Süddeutsche Zeitung

Zweite Liga:Reif für einen Befreiungsschlag

Jahn Regensburg beendet seine Negativserie durch eine abgeklärte und disziplinierte Leistung und bezwingt den FC St. Pauli mit 2:0.

Von Stefan Galler

Steckt man als Fußballtrainer mit seiner Mannschaft in einer veritablen Krise, dann liegt es nahe, dass sich der Übungsleiter in eine Schutzhaltung begibt, den Teamgeist beschwört und auch öffentlich die aus seiner Sicht natürlich völlig berechtigte Hoffnung auf baldige Besserung beteuert. Der Fachausdruck dafür lautet Durchhalteparole, und derer bediente sich Mersad Selimbegovic vor dem Zweitliga-Heimspiel seines SSV Jahn Regensburg gegen den FC St. Pauli. Und zwar ganz bewusst: "Man sagt, es ist ein Alibi oder es sind Durchhalteparolen. Aber es gibt nichts anderes als mehr Zuversicht, mehr Entschlossenheit, mehr Kampfgeist zu zeigen, um die Situation zu drehen", sagte der Coach und fügte hinzu: "Du darfst jetzt nicht in Panik geraten. Es ist noch so viel zu spielen."

Offenbar traf der ruhige Übungsleiter damit genau den richtigen Ton, denn sein Team zeigte am Sonntag eine entsprechende Reaktion und kehrte nach acht sieglosen Spielen ohne jedes eigene Tor (!) in die Erfolgsspur zurück: Gegen die zuletzt ebenfalls schwächelnden Gäste vom Millerntor gelang den Oberpfälzern ein 2:0 (2:0)-Erfolg, hinterher herrschte ausgelassene Freude im Jahn-Sportpark. Mittendrin Trainer Selimbegovic, der das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht bekam: "Ich freue mich riesig, vor allem für die Fans, die in den letzten Wochen viel gelitten haben. Ich habe in dieser Woche auch betont, dass wir ihnen ein bisschen was schuldig sind", sagte der Coach nach dem Spiel.

Seine Mannschaft hatte zu Beginn Glück, dass ein Freistoß von Pauli-Kapitän Leart Paqarada an den Pfosten klatschte und der Nachschuss von Jackson Irvine durch Jahn-Verteidiger Christian Viet vor der Linie geklärt wurde (4.). Keine drei Minuten später wurde jener Viet dann im Sechzehner der Hamburger bei einer Rettungsaktion von Betim Fazliji am Knöchel getroffen, nach Intervention von Videoassistent Felix Zwayer entschied Referee Nicolas Winter auf Elfmeter. Andreas Albers traf per Flachschuss und beendete die Regensburger Torlosigkeit nach 547 Minuten.

"Wir wollten nicht blauäugig und mit Hurra im Sechzehner pressen", sagt Jahn-Coach Selimbegovic

Dass anschließend die Gäste weitestgehend das Kommando übernahmen, sei so kalkuliert gewesen, betonte der Jahn-Trainer: "Das war mehr oder weniger Absicht, wir wollten nicht blauäugig und mit Hurra im Sechzehner pressen, sondern kompakt stehen." Schließlich wisse man, wie gut sich St. Pauli aus solchen Drucksituationen befreien könne, so Selimbegovic. Vor allem Johannes Eggestein (23.) und Etienne Amenyido (32.) vergaben gute Gelegenheiten zum Ausgleich. Doch dann schlug Regensburg wieder zu, nach einer weiten Halbfeldflanke des auffälligen Viet stieg Albers hoch und köpfelte wuchtig ein (41.) - das 33. Zweitligator des Dänen, der damit zum alleinigen Rekordtorschützen des SSV Jahn avancierte.

In der zweiten Halbzeit taten sich die Gastgeber, die personell derart aus dem letzten Loch pfeifen, dass sogar Plätze auf der Reservebank frei blieben, gar nicht mal so schwer, das Ergebnis über die Zeit zu bringen. "Da haben wir sehr reif gespielt, in den entscheidenden Situationen auch ein bisschen Glück gehabt, aber auch wirklich gut verteidigt", sagte Selimbegovic. Und zog vor der Länderspielpause ein wohlwollendes Fazit: "Es war nicht alles gut, aber vieles richtig. Die Basis hat gestimmt, und das ist in dieser Liga das Wichtigste."

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