Ballon d'Or für Ada Hegerberg:Erhaben über schlechte Männerwitze

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Ada Hegerberg im Champions-League-Finale gegen den VfL Wolfsburg.

(Foto: AFP/Getty Images)
  • Bei der Wahl zum Ballon d'Or muss sich die Norwegerin Ada Hegerberg einen sexistischen Spruch des Moderators anhören.
  • Sie selbst sagt: "Ich habe in dem Moment eigentlich nicht darüber nachgedacht."
  • 2017 trat sie aus der norwegischen Nationalmannschaft zurück, weil "der Respekt nicht da war".

Von Sebastian Fischer

Als Ada Hegerberg zum ersten Mal in ihrem Leben einen goldenen Ball überreicht bekam, waren sich alle der besonderen Bedeutung bewusst. 2015, Hegerberg war gerade 20 Jahre alt, wurde sie mit dem Gullballen ausgezeichnet, dem Preis für die Spielerin oder den Spieler des Jahres in Norwegen, einem Pokal für Fußballerinnen und Fußballer. Hegerberg gewann ihn als erste Frau vor lauter Männern. 2016 kürte die Jury sie erneut.

Am Montagabend gewann Hegerberg wieder einen goldenen Ball, diesmal den prestigeträchtigsten im Weltfußball. Der Ballon d'Or wird seit 1956 von der französischen Fußballzeitschrift France Football vergeben, in diesem Jahr erstmals als Ballon d'Or féminin auch an eine Frau. Es war also ein Moment von besonderer Bedeutung, als sie die Bühne im Grand Palais in Paris betrat. Aber einer war sich dessen offenbar nicht bewusst. Moderator Martin Solveig, als DJ bekannt, fragte Hegerberg, ob sie "twerken" könne, also tief in der Hocke mit Hintern und Hüfte wackeln.

Ada Hegerberg sagte "Nein" und ging von der Bühne. Sie dachte gar nicht daran, die Erinnerung an diesen Abend einem schlechten Männerwitz zu überlassen. Sie sagte: "Das ist ein fantastischer Tag für den Frauenfußball." Einen Sport, den sie vor allem mit großer Professionalität verkörpert.

Hegerberg, 23, war schon als Jugendliche eine der besten Fußballerinnen ihres Landes, als Angreiferin athletisch, beidfüßig, kopfballstark. Mit 17 wechselte sie nach Deutschland zum 1. FFC Turbine Potsdam und erreichte mit der Nationalmannschaft das Finale der Europameisterschaft 2013. Im Jahr 2016, zwei Jahre nach ihrem Transfer zu Olympique Lyon, gewann sie mit dem französischen Verein Champions League, Pokal und Meisterschaft, führte die Torschützinnenliste in Frankreich mit 33 Toren in 21 Spielen an und wurde zu Europas Fußballerin des Jahres gewählt. Vergangene Saison traf sie 46 Mal in Liga und Champions League.

Anders als es das Stereotyp besagt, beschäftigt sie sich nicht nur mit Fußball: Ihr früherer Spielerberater erzählte mal die Geschichte, wie er Hegerberg bei der WM 2015 in Kanada besuchte. Im Hotel hing ein Bild von Winston Churchill, und Hegerberg berichtete ihm, wie viel sie über den britischen Staatsmann wisse.

Nun ist es einerseits immer noch typisch, dass Menschen wie DJ Solveig sich öffentlich derart verirren. Dass ein Fußballpreis erst im Jahr 2018 an Männer und Frauen vergeben wird. Oder dass in Talkshows jemand wie der frühere Fußballer Mario Basler sitzt und über Frauenfußball lästert. Es sind andererseits Karrieren wie jene Hegerbergs, die solche Wortmeldungen als lächerlich entlarven.

Spitzenfußballerinen sind, wie ihre männlichen Kollegen, zielstrebig und meist vorbildlich, wenn es darum geht, ihren Sport zu fördern. Und doch gibt es im Fall von Hegerberg zwei ungewöhnliche Beispiele dafür. In jeder Sommerpause legt sie daheim in Norwegen ein Trainingscamp mit ihrem Vater ein; auch ihre Schwester Andrine, 25, ist im Übrigen Profi. Aus Protest gegen die Verhältnisse im Verband hat Ada Hegerberg ihre Laufbahn im Nationalteam 2017 beendet. "Es geht um Respekt für den Frauenfußball. Ich finde, der Respekt war nicht da", sagte sie am Montag. "Manchmal musst du schwere Entscheidungen treffen, um ehrlich zu dir selbst zu sein."

Nun als erste Frau mit dem goldenen Ball ausgezeichnet zu werden, sei ihr größter Erfolg, sagte sie. "Manchmal denkt man sich schon: Verdammt, wir leben in einer Männerwelt." Es gebe viel zu streiten als Frau im Jahr 2018. "Frauenfußballerin zu sein und heute den Ballon d'Or zu gewinnen, ist mein persönlicher Beitrag."

DJ Solveig, der im Internet als sexistisch kritisiert wurde, hat sich später entschuldigt. Was Ada Hegerberg von seinem blöden Spruch auf der Bühne hielt? "Ganz ehrlich", sagte sie, "ich habe in dem Moment eigentlich nicht darüber nachgedacht."

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