Süddeutsche Zeitung

2. Bundesliga:2000 Polizisten für 1500 gewaltbereite Fans

  • Am Ostersamstag findet das Niedersachsenderby zwischen Hannover und Braunschweig statt.
  • Ministerpräsident Weil findet den Termin "alles andere als ideal" um die Sicherheit zu gewährleisten.
  • Für beide Mannschaften geht es noch um den Aufstieg in die Bundesliga.

Von Carsten Scheele

Sogar der Ministerpräsident hat sich eingeschaltet. Hannover 96 trifft am Ostersamstag im Niedersachsen-Duell auf Eintracht Braunschweig, und Stephan Weil, der Mann von der SPD mit Amtssitz in Hannover, findet das ganz schön gewagt.

Die DFL habe sich "leider über sehr ernsthafte Bedenken der niedersächsischen Sicherheitsbehörden hinweggesetzt", sagte Weil missgestimmt der Braunschweiger Zeitung: "Der Ostersamstag ist aus polizeilicher Sicht für die Begleitung eines solchen Risikospiels alles andere als ideal. Mit ihrer Entscheidung hat die DFL auch eine gewisse Verantwortung übernommen."

Eine Verantwortung wofür - dass alles gut geht? Dass im Fußball längst nicht immer alles gut geht, ist in dieser Woche jedem Fußballfan in Erinnerung gerufen worden. Und gerade das Derby zwischen Hannover und Braunschweig verlief in den vergangenen Jahren längst nicht immer friedlich, da sich die Fans in herzlichster Abneigung gegenüber stehen.

Auch diesmal rechnet die Polizei mit 1500 gewaltbereiten Fans aus beiden Lagern. Die Zahl der Beamten wurde auf deutlich mehr als 2000 aufgestockt, sie werden die Ordner am Samstag an den Eingängen unterstützen. Im Stadion gibt es "Pufferblöcke" zwischen den Fangruppen, die leer bleiben. Die Zahl der verkauften Karten wurde deshalb reduziert, nur 4200 gingen diesmal nach Braunschweig.

In den vergangenen Jahren haben es die Chaoten trotzdem geschafft, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Im Hinspiel im November (2:2) schossen Krawallmacher Raketen auf das Spielfeld, die Partie musste mehrere Minuten unterbrochen werden, stand kurz vor dem Abbruch.

Im Gedächtnis ist auch noch die Geschmacklosigkeit von 2013, als Braunschweiger Fans ein in den Hannoveraner Farben bemaltes Schwein in der Stadt aussetzten und umherirren ließen. Mit Farbe war dem Tier die Rückennummer 1 aufgemalt worden, was als Anspielung auf den verstorbenen 96-Torwart Robert Enke gewertet wurde.

Die Rivalität beider Städte geht bis ins Mittelalter zurück, dabei bräuchte es diesmal gar keine Provokation vonseiten der Fans, denn das Duell ist sportlich attraktiv genug. Beide Klubs kämpfen um den Aufstieg in die erste Liga, aktuell liegt Braunschweig auf dem direkten Aufstiegstabellenplatz zwei, Hannover nur auf dem Relegationsrang. Wer das Derby gewinnt, macht einen großen Schritt Richtung erste Liga.

Bei den Hannoveranern ist der Druck allerdings sehr viel größer. Sie müssen aufsteigen, hat Vereinsboss Martin Kind mehrfach durchsickern lassen, Braunschweig kann nach wie vor, muss aber nicht. Hinzu kommt der besondere Ansporn für Hannover, dass es in den vergangenen Jahren im Derby nie zu einem Sieg reichte. Zuletzt gelang ihnen das 1998. "Beides ist wichtig", erklärt der neue 96-Trainer André Breitenreiter: "Ein Sieg für die Fans nach 19 Jahren, aber auch ein Sieg für uns, damit wir unseren Nachbarn wieder überholen." Breitenreiter hat zuvor Schalke 04 trainiert, er weiß also, was Rivalität ist.

Die Braunschweiger mühen sich um demonstrative Gelassenheit. Durch das Last-Minute-Tor gegen Dynamo Dresden hat die Eintracht ihre Ausgangsposition deutlich verbessert. Was den Aufstieg angeht, sagt Trainer Torsten Lieberknecht, "spielen wir bereits eine herausragende Saison. Trotzdem wären wir enttäuscht, wenn sich der Traum nicht erfüllt." Mit kleinem Seitenhieb auf den Rivalen: "Natürlich ist der Druck bei Hannover und Stuttgart insgesamt viel größer."

Bleibt die Hoffnung, dass es zwischen den Fangruppen einigermaßen friedlich bleibt. Das Osterfest auf dem Hannoveraner Schützenplatz, gleich neben dem Stadion, öffnet sicherheitshalber erst, wenn die Braunschweiger die Landeshauptstadt wieder verlassen haben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3464055
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/schm/sry
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.