Zweite Bundesliga:Wuisler und Grantler

Zweite Bundesliga: Restlos bedient: Die Innenverteidiger von Jahn Regensburg, Steven Breitkreuz und Jan Elvedi (liegend), nach der 0:1-Niederlage bei Hannover 96.

Restlos bedient: Die Innenverteidiger von Jahn Regensburg, Steven Breitkreuz und Jan Elvedi (liegend), nach der 0:1-Niederlage bei Hannover 96.

(Foto: Martin Rose/Getty Images)

Regensburg verliert durch ein Eigentor äußerst unglücklich in Hannover, dessen Trainer Stefan Leitl den Sieg eher missmutig zur Kenntnis nimmt.

Von Stefan Galler

Begeben wir uns auf das weite Feld der Sprachforschung, in dem sich die Gelehrten schon seit Jahrhunderten tummeln. Etwa Andreas Zaupfer, dessen "Versuch eines baierischen und oberpfälzischen Idiotikons" bereits im Jahr der Französischen Revolution, 1789, erschien. Hierin vermerkt ist das Wörtchen "wuiseln" als mundartliche Übersetzung für "winseln" (was wiederum die Social-Media-Generation lautmalerisch mit "Mimimi" ausdrückt). Im heimischen Fußballsport, den es zu Zaupfers Zeiten natürlich in seiner heutigen Form noch nicht gab, spricht man gerne mal von einem "Wuisler-Tor", wenn der Ball eher zufällig und nicht durch eine sehenswerte Aktion über die Linie eiert und dadurch womöglich auch noch ein ganzes Spiel entschieden wird.

Dem SSV Jahn Regensburg ist genau dieses Phänomen am Sonntag widerfahren, der von Verteidiger Steven Breitkreuz ins eigene Tor abgefälschte Schuss des Hannoveraner Nachwuchstalents Antonio Foti war der allererste Gegentreffer, den die Oberpfälzer in dieser Zweitligasaison hinnehmen mussten - durch die 0:1-Niederlage rutschte der bisherige Tabellenführer auf den sechsten Rang ab.

Und das, obwohl der Jahn keineswegs die schlechtere Mannschaft war, sondern nach einer komplizierten Anfangsphase, als Hannover Druck entwickelte, über weite Strecken der Partie sogar näher am Sieg zu sein schien als die Niedersachsen. Allerdings fand vor allem Mittelstürmer Prince Osei Owusu immer wieder seinen Meister im bravourös haltenden 96-Torwart Ron-Robert Zieler. Da war es nicht überraschend, dass Trainer Mersad Selimbegovic nach dem Spiel wuiselte. "Das Ergebnis ist sehr bitter, es ist wirklich schwer, diese Niederlage zu akzeptieren", sagte der 40-jährige Coach. "Jetzt haben wir sieben Punkte, die uns nicht viele zugetraut hätten bei unserem Auftaktprogramm. Aber ehrlich gesagt müssen es noch mehr sein. Aktuell haben wir eine Phase, in der die Bälle nicht reingehen."

"Das ist die zweite Liga: nie sicher, dass du für eine gute Leistung auch einen Punkt kriegst", hadert Trainer Selimbegovic

Dass dann nicht einmal, wie zuletzt im Derby gegen Nürnberg, am Ende wenigstens ein 0:0 stand, weil ausgerechnet dem so verlässlichen Breitkreuz dieses Eigentor unterlief, sei noch das i-Tüpfelchen gewesen. "Der Spieler trifft den Ball nicht, den Rest machen wir. Das ist zweite Liga: nie sicher, dass du für eine gute Leistung auch einen Punkt kriegst. Aber kein Vorwurf an Steve", so Selimbegovic. Jahn-Kapitän Benedikt Gimber war ähnlich konsterniert wie der Coach: "Das war wirklich eine unnötige Niederlage", sagte der Mittelfeldspieler. "Wenn wir in Führung gehen, kommt Hannover nicht mehr zurück. Aber leider belohnen wir uns da nicht." Und Torwart Dejan Stovanovic drehte den Scheinwerfer gleich aufs nächste Spiel am Samstag gegen Karlsruhe, "da wollen wir wieder die Null halten".

Nun könnte man meinen, dass des Einen Leid die ganz große Freude auf der Gegenseite ausgelöst hätte. Doch Hannovers Trainer Stefan Leitl, gebürtiger Münchner und zuletzt mit der SpVgg Greuther Fürth für ein Jahr zu Gast in der Fußball-Bundesliga, war nach seinem allerersten Ligasieg mit seinem neuen Klub keineswegs euphorisch. Nach der guten Anfangsphase seiner Elf habe man "wenig Zugriff" gehabt und "falsche Entscheidungen getroffen". Es sei ein sehr schwieriges Spiel gewesen, "in dem wir absolut an unser Limit gehen müssen, um zu bestehen. Das haben wir nicht geschafft, das muss ich auch ganz klar sagen", motzte Leitl und trat mit voller Kraft auf die Euphoriebremse: "Wir freuen uns, dass uns dieser Arbeitssieg gelungen ist - feiern müssen wir ihn nicht." Für alle Hobby-Sprachforscher: Leitl war richtig grantig - übrigens ein Begriff, den man seit dem 16. Jahrhundert in Bayern verwendet.

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