2. Bundesliga:Der VfB Stuttgart braucht schon wieder einen Neustart

VfB Stuttgart Saison Opening Deutschland Stuttgart 31 07 2016 Fussball 2 Bundesliga Saison 201

Dass ihre Zusammenarbeit schwer werden würde, war schon früh klar: VfB-Trainer Jos Luhukay (links) und Sportvorstand Jan Schindelmeiser.

(Foto: imago)

Beim Bundesliga-Absteiger tritt Trainer Jos Luhukay wegen seines Konflikts mit Sportvorstand Schindelmeiser entnervt zurück. Nun soll Olaf Janßen das komplizierte Vorhaben fortsetzen, direkt wieder aufzusteigen.

Von Anna Dreher

So als Mensch, sagte Jan Schindelmeiser, sei Jos Luhukay tadellos. Ehrlich, diszipliniert - ein klarer Charakter. Daran habe er überhaupt keine Zweifel. Gespräche zwischen ihm und Luhukay seien von gegenseitigem Respekt, vielleicht sogar Sympathie geprägt gewesen. "Aber man muss immer unterscheiden zwischen Mensch und Trainer", sagte Schindelmeiser auf der Pressekonferenz am Donnerstag, in der es eigentlich um das Samstagsspiel des VfB Stuttgart gegen Kaiserslautern hatte gehen sollen.

Während die Gespräche zwischen Schindelmeiser und dem Menschen Luhukay angeblich durchaus angenehm sein konnten, war die fachliche Beziehung zwischen dem neuen Sportvorstand des VfB Stuttgart und dem Trainer Luhukay nicht von Sympathie geprägt. Schindelmeiser war das längst bewusst, er sagte das jetzt auch ganz offen: "Ich habe schon nach dem ersten Gespräch gemerkt, dass die Zusammenarbeit schwierig werden würde." Doch als Vertreter eines Traditionsvereins, der nach dem Abstieg in die zweite Bundesliga nicht länger dort verweilen will als aus seiner Sicht unbedingt nötig, waren eben vor allem die Belange des VfB Stuttgart wichtig. Immer wieder habe man sich zusammengesetzt.

Zwölf in zehn Jahren: Trainer des VfB Stuttgart seit 2006

Armin Veh 2/2006 - 11/2008

Markus Babbel 11/2008 - 12/2009

Christian Gross 12/2009 - 10/2010

Jens Keller 10/2010 - 12/2010

Bruno Labbadia 12/2010 - 8/2013

Thomas Schneider 8/2013 - 3/2014

Huub Stevens 3/2014 - 6/2014

Armin Veh 7/2014 - 11/2014

Huub Stevens 11/2014 - 6/2015

Alexander Zorniger 7/2015 - 11/2015

Jürgen Kramny 11/2015 - 6/2016

Jos Luhukay 7/2016 - 9/2016

"Aber irgendwann", sagte Schindelmeiser, "ist der Punkt erreicht, wo man merkt: Es geht nicht weiter." Bei Jos Luhukay war dieser Punkt am Donnerstagvormittag erreicht. Um 10.30 Uhr sollte intern die weitere Planung abgestimmt werden. Luhukay aber redete nicht mehr darüber. Er sprach über seinen Rücktritt und die Auflösung seines bis 2019 laufenden Vertrags - nach gerade einmal vier Spieltagen.

Der Trainer beschwerte sich über die Spieler, die Schindelmeister verpflichtete

Luhukay selbst wollte sich öffentlich nicht mehr äußern. Er hatte in letzter Zeit viel bemängelt und kritisiert. Am Donnerstag ließ er lieber seinen Anwalt sprechen: "Mir fällt dieser Schritt nicht leicht, weil ich in den ersten Wochen meiner Tätigkeit für den VfB bei Fans, Mannschaft und Verantwortlichen das Vertrauen gespürt habe", hieß es in der Stellungnahme. Basis seiner Arbeit sei jedoch "eine einheitliche Linie aller sportlich Verantwortlichen bei Zusammenstellung und Führung des sportlichen Bereichs und ein uneingeschränktes Vertrauen der Vereinsverantwortlichen in meine Arbeit". Beim VfB sei eine solche Basis nicht mehr vorhanden.

Das Wegbrechen dieser ihm so wichtigen Basis hatte der 53-jährige Niederländer allerdings selbst stark provoziert. Luhukay, nach dem Abstieg als Nachfolger von Jürgen Kramny geholt, hatte sich öffentlich darüber beschwert, dass Schindelmeiser junge, unerfahrene Spieler verpflichtet habe und sich der Kader aus 15 Nationen zusammensetze - beides erschwere die Integration und den nötigen schnellen Erfolg.

Insbesondere auf die Zugänge Benjamin Pavard, 20, Carlos Mané, 22, und Takuma Asano, 21, hatte Luhukay sehr zurückhaltend reagiert. Der erst knapp zwei Monate nach Luhukay verpflichtete Schindelmeiser, so ließ sich die Kritik deuten, hole für die Mission Wiederaufstieg nicht die richtigen, routinierten Profis.

Drei ehemalige Bundesliga-Profis bilden eine erklärte Interimslösung

Es folgte eine deutliche Schelte vom Verein - für den Trainer: "Im heutigen Profifußball kann es keine Entschuldigung sein, dass Spieler unterschiedliche Sprachen sprechen. In Sindelfingen haben wir 145 Nationen und bauen trotzdem die besten Autos", sagte der stellvertretende VfB-Aufsichtsratschef und Daimler-Vorstand Wilfried Porth. Und: "Ich sehe mit Sorge, dass die Eskalation nach außen getragen wird. Ich sage bewusst: Das gilt besonders für den Trainer." Luhukay solle sich auf das zu konzentrieren, wofür er geholt worden sei: gewinnen, nicht quatschen.

Nach Gladbach, Augsburg und Hertha BSC sollte Luhukay auch Stuttgart in die erste Liga führen. Dass der knurrige Niederländer aber nicht der Retter ist, für den sie ihn anfangs hielten, deutete sich auch in den ersten Spielen an. Auf das 2:1 gegen St. Pauli folgten ein 0:1 in Düsseldorf, ein zähes 2:1 in Sandhausen - und schließlich die Derby-Niederlage gegen Heidenheim (1:2). So hatte sich der erklärte Wiederaufsteiger in spe den Start nicht vorgestellt.

Neben einem Präsidenten suchen sie am Neckar nun also einen neuen Trainer. Mal wieder ein Neuanfang, von dem beim VfB fast schon mantraartig seit Jahren geredet wird - nur gekommen ist er noch nie. Wer auf Luhukay folgt, gab Schindelmeiser noch nicht bekannt. Die erklärte Interