Fanpolitik des 1. FC Köln:"Zeitpunkt der Milde überschritten"

*** BESTPIX *** Borussia Moenchengladbach v 1. FC Koeln - Bundesliga

Kölner Fans stürmen das Spielfeld nach dem Bundesligaspiel gegen Mönchengladbach. Nun erwartet den Verein eine harte Strafe des DFB.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Nach den Ausschreitungen im Derby bei Mönchengladbach gibt der 1. FC Köln seine liberale Linie auf. Die kollektive Ausgrenzung einer ganzen Ultra-Gruppe dürfte heftige Reaktionen hervorrufen.

Von Philipp Selldorf, Köln

Dem 1. FC Köln steht der Ernstfall bevor, ein Heimspiel nämlich, doch diesmal gilt die Sorge der Klubverantwortlichen weniger der notorischen Angriffsschwäche, an der das Team im eigenen Stadion leidet, als dem eigenen Publikum.

Nach der Entscheidung der Klubführung, der Ultra-Gruppe "Boyz" nach den Ausschreitungen und Vorfällen beim Derby in Mönchengladbach den Fanklubstatus zu entziehen und die Mitglieder dieser Gruppe mit einem lokalen Stadionverbot zu belegen, rechnet der Verein mit kritischen Reaktionen der aktiven Fan-Szene.

"Gewisse Dinge werden wir aushalten müssen", sagte Geschäftsführer Jörg Schmadtke am Donnerstag. Für Solidarisierungsbekundungen mit den Ausgeschlossenen könne er jedoch "kein Verständnis haben". Stattdessen hält er es für "wichtig, eine Entsolidarisierung hinzubekommen". Die stillschweigende Duldung von Straftaten, wie sie aus der Fankurve heraus in Gladbach begangen wurden, bedeute "eine gewisse Mittäterschaft", erklärte Schmadtke.

Köln geht von einer heftigen Strafe des DFB aus

Der Verein hat offenkundig beschlossen, die liberale Linie im Umgang mit dem harten Kern der Anhängerschaft aufzugeben. Schmadtke sagte, dass besonders Präsident Werner Spinner "mit Herzblut und Eigeninitiative viel Positives bewirkt" habe, "wir haben ja Dinge deutlich befriedet". Nun aber sei "der Zeitpunkt der Milde überschritten", sagte der Manager. "Wir haben kurz vor zwölf und müssen davon ausgehen, dass der DFB eine heftige Strafe aussprechen wird."

Der Verband hat den Verein wissen lassen, dass er das aktuelle Verfahren zu den Gladbacher Vorfällen mit älteren Verfahren, die gegen den FC anhängig sind, zusammenführen werde. Auch beim Pokalspiel in Duisburg im Herbst war es zu Unruhen gekommen, gegen die vom DFB vorgesehenen Sanktionen hatte sich der Klub gewehrt, "weil wir", so Schmadtke, "die Strafe zu hart fanden". Jetzt sieht der Klub nicht mehr viel Spielraum, um in eigener Sache zu argumentieren. Das Spektrum der Strafen reicht von der Tribünensperrung bis zum Geisterspiel - "und weiter", wie der Geschäftsführer einwarf.

Schmadtke verteidigte die geplante kollektive Ausgrenzung der "Boyz", die als besonders radikal gelten: Diese seien "zum wiederholten Male straffällig" geworden. Auf eventuelle Klagen der Betroffenen sei der Klub eingerichtet, "wir werden notfalls auch Maßnahmen ergreifen, die auf rechtlich dünnem Eis stehen". Allerdings ist den Verantwortlichen bewusst, dass ein reiner Konfrontationskurs gefährlich wäre.

"Wir müssen aufpassen: Die Gruppierungen sind sehr heterogen", sagte Schmadtke. "Wir dürfen nicht alle verlieren und müssen mit den Gemäßigten im Gespräch bleiben."

Die Vorfälle, die beim Spiel in Mönchengladbach auftraten, seien für den Verein in ihrer Heftigkeit nicht absehbar gewesen, sagte Schmadtke. Rechtfertigungsversuche von Fans, die Ausschreitungen seien eine Reaktion auf Gewalttaten der Gladbacher Fans beim Hinspiel, wies er zurück: "Dass das kein Kuschelrock wird, das war jedem klar. Aber warum es solche Ausmaße angenommen hat, das ist für mich nicht nachvollziehbar."

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