Zweite Liga:Ende der Sorglosigkeit

Zweite Liga: Abstiegskampf unter alten Kollegen: Der frühere Jahn-Stürmer Jann George (links) gegen den Regensburger Jan Elvedi.

Abstiegskampf unter alten Kollegen: Der frühere Jahn-Stürmer Jann George (links) gegen den Regensburger Jan Elvedi.

(Foto: Robert Michael/dpa)

Jahn Regensburg verliert nach einer vor allem im ersten Durchgang schwachen Leistung auch beim Tabellenvorletzten Erzgebirge Aue und hat nun nur noch sechs Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz.

Von Stefan Galler

Als die Partie vorbei war, dröhnte das Steigerlied aus den Boxen im Erzgebirgsstadion. Menschen in lilafarbenen Klamotten lagen sich in den Armen und feierten ihren ersten Sieg seit Ende November, während diejenigen, die aus der Oberpfalz nach Aue gereist waren, bedröppelt dreinblickten: Spätestens jetzt, nach dem sechsten sieglosen Spiel in Serie, nach einer 0:1-Niederlage beim Tabellenvorletzten, sind die Zweitligafußballer von Jahn Regensburg im Abstiegskampf angekommen. Sechs Punkte liegen die Ostbayern nur noch vor dem Drittletzten Dynamo Dresden, der Jahn spielt aktuell die schwächste Rückrunde seiner Zweitligahistorie. Nur gut, dass ihm davor die beste jemals gespielte Hinrunde gelungen ist.

"Noch haben wir einen ordentlichen Vorsprung, aber er ist nicht mehr so groß, wie wir uns das vorgestellt haben, er hat sich halbiert", sagte Trainer Mersad Selimbegovic nach der Partie und sparte nicht mit Kritik an seiner Mannschaft, vor allem wegen der ersten 45 Minuten: "Die erste Halbzeit war grottenschlecht von uns." Sein Team habe "zu 99 Prozent falsche Entscheidungen getroffen", zu kompliziert gespielt, "nicht sachlich", so der Coach. "Teilweise haben wir agiert, als ob der Gegner nicht da wäre. Wir haben sie eingeladen und Fehler gemacht, die nicht passieren dürfen."

Etwa beim letztlich entscheidenden Tor des Tages, als Aues Bayern-Leihgabe Nicolas Kühn dem Regensburger Scott Kennedy in der Nähe der Mittellinie den Ball abjagte und Dimitrij Nazarov das Spielgerät nach vorne trieb. Der ehemalige Sechziger Prince Osei Owusu, der erst im Januar von Paderborn zum FC Erzgebirge gewechselt war, veredelte Nazarovs perfektes Zuspiel mit zwei Kontakten (23.). "In dieser Liga sind solche Fehler tödlich", schimpfte Selimbegovic. "Und in diesem Stadion darfst du es dir nicht erlauben, in Rückstand zu geraten. Das weiß jeder, der hier mal gespielt hat."

"Wir müssen zusammenstehen und versuchen, durch harte Arbeit zurückzukommen", sagt Rechtsverteidiger Benedikt Saller

Schon vor diesem Treffer waren es die Gastgeber, die dem Spiel ihren Stempel aufgedrückt hatten. Einen Volleyschuss von Kühn nach einem zu kurz abgewehrten Eckball konnte Jahn-Torwart Alexander Meyer mit den Fingerspitzen an den Pfosten lenken (11.), später hatten die Gäste Glück, dass es bei einem Handspiel von Jan Elvedi im eigenen Strafraum trotz Intervention des Videoassistenten keinen Elfmeter für Aue gab (15.).

In der Schlussphase der ersten Hälfte steigerten sich die Regensburger dann zumindest ein bisschen, blieben jedoch anfällig für Konter, etwa in der 35. Minute, als man sich am Strafraum der Sachsen festlief und Nazarov das folgende Solo mit einem strammen Schuss abschloss, jedoch seinen Meister in Keeper Meyer fand. Trainer Selimbegovic monierte später, dass bei den Kontern der Auer "fast keine Restverteidigung" mehr vorhanden gewesen sei. Die beste Gelegenheit für seine Mannschaft vor dem Wechsel vergab Niklas Beste, als er einen Chipball von Carlo Boukhalfa von links aus spitzem Winkel aufs Tor brachte, jedoch an Torwart Philipp Klewin scheiterte (36.), der den positiv auf Corona getesteten Martin Männel vertrat.

"In der zweiten Halbzeit haben wir ein paar Dinge anders gemacht, dann wurde es auch ein anderes Spiel", sagte Selimbegovic. "Der Gegner hat tief verteidigt, leider haben wir uns zu wenige zwingende Torchancen erspielt, um den Ausgleich zu machen." Genau genommen waren es nur drei: Ein Beste-Schuss, der aus 18 Metern am Tor vorbei flog (54.), kurz darauf ein Distanzkracher von Boukhalfa, den Klewin spektakulär aus der Ecke tauchte (55.), und eine Flanke des eingewechselten David Otto, die der Erzgebirge-Torwart gerade noch vor Joel Zwarts abfangen konnte (89.). Auf der Gegenseite traf Jan Hochscheidt in der Nachspielzeit mit einem Heber über Regensburgs Schlussmann Meyer hinweg nur den Pfosten.

Dann war's vorbei und beim SSV Jahn versuchten sie, zwischen feiernden Veilchen und dem dröhnenden Steigerlied ihre Gedanken sortieren. "Wir müssen zusammenstehen und versuchen, durch harte Arbeit zurückzukommen", sagte Benedikt Saller, der Rechtsverteidiger der Oberpfälzer. "Wir haben noch neun Spiele, können alles selbst regeln und haben alles selbst in der Hand. Mehr muss man nicht sagen." Und Übungsleiter Selimbegovic ergänzte, dass man sich selbst in diese prekäre Situation gebracht habe: "Jetzt heißt es, so schnell wie möglich die notwendigen Punkte für den Klassenerhalt zu sammeln."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: