Offen ist, ob Ronaldo und Mourinho den gleichen Weg einschlagen. Ronaldo soll 14,77 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben, bei Mourinho soll es sich um 3,3 Millionen Euro handeln. Mourinho hatte schon vor einigen Jahren eine unvollständige Steuererklärung zugegeben und eine Millionenbuße bezahlt. Zum Verhängnis wurden ihm nun Enthüllungen über die Struktur seiner Briefkastenfirmen durch ein vom Magazin Der Spiegel angeführtes internationales Medienkonsortium. Danach schauten Spaniens Behörden noch mal genauer hin.

Mourinho wies alle Schuld von sich. Weder Steuer- noch sonstige Behörden hätten ihn bisher kontaktiert, hieß es am Dienstag in einem der BBC vorliegenden Schreiben. Auch Ronaldo beteuert sein reines Gewissen. Allerdings ließ er streuen, Spanien den Rücken kehren zu wollen. Er fühle sich zu Unrecht diskreditiert. Finanzminister Montoro ließ überraschend Sympathien für ihn erkennen: "Niemand ist ein Verbrecher, solange er nicht verurteilt ist." Wie der Portugiese durch die Öffentlichkeit behandelt werde, sei "ein Fehler". Zuvor hatte Sportminister Íñigo Méndez de Vigo gefordert, Ronaldo ob seiner "Diskrepanzen" mit dem Fiskus "nicht zu kriminalisieren".

Diese Mahnungen von Vertretern der konservativen Regierung Spaniens stehen in Widerspruch zur Haltung der Behörden im bislang prominentesten Steuerfall des spanischen Fußballs: Weltfußballer Lionel Messi vom FC Barcelona hatte sich 2016 vor Gericht vom Rechtsvertreter des Finanzministeriums als "Mafia-Boss" titulieren lassen müssen. Messi war zu 21 Monaten Haft (die er nicht antreten muss) und einer heftigen Geldbuße verurteilt worden.

Sein Fall lag aber etwas anders: Während Messi ab seinem 18. Lebensjahr voll der spanischen Steuergesetzgebung unterworfen war (aber Einnahmen auf Steuerparadiese schleuste), genoss Ronaldo (wie Mourinho) als "Zugereister" die Vorzüge des sogenannten "Beckham-Gesetzes". Es erlaubte ihm, nur auf seine in Spanien generierten Werbeeinnahmen Steuern in Spanien zu zahlen.

Seine Verteidigung argumentiert, dass er 92 Prozent seiner Einnahmen außerhalb Spaniens erziele. Ähnlich äußerte sich Reals Präsident Florentino Pérez in diversen Interviews. Ronaldo habe nie willentlich Steuern hinterzogen: "Er ist ein toller und solidarischer Kerl."

Pérez sagte, er habe seit Anfang Juni nicht mehr mit Ronaldo gesprochen; zudem versicherte er, keine Angebote für den Angreifer erhalten zu haben, weder von Paris St. Germain noch von Manchester United, die als Interessenten gelten. Englischen Medien zufolge ist das Interesse des Premier-League-Klubs aber gering. Das Verhältnis von Ronaldo und Mourinho gilt als angespannt. Pérez sagte, er wolle Portugals Mannschaftskapitän in Ruhe lassen, bis dieser seinen Einsatz beim Confed Cup in Russland beendet habe: "Danach werden wir reden."

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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