2. Liga: TSV 1860:Auf nassem Rasen abgerutscht

Der TSV 1860 München setzt in St. Pauli nur eine Viertelstunde lang seine Vorsätze um, verliert 1:3 und findet sich auf Platz 15 wieder.

Dass die Enttäuschung so bitter schmeckt, liegt an den süßen Träumen zuvor. Selten in den vergangenen Jahren war eine Mannschaft des TSV 1860 vom Anhang so hoffnungsvoll in eine Saison begleitet worden. Nach der Abkehr vom Jugendstil, der über Jahre nur Zweitliga-Mittelmaß hervorgebracht hatte, hofften die Fans angesichts gestandener Profis aus aller Welt und des erfahrenen Trainers Ewald Lienen, diesmal um den Aufstieg mitzuspielen - und den gab der Klub auch als Saisonziel aus.

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Acht Spiele sind nun vorüber. Und mit acht Pünktchen geht der TSV 1860 in die Länderspielpause. "Das ist viel zu wenig", sagte Mittelfeldspieler Alexander Ludwig, der die Symbolfigur des Aufwärtstrends werden sollte, nach der 1:3-Niederlage bei seinem ehemaligen Verein FC St. Pauli. Und Verteidiger Torben Hoffmann stellte zurecht fest: "Wir können das Ziel Aufstieg erstmal vergessen."

Auf Platz 15 sind es nur noch drei Zähler bis zum Abstiegsrelegationsplatz 16, aber schon acht auf den Relegationsplatz nach oben. Den Verantwortlichen stehen angesichts des gewohnt emotionalen Umfelds nun zwei unangenehme Wochen ins Haus. Rund 100 enttäuschte Fans blockierten in Hamburg nach dem Spiel den Mannschaftsbus. Erst am Samstag, 17. Oktober, gegen Duisburg hat die Mannschaft die Gelegenheit, das Bild zu verbessern.

Man kann ihr nicht einmal vorwerfen, dass sie nicht schon in Hamburg um Kurskorrektur bemüht gewesen wäre. Lienen hatte sein Team wie erwartet umgestellt, um im zentralen Mittelfeld sowohl auf zwei Sechser - erneut Aleksandar Ignjovski und Mathieu Beda - als auch auf Alexander Ludwig als Spielmacher bauen zu können. Dafür musste ein Stürmer gehen - als einzige Spitze fand sich nicht wie erwartet Kapitän Benjamin Lauth, der nach eigener Aussage zuletzt "ein bisschen kaputt" war, sondern Kenny Cooper im Team; Lienen hatte da nicht nach Rangordnung, sondern konsequent nach Form entschieden.

Lienen findet Abwehr lächerlich

Aber nur in der ersten Viertelstunde vermochten die Löwen ihre guten Vorsätze umzusetzen. Sie traten gegen den zögerlich beginnenden FC St. Pauli mutig, engagiert und zielstrebig auf, erspielten sich ein Eckballverhältnis von 7:0 und einige Chancen. Ein abgefälschter Schuss von Cooper strich knapp am Pfosten vorbei, einen Freistoß von Ludwig lenkte St.Paulis Torwart Mathias Hain über die Querlatte. "Wenn wir in Führung gegangen wären, hätten wir aus einer gesicherten Deckung heraus spielen können. Leider konnten wir den Druck und die Überlegenheit nicht in Tore ummünzen", klagte Lienen.

Und die gute Phase der Löwen währte nicht lange. Sobald sich die Hamburger stärker um Offensive mühten, zeigte sich erneut, dass bei 1860 auf einigen Positionen schlicht die Qualität für die eigenen Ansprüche fehlt. Auf den Flügeln mussten sich erneut die Talente Sandro Kaiser und Tarik Camdal mühen, die als Zweitligastammspieler trotz ihrer Hochbegabung noch große Schwankungen aufweisen; ihr regelmäßiges Mitwirken ist nebenbei ein Armutszeugnis für die erfahrenen Alternativen.

Auch die Außenverteidiger Antonio Rukavina und José Holebas machten wieder einen unsouveränen Eindruck. In der Zentrale ist Beda eine Notlösung und spielt auch so; neben ihm wirkt der erst 18-jährige Ignjovski bei allem Engagement entsprechend führungslos. Und der tunesische Nationalspieler Radhouène Felhi gibt der Innenverteidigung längst nicht die Sicherheit, die sich die Verantwortlichen von ihm erhofft hatten.

Das 1:0 fiel nach einem Ballverlust von Camdal im Aufbauspiel, gegen eine unsortierte Hintermannschaft: Florian Bruns flankte von rechts an den entfernten Pfosten, Marius Ebbers legte den Ball in die Mitte ab für Carsten Rothenbach, der gegen die Laufrichtung von Kiraly ins linke untere Eck zum 1:0 traf (28.). Danach verloren die Münchner im immer stärker werdenden Regen komplett die Übersicht, St. Pauli drückte auf den zweiten Treffer. Max Kruse schoss knapp vorbei, Kiraly parierte sehenswert einen Drehschuss von Deniz Naki.

Nach dem Seitenwechsel bracht Lienen Charilaos Pappas für Camdal. Statt selbst offensiv zu werden, musste 1860 aber in der 58. Minute das 0:2 hinnehmen. Kruse durfte von der rechten Seite ungehindert flanken; Nakis Direktschuss, fast von der Torauslinie aus sechs Metern, wehrte Kiraly ab, Ebbers schaltete schneller als Rukavina und drückte den Ball ins Tor. "Beide Tore resultieren aus langen Flanken. Das ist einfach lächerlich, solche Gegentore zu bekommen", meinte Lienen. "Das hat die Mannschaft um den Lohn der Arbeit gebracht. Wir haben viel investiert und alles gegeben, aber wir waren nicht in der Lage, Tore zu erzielen."

Mlapas erstes Profitor

Umgehend wechselte Lienen zwei Stürmer ein, Lauth und den 18-jährigen Peniel Mlapa. Lange blieb diese Maßnahme ohne Wirkung, dann erzielte Mlapa sein erstes Tor im Profifußball: Hain verpasste den Ball nach einer von "gefühlt 400 Ecken, die wir verteidigen mussten", wie St. Paulis Trainer Holger Stanislawski es empfunden hatte; Innenverteidiger Ralph Gunesch rutschte auf dem nassen Rasen weg, der Ball prallte Mlapa vor die Füße (89.). Umgehend war allerdings alle Hoffnung wieder dahin: Naki steckte den Ball im direkten Gegenzug zwischen den 1860-Innenverteidigern Felhi und Hoffmann durch, traf zum 3:1 und beförderte die Löwen endgültig in zwei bittere Wochen.

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