SpVgg Greuther Fürth:„So ein Fehler darf einem Torwart nicht passieren“

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„Den Fehler sollte er nicht noch einmal machen“: Trainer Alexander Zorniger maßregelt seinen Torwart Nahuel Noll noch auf dem Feld. (Foto: Daniel Marr/Zink/Imago)

Weil Fürths Torhüter Nahuel Noll beim 1:1 gegen Paderborn ein schweres Missgeschick unterläuft, übt Trainer Alexander Zorniger ungewöhnlich scharfe Kritik – und verärgert damit sogar Sven Ulreich. Tags darauf entschuldigt er sich.

Von David Kulessa, Fürth

Der Mann in der S-Bahn legte sich fest: „Die steigen auf.“ Sein Gegenüber wendete ein: „HSV, Hertha, Köln“, die Konkurrenz in der zweiten Liga habe es ganz schön in sich. Das wird schwer für den SC Paderborn. Was sich die Fans von Greuther Fürth hingegen nicht vorstellen konnten: Dass ihre Spielvereinigung am Ende der Saison auf einem der ersten drei Tabellenplätze steht. Dabei waren beide Fangruppen in diesem Moment auf dem Weg zum Spitzenspiel der, zugegeben, noch sehr jungen Spielzeit. Greuther Fürth, Tabellenzweiter nach zwei Spieltagen, empfing am Samstagmittag den Tabellenführer aus Paderborn, der als einziger Klub beide Partien zum Auftakt (gegen Berlin und Darmstadt) gewonnen hat.

Auch der Fürther Saisonstart war vielversprechend, aus den ersten zwei Ligaspielen hat das Team von Trainer Alexander Zorniger vier Punkte geholt. Auf einen überzeugenden 3:1-Heimsieg gegen Aufsteiger Preußen Münster folgte ein unterhaltsames 2:2 in Kaiserslautern. Hinzu kam ein 2:0 in der ersten Pokalrunde gegen den Oberligisten Schott Mainz.

Und im Spitzenspiel? Blieben die Kleeblättler ungeschlagen, einerseits. Andererseits wütete Alexander Zorniger nach Spielende über den eigenen Torhüter Nahuel Noll. Grund war ein folgenschwerer Fehler des 21-Jährigen, der den Ball in der 82. Spielminute zu lang am Fuß hielt, sodass der Paderborner Stürmer Adriano Grimaldi den versuchten langen Schlag blocken und zum 1:1 treffen konnte. „Paderborn war zu dem Zeitpunkt tot“, ärgerte sich Zorniger später bei der Pressekonferenz: „So ein Fehler darf einem Torwart, der auch andere Ziele hat, nicht passieren.“

Zorniger bekommt für seine Aussagen viel Kritik – auch von Bayern-Ersatztorwart Ulreich

Einige Minuten vor der Pressekonferenz, direkt nach dem Abpfiff, hatte Zorniger seinen Keeper auf dem Feld gemaßregelt und hielt auch am Mikrofon von Sky seinen Ärger nicht zurück: Er bezeichnete Nolls Missgeschick als „inakzeptable Situation“. Besonders zornig schien den Fürther Trainer zu machen, dass man in den vergangenen Trainingswochen daran gearbeitet habe, eben solche Szenen zu vermeiden. „Ich war schon lange nicht mehr so geladen auf einen einzelnen Spieler“, sagte Zorniger nun. Den Fehler solle der Torwart „nicht noch einmal machen“, erklärte der Trainer weiter: „Sonst kann sein Berater gern bei mir anrufen, warum er nicht spielt.“ Für dieses TV-Interview wurde Zorniger im Internet vielfach kritisiert – unter anderem von Sven Ulreich. Der Ersatzkeeper des FC Bayern kommentierte bei Instagram, dass „solch eine Aussage unfassbar“ sei.

Am Sonntag meldete sich dann auch der Berater von Nauhel Noll zu Wort. „Alles halb so wild“, sagte Gerhard Poschner: „Eine berechtigte Kritik von Alex, mit viel Emotion dabei.“ Unmittelbar nach Abpfiff könne das schon mal passieren. Etwas später entschuldigte sich Alexander Zorniger. In einem Video, das der Verein auf X teilte, sagt er, er habe in der „Wortwahl total daneben gelegen. Das war in der Emotion überhaupt nicht notwendig.“ Auch bei Noll und dem Team habe er sich entschuldigt: „Es tut mir leid.“

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Schon zu Beginn des Spiels hatten die Fürther binnen drei Minuten gleich dreimal Glück, dass der SC Paderborn ihre Fehler nicht bestrafte. Erst versprang Innenverteidiger Gideon Jung der Ball im eigenen Strafraum (15.), dann vernachlässigte Roberto Massimo seine Defensivaufgaben gänzlich (16.), schließlich schaltete Paderborn nach Ballgewinn im Mittelfeld so schnell auf Angriff, dass die Fürther nicht hinterherkamen (17.). Doch die Gäste vergaben jede Chance zur Führung. „Vor dem Tor waren wir mit einem gewissen Unvermögen ausgestattet“, sagte Paderborns Trainer Lukas Kwasniok.

