Im Jahre 2001 zog ein brasilianisches Wunderkind in die Welt, es begann eine sagenhafte Geschichte. Ronaldo de Assis Moreira wechselte von Gremio Porto Alegre zu Paris Saint-Germain, er war 20 und wurde berühmt. Man nannte ihn Ronaldinho oder Ronaldinho Gaúcho, Gaúchos werden die Einwohner im Süden Brasiliens genannt.
2002 war der Kerl mit den schiefen Zähnen und dem hinreißenden Lachen Weltmeister, bald bewegte sich niemand eleganter über den Rasen als er. 2003 holte der FC Barcelona den Mittelfeldspieler für 30 Millionen Euro, 2004 und 2005 war er der beste Fußballer des Planeten. Seine Dribblings und Tricks verwirrten selbst in Zeitlupe. Dann ging es abwärts.
2008 fand der müde Held Zuflucht beim AC Mailand und wachte wieder auf, aber zuletzt hatten sie ihn auch dort nicht mehr aufstellen wollen. Am 12. Januar 2011 stand Ronaldinho nun mit fast 31auf einem Podest in Rio de Janeiro und genoss einen rauschenden Empfang.
20.000 Anhänger des Klubs Flamengo hatten sich im Stadion des Viertels Gávea versammelt, die meisten gekleidet in rotschwarze Trikots. Auch der Rückkehrer aus Italien trug bei seiner Vorstellung den neuen Dress zur Wollmütze, er bekommt wie in besten Zeiten die Rückennummer 10. "Ronaldinho gehört jetzt uns", verkündete die Präsidentin Patrícia Amorim. "Danke, Flamengo. Danke, rotschwarze Nation. Ich muss nichts mehr sagen, ich kann euch nur danken. Das Fest beginnt. Mit euch: Ronaldinho Gaúcho."
Die Party begann mit Jubel wie bei seinen schönsten Toren, und sie war auch für so einen Profi rührend, zehn Jahre nach dem Abschied aus Brasilien. Er wischte sich über das Gesicht, in der Hitze des Hochsommers liefen Schweiß und Tränen, und er sprach: "Danke für die Zuneigung, ich hoffe euch das auf dem Platz zurückgeben zu können." Es war das Finale in der meist beachteten Seifenoper der brasilianischen Jahreswende.
Kommt er nach Hause, und wenn ja, wohin? 76-mal hatte Ronaldinho für Milan gespielt und 20 Tore geschossen, doch der neue Trainer Allegri beorderte ihn auf die Ersatzbank. Statt dessen stürmte Landsmann Robinho, der sich beim FC Santos wieder in Form gebracht hatte, den nahm Auswahlcoach Carlos Dunga anders als Ronaldinho auch mit zur WM nach Südafrika. Allegri bevorzugt außerdem Zlatan Ibrahimovic und Antonio Cassano.
Cristiano Ronaldo ist Weltfußballer des Jahres. Viele seiner Vorgänger kamen mit weniger Glamour aus. Die Gewinner im Überblick - von Zico bis Lothar Matthäus.
Aus dem Mailänder Trainingslager in Dubai flog der verlorene Sohn dann im europäischen Winter nach Brasilien, Geschäftsführer Adriano Galliani reiste im Auftrag von Silvio Berlusconi hinterher, es begannen zähe Verhandlungen mit Ronaldinhos Bruder und Manager Assis. Palmeiras São Paulo war interessiert, auch sein Heimatverein Gremio Porto Alegre. Ronaldinho zog derweil durch die Nächte von Rio.
Schließlich setzte sich Flamengo durch, eine Art FC Bayern des Riesenreichs. "Flamengo ist das Größte in Brasilien, das weiß jeder", sagte Ronaldinho, der einstmals Größte der Welt. Flamengo zahlt auch am besten. Dank des brasilianischen Booms vor WM 2014 und Olympia 2016 geben auch die Fußballklubs mehr Geld aus. 600.000 Euro verdient der Volksheld und soll sich dafür so beliebt machen wie ehedem Zico, das ewige Idol der Gemeinde. Trainer Wanderley Luxemburgo bestellte ihn bereits im Trainingslager von Londrina ein und äußerte den Wunsch, er möge vor allem auf dem Rasen auffallen, Feierlichkeiten sind mindestens bis Karneval verboten.
Flamengo will mit dem teuersten Angestellten seiner Geschichte dank spendabler Sponsoren Kasse machen und Meister werden wie 2009, diesmal gewann ja Erzfeind Fluminense den Titel. Und Flamengo will sich abwenden von dem Drama um den vormaligen Torwart Bruno Fernandes Souza, der eine Liebhaberin umgebracht haben soll und wegen Mordverdachts im Gefängnis sitzt.
Vagner Love stürmt mit Ronaldinho, der möchte auf diesem Weg auch zurück ins Nationalteam. Nationaltrainer Mano Menezes hatte ihn im November gegen Argentinien zurückgeholt, nach 18 Monaten Absenz in der Seleção. In der Liga wird er alte Kollegen wie den dicklichen Ronaldo wiedertreffen, Ronaldo steht beim Rivalen Corinthians unter Vertrag.
So stieg Ronaldinho de Assis Moreira ein Jahrzehnt danach auf die Bühne in Rio und sagte, er habe sich in all der Zeit viele Arten der Rückkehr ausgemalt, aber nie so eine schöne wie diese.