Fußball-Bundesliga:FC Bayern geht schläfrig ins Spitzenspiel

Fußball-Bundesliga: Mats Hummels und seine Kollegen blieben am Sonntag nur mit Mühe ohne Gegentor.

Mats Hummels und seine Kollegen blieben am Sonntag nur mit Mühe ohne Gegentor.

(Foto: Amelie Querfurth/AFP)

Von Tobias Schächter, Darmstadt

Und dann ließ also der Italiener Carlo Ancelotti seine Anmerkungen nach dem glücklichen 1:0-Sieg des FC Bayern München beim SV Darmstadt 98 aus dem Englischen ins Deutsche übersetzen. Viel zu sagen hatte der Trainer der Bayern aber ohnehin nicht. Seine Elf habe drei wichtige Punkte gewonnen, das knappe Ergebnis sei auf eine starke Abwehrleistung des Gegners zurückzuführen. Nur Douglas Costa habe eine Lösung gefunden. Das stimmte natürlich alles, aber vor allem stimmte Folgendes: Costas Traumtor durch einen katapultartigen Schuss aus 25 Metern in den Torwinkel (71.) bewahrte die Bayern vor einer Blamage beim Tabellenletzten - und rettete ihnen vor dem Spitzenspiel gegen RB Leipzig am Mittwoch die Tabellenführung.

Ancelotti gab gerne zu, dass seine Elf gegen den Herausforderer aus Leipzig schneller mit und ohne Ball spielen müsse als in Darmstadt. Die Münchner liefen sechs Kilometer weniger als die Lilien und konnten über die gesamte Spielzeit keine richtige Spannung aufbauen. "Das war nicht der FC Bayern in der ersten Halbzeit heute", klagte Torwart Manuel Neuer über den pomadigen Auftritt. Und auch wenn Innenverteidiger Mats Hummels nicht so hart mit der Leistung der Elf ins Gericht gehen wollte, so gab auch er zu. "Wir brauchen gegen Leipzig eine Top-Leistung, eine ordentliche Leistung wird nicht reichen."

Gegen Darmstadt boten die Münchner eine schwache Leistung - und gewannen trotzdem. Mehr wollten sie ja auch nicht, die Gala soll am Mittwoch folgen. Im Theater sagt man, einer schlechten Generalprobe folge eine gelungene Premiere. Die Münchner müssen nun beweisen, dass ihnen das wie so oft in der Vergangenheit auch am Mittwoch gelingt.

Schon wie die Bayern die Partie angegangen waren, ließ die Bedeutung des Auftritts in Südhessen erahnen: Es sollte nur der Aufgalopp zum Spitzenspiel gegen die aufmüpfigen Leipziger sein. Arjen Robben wurde die Reise ans "Bölle" zur Schonung sogar erspart, Ancelotti erklärte aber, der niederländische Nationalspieler trainiere am Montag wieder und stehe am Mittwoch zur Verfügung. Philipp Lahm durfte wegen "muskulärer Probleme im Oberschenkel" beim Warmmachen auf einen Einsatz verzichten, für ihn spielte Rafinha. Franck Ribéry saß zunächst nur auf der Bank, erst mit seiner Einwechslung für den 69 lange Minuten im Schlafmodus wandelnden Arturo Vidal kam mehr Tempo ins Spiel der Bayern.

Der Favorit hatte zwar sagenhafte 79 Prozent Ballbesitz, aber meistens spielten sich die Bayern-Profis den Ball gemächlich und hin und her und wieder zurück und so weiter. Im Nachhinein ist es fast erstaunlich, dass die Spieler dabei nicht eingeschlafen sind. Wer einmal in einen behäbigen Trott verfällt, kommt nur schwer wieder heraus, die Bayern steigerten sich nur ein bisschen nach Ribérys Einwechslung. Und spätestens nachdem der Ball nach einem Freistoß von Mario Vrancic nur Zentimeter am Tor von Manuel Neuer vorbeiflog (58.), war das 0:0 zu diesem Zeitpunkt sogar fast als glücklich für die Bayern zu bezeichnen.

Im 4-3-3 spielen die Bayern wieder schlecht

Die Darmstädter Profis wirkten nach der Entlassung von Trainer Norbert Meier vor zwei Wochen erkennbar befreit. "Wir sind wieder der verschworene Haufen geworden, der wir vorher hätten sein sollen", sagte Mittelfeldspieler Jérôme Gondorf, einer der Alteingesessenen, der mit Meier nicht zurechtkam. Aber was hilft's? Auch mit Interimstrainer Ramon Berndroth verloren die Lilien nun schon zum zweiten Mal trotz einer deutlichen Leistungssteigerung und bleiben mit acht Pünktchen Tabellenletzter.

Wenigstens waren die Fans wieder zufrieden am Bölle: Das Nullnull in der Halbzeit feierten sie wie einen Sieg, die Leistung nach dem Abpfiff noch immer wie eine Zeitenwende. Aber da Konkurrent Ingolstadt nach dem Trainerwechsel von Markus Kauczinski zu Maik Walpurgis zehn Punkte in fünf Spielen gewann, ist der Erfolgsdruck für die Lilien vor der Partie am Mittwoch bei Hertha BSC groß.

Nach dieser Partie wird dann wohl ein neuer Trainer vorgestellt. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten Holger Stanislawski, aber auch Ex-1860-Coach Kosta Runjaic. Darmstadts Präsident Rüdiger Fritsch aber wollte keine Namen kommentieren, egal ob diese "Erwin, Heidemarie oder sonst wie heißen". Von ihrem Recht zu schweigen machten auch Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Trainer Ancelotti Gebrauch. Beide wollten die nach SZ-Informationen bereits vereinbarten, aber noch nicht fixen Wechsel der Hoffenheimer Profis Sebastian Rudy und Niklas Süle zur neuen Saison nicht kommentieren.

Der Blick der Bayern hatte sich ja schon vor dem Abpfiff in Darmstadt auf den Anpfiff gegen Leipzig gerichtet: Und da Robben wohl am Mittwoch wieder mitspielen wird, dürften die Münchner gegen den Herausforderer mit dem von der Mannschaft geliebten 4-2-3-1-System agieren, in Darmstadt spielten sie in Ancelottis favorisierter Grundordnung 4-3-3 wieder schlecht. Immerhin hatte sich niemand ernsthaft verletzt, Lahms Nichtberücksichtigung war wohl eher eine Vorsichtsmaßnahme. Und Karl-Heinz Rummenigge stellte nur 20 Minuten nach dem Abpfiff in Darmstadt klar: "Wer gegen Real Madrid, Manchester United und Barcelona gespielt hat, ist auch gegen Rasenballsport bereit."

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