Die aussichtsreichste Fürther Torchance der ersten Hälfte hatte Kapitän Branimir Hrgota in der 23. Minute. Für die größte Aufregung sorgte indes eine Szene sieben Minuten später, als der agile Stürmer Noel Futkeu rund 30 Meter vor dem Tor von Felix Götze an der Schulter gehalten und zu Fall gebracht wurde. Alle im Sportpark Ronhof, die es mit den Gastgebern hielten, forderten sogleich die rote Karte für Götze, denn es gab niemanden mehr, der Futkeu auf dem Weg zum Tor hätte aufhalten können. Doch die Pfeife von Schiedsrichter Robin Braun blieb stumm.

„Diese rote Karte kannst du nur dann nicht geben, wenn du selbst nie Fußball gespielt hast“, sagte Zorniger: „Die Hand geht zweimal zur Schulter.“ Paderborns Verteidiger habe sich einen klaren Vorteil verschafft, „durch ein Mittel, das im Fußball nicht vorgesehen ist“, so der Trainer.

Sieben Minuten vor seinem Fehler hatte Torwart Nahuel Noll den Ausgleich noch verhindert

Futkeu, der zu Fall gebrachte, ist der bislang stärkste Sommertransfer der Fürther. Dem 21-jährigen Zugang von Eintracht Frankfurts zweiter Mannschaft gelingt es aktuell sogar, den nach Mainz umgezogenen Armindo Sieb weitgehend zu ersetzen. An den ersten beiden Spieltagen holte Futkeu je einen Elfmeter raus, gegen den 1. FC Kaiserslautern traf er erstmals selbst. Spieler wie er passen gut zum Weg, den Greuther Fürth unter Geschäftsführer Rachid Azzouzi seit einigen Jahren geht.

Der Verein möchte besonders für Talente interessant sein, keiner der sieben Zugänge dieses Sommers ist älter als 23 Jahre – und kein Kader in der zweiten Liga ist im Durchschnitt jünger als der Fürther. Wie Futkeu standen der aus Hoffenheim geliehene Torwart Noll, 21, und der vom VfB Stuttgart verpflichtete Außenspieler Massimo, 23, gegen Paderborn zum dritten Mal in der Startelf. In Zorniger hat Fürth seit knapp zwei Jahren einen Trainer, der Talente fördert, ihnen viel Spielzeit gewährt. Auch das gehört zum Kontext seiner harten Aussagen gegen Nahuel Noll. Alexander Zorniger fördert und fordert: „Wir sind nicht nur Entwicklungshelfer, sondern Leistungssportler.“ Im Entschuldigungsvideo sagt er, sein Wille sei, „den Spieler weiterzubringen“. In dieser Situation sei ihm das jedoch misslungen.

Für Stabilität in dem jungen Kader sind Kapitän Hrgota, 31, Abwehrchef Jung, 29, und im zentralen Mittelfeld Julian Green, 29, zuständig. Letzterer bereitete am Samstag den Führungstreffer kurz nach Wiederanpfiff vor: Im Anschluss an eine Ecke sprang der Ball etwas glücklich zu Green, dessen flache Hereingabe Luca Itter zum 1:0 nutzte (49.). Teamkollege Damian Michalski, erzählte der Innenverteidiger später, sei vor dem Spiel zu ihm gekommen „und hat zu mir gesagt: Heute machst du ein Tor.“ Da habe er Michalski geantwortet: „Ja okay, wenn du das sagst.“ Es war Itters erster Treffer im 79. Profispiel.

Nach der Führung wurden die Fürther Ballverluste weniger, genau wie die Torchancen für die Gäste. Umso bitterer war der Fehler des Keepers, der sieben Minuten zuvor den Ausgleich mit einer herausragenden Parade noch verhindert hatte. Drei Minuten nach dem 1:1 war Noll erneut geschlagen, doch Innenverteidiger Marco Meyerhöfer lenkte den Ball mit seinem Hintern neben das Tor. Schon vor zwei Wochen in Kaiserslautern hatte Meyerhöfer zweimal in großer Not einen Gegentreffer verhindert. Die schöne Erklärung hierfür lieferte Abwehrkollege Luca Itter: „Er ist ein sehr schlauer Mensch, auch neben dem Platz.“ Nun hoffen sie in Fürth, dass auch Nauhel Noll noch an Schläue gewinnt.

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