England:Die Premier League wird zum Festzug des FC Chelsea

Chelsea v Arsenal - Premier League

Marcos Alonso feiert sein Tor gegen Arsenal.

(Foto: Getty Images)
  • Der FC Chelsea zieht einsam seine Kreise an der Spitze der Premier League.
  • Der FC Arsenal hat dem blauen Londoner Klub beim 1:3 nichts entgegenzusetzen.
  • Eden Hazard beweist, dass er vom Potenzial her zu den allerbesten Fußballern der Welt zählen könnte.

Von Sven Haist, London

Beim FC Chelsea wurden sie ganz wild vor Freude. An der Seitenlinie sprang Antonio Conte mit Anlauf geradewegs in die unteren Zuschauerreihen. Die Fans umarmten Conte sogleich, sodass vom 1,78 Meter großen italienischen Trainer nur noch die Schuhe aus dem Menschenpulk herausguckten. Weiter oben im Stadion riss Eigentümer Roman Abramowitsch in seiner Loge triumphierend die Arme in die Luft und die Spieler fielen an der Eckfahne übereinander her.

Die sechste englische Meisterschaft ist Chelsea nach dem 3:1 gegen den FC Arsenal kaum mehr zu nehmen. Kein Konkurrent kann beim Zwischensprint der Blues von nun 16 Siegen in den vergangenen 18 Premier-League-Spielen mitrennen. Der Vorsprung etwa auf den roten Teil Londons beträgt zwölf Punkte. Das Saisonende könnte also zum Festzug für Chelsea werden, weil bloß noch die beiden direkten Duelle mit den Klubs aus Manchester im Spielplan als Hindernis auftauchen.

Chelseas Verzückung galt am Samstagmittag aber in erster Linie dem belgischen Ausnahmekönner Eden Hazard, dem ein Tor gelang, das in seiner Anatomie gerade wohl nur Lionel Messi erzielen kann. Zehn Sekunden und 13 Ballberührungen hatte die Entstehung des 2:0 (53.) gedauert - und so lange hielt die Fußballwelt vor Staunen auch den Atem an. Wie er das gemacht habe, wurde Hazard später gefragt: "Einfach gedribbelt."

Instinktiv nahm Hazard, 26, den Ball mit seinem rechten Fuß kurz vor der Mittellinie auf. Auf dem Weg zum gegnerischen Tor versuchten nacheinander vergeblich Laurent Koscielny, Francis Coquelin, wieder Koscielny und Shkodran Mustafi sich an den Flügelspieler dranzuhängen. Mit Körpertäuschungen und Finten schüttelte Hazard sie ab. Um 14.43 Uhr deutscher Zeit brachte der Feingeist sein Dribbling mit einem Heber vorbei an Torwart Petr Čech zu Ende. Sieben Gegenspieler hielten sich da in seiner Nähe auf, degradiert zu Statisten. Ein Traumtor für Chelsea - ein Alptraum für Arsenal.

"Ein spezieller Treffer eines speziellen Spielers", sagte Gary Cahill. Ihm war die Ehre vorbehalten, seinem Teamkollegen die Trophäe als "Mann des Spiels" zu überreichen. Von den Fähigkeiten her hat Hazard das Potential zu Messi und Cristiano Ronaldo aufzuschließen, müsste dafür jedoch seine Launen ablegen und sich in der Champions League beweisen.

Chelseas Fans verhöhnen Arsène Wenger

Die beste Sicht auf diesen Filou hatte Arsène Wenger. Arsenals Trainer musste die Partie auf der Tribüne verfolgen, nachdem der englische Fußballverband ihn nach einer Handgreiflichkeit gegenüber einem Vierten Offiziellen zuletzt für vier Spiele aus der Coaching Zone verbannt hatte. Obwohl Wenger sonst immer einen Blick für die pure Schönheit des Spiels übrig hat, klagte er diesmal: "Wir waren wirklich naiv in unserer Verteidigung." Klar, einer seiner Spieler hätte ein taktisches Foul begehen können.

Die eigentliche Bitterkeit rührte aber aus dem Fünf-Tage-Schreck, den die Gunners hinter sich haben. Mit zwei Siegen gegen Watford (1:2) und den Tabellenführer hätte sich Arsenal berechtigte Hoffnungen machen können auf den ersten Titelgewinn in der Liga seit 2004. Stattdessen hat der Klub unter Wenger nun zum fünften Mal nacheinander eine Lehrstunde an der Bridge erhalten, mit einem angehäuften Torverhältnis von 2:15.

Chelseas Fans singen: "Arsène Wenger: Wir wollen, dass du bleibst"

Ob der Coach aus dem Elsaß nach 21 Spielzeiten an der Seitenlinie der Gunners überhaupt noch einmal zurückkehrt an diesen Ort, steht weiterhin in Frage. Der Vertrag von "Le Professeur" läuft bei Arsenal zum Saisonende aus. Chelseas Fans waren sich jedenfalls einig, sie sangen spöttisch: "Arsène Wenger: Wir wollen, dass du bleibst."

Das 3:1 vor 41 490 Zuschauern offenbarte, dass Arsenal einen Fehler begeht, sich für einen authentischen Meisterschaftskandidaten zu halten. Für den Rest der Saison kann es wieder mal bloß darum gehen, sich die Teilnahme an der Königsklasse zu sichern. Das Dreier-Mittelfeld - bestehend aus den für Topniveau eher durchschnittlichen Profis Alex Iwobi, Alex Oxlaide-Chamberlain und Coquelin - kombinierte fleißig vor sich hin, ohne Gespür für Zielstrebigkeit nach vorne und Gefahrenerkennung nach hinten.

Dabei hatte Wenger - für ihn unüblich - das eigene System dem gegnerischen 3-4-3 angepasst. Arsenal agierte mit nur einer defensiven Absicherung vor der Abwehr, und einer Dreierreihe im Angriff mit Mesut Özil auf der linken Seite. Die Idee war, Chelsea im Spielaufbau in die Mitte zu lenken, um die dortige personelle Überzahl (3v2) auszunutzen. Die Außenangreifer Özil und Theo Walcott zeigten allerdings bei Ballverlust kein Interesse mehr an der Begegnung. Beim 1:0 verpasste Walcott den Anschluss an Marcos Alonso (13.), der eine Flanke von der Özil-Seite aus ins Tor köpfte. Die beiden Treffer in der Schlussphase von Cesc Fabregas (84.) und Olivier Giroud (91.) hatten dann einzig noch Einfluss auf die Statistik.

Immerhin bleibt den Gunners das Recht, darauf zu verweisen, dass sie einen erheblichen Anteil haben an Chelseas neuer Stärke. Keiner hat ja das 3:0 Arsenals in der Hinrunde gegen den Rivalen vergessen. Aus der Asche dieser Niederlage stieg der FC Chelsea erst mithilfe von Contes taktischen Kniffen wie Phoenix empor.

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