2. Liga: TSV 1860 München:"I love it"

Hasan Ismaik stellt sich in München als seriöser, zurückhaltender Geschäftsmann vor. Zur Krönung gewinnt der 1860 München vor seinem möglichen Retter mit 4:0 gegen Cottbus.

Gerald Kleffmann, Fröttmaning

Um 12.45 Uhr trat jener Mann erstmals an die Öffentlichkeit, der vielleicht bald schon als der Retter des TSV 1860 München gelten könnte. Dunkelblauer Anzug, stilvolle Brille, dazu eine Krawatte in Hellblau, exakt jener Farbe also, die für die Sechziger, die Löwen steht. Hasan Abdullah Ismaik, 34 Jahre alt, erfolgreicher, international tätiger Geschäftsmann aus Jordanien, wirkte bestens vorbereitet, als er seine erste kleine Presserunde in der Allianz Arena abhielt.

TSV 1860 München - Energie Cottbus

Ein guter Tag für die Löwen: Die Sonne schien, die Fans sorgten für gute Stimmung, und auf der Tribüne der klubeigenen Loge sitzt Hasan Abdullah Ismaik (rechts), der mit seinem angedachten millionenschweren Investment den Absturz des Vereins zu verhindern gedenkt.

(Foto: dpa)

Er sah passend gekleidet aus, er war gut gelaunt - und doch angenehm zurückhaltend. Höflich beantwortete er die ersten Fragen, würdigte den Arbeiterverein Sechzig, die Tradition des Kultklubs, die Nachwuchsarbeit, die Stadt, und er betonte, er habe eine große Leidenschaft für den Fußball - dann verschwand er vorerst wieder.

Ismaik, der hierzulande einfach nur Hasan Ismaik genannt werden will, wollte den Anpfiff nicht verpassen. Was dann folgte, hätten nicht die kühnsten Optimisten bei 1860 für möglich gehalten. Es folgten 90 Spielminuten, die wohl in die Vereinsgeschichte eingehen. Wer hat nur dieses geniale Drehbuch geschrieben?

4:0 fegte die Mannschaft von Trainer Reiner Maurer den FC Energie Cottbus weg, Dominik Stahl (2.), Stefan Aigner (35./65.) und Benjamin Lauth (84.) schossen den zwölften Saisonsieg der finanziell schwer angeschlagenen Löwen heraus, der Zeitpunkt für die Glanzleistung des Fußball-Zweitligisten hätte nicht besser sein können.

Die Sonne schien, die 18.600 (natürlich 18.600!) Fans sorgten für gute Stimmung, und auf der Tribüne, in der klubeigenen Loge, saß Ismaik (samt kleiner Entourage), der mit seinem angedachten millionenschweren Investment den Absturz des TSV 1860 zu verhindern gedenkt. Gut 33 Millionen Euro plant er bis 2014 in den Verein zu pumpen, kurzfristig will er dem Vernehmen nach mit 13 Millionen aushelfen, als Gegenleistung wird er wohl 49 Prozent der Klubanteile erhalten. Im Hintergrund sollen die Anwälte von Ismaik und von 1860 bereits am Vertragswerk tüfteln.

Ohne das Engagement des Geschäftsmannes aus Abu Dhabi, der beste Beziehungen zur dortigen Herrscherfamilie pflegt, dürfte es schwer für 1860 werden zu überleben. Weil so ziemlich jeder in der Stadt von der Bedeutung Ismaiks wusste, war die Anspannung vor dem Spiel quasi zum Greifen nahe.

"Ich möchte kein Geld verlieren"

Um 9.38 Uhr landete Ismaik mit einer Gulfstream-ähnlichen Maschine, natürlich wurde er von Reportern empfangen, auch das Fernsehen war da (wenn auch zu spät). Er bahnte sich dann aber lieber den Weg über einen Hinterausgang. In jedem größeren Auto wurde er dann vermutet, aber Ismaik zeigte sich erst kurz vor Anpfiff. Er scheint kein Selbstdarsteller zu sein, das wäre bei 1860, wo es in der Vergangenheit vor Selbstdarstellern wimmelte, mal eine wohltuende Bereicherung.

Er sei eben ein Geschäftsmann, teilte Ismaik später mit, der seine Leidenschaft, den Fußball, mit dem Geschäftlichen zusammenbringen wolle. Dass er mit 1860 noch vermögender wird, scheint er indes nicht groß einzuplanen, aber ein Ziel verfolgt er verständlicherweise schon: "Ich möchte kein Geld verlieren." Es klang seriös, was Ismaik in seinen kurzen Statements verkündete.

Er sagte jedoch nicht viel, "very nice", urteilte er über den Sieg, den er aufmerksam und mit einem Löwenschal um den Hals, verfolgt hatte. Jedes Tor beklatschte er, als sei er schon seit Jahren ein echter Löwe. Er hatte offensichtlich seinen Spaß, und in München können sich ja auch immer mehr Anhänger mit der Idee anfreunden, dass da demnächst arabisches Geld in den urbayerischen Klub fließt. " Ich sehe das alles sehr positiv", sagte etwa Fredi Heiß, Meisterlöwe von 1966, "und ich denke, meine Kollegen sehen das auch so." Heiß forderte lediglich, "dass die 1860-Führung nun die Zeit bekommt, um die Geschäftsbeziehung in Ruhe auf ein gutes Fundament zu stellen".

In den kommenden Wochen soll der erste Einstieg eines arabischen Investors im deutschen Profifußball perfekt sein. Jedenfalls arbeitet man im Klub darauf hin. Bei den Löwen herrschte am Samstagnachmittag überall Zuversicht, und da störte es auch keinen, dass sich Energie-Trainer Claus-Dieter Wollitz über den Besuch des Geschäftsmannes, der überall ein Thema war, eher weniger erfreut äußerte. "Es sollte ja um 12 Uhr eine Pressekonferenz wegen ihm stattfinden, ich dachte da schon, hoffentlich findet das Spiel statt", ätzte Wollitz, der sich offenbar auch daran störte, dass 1860 nach mehreren Nachlizenzierungsverfahren immer noch auf eine finanzielle Rettung hoffen darf und bisher von der DFL nicht härter als mit zwei Punkten Abzug bestraft wurde.

Bei den Löwen freilich interessierte das keinen an diesem herrlichen Frühlingstag. Die Sechziger freuen sich schon auf den nächsten Besuch von Hasan Ismaik, der am Sonntag nach Hause fliegen wird. Und er freut sich offenbar auch: Als Ismaik gefragt wurde, wie er das Stadion finde, antwortete er: "I love it." Wie hieß es im Film Casablanca - "vielleicht ist das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft". So ähnlich könnte die Geschichte von 1860 und Hasan Ismaik auch lauten.

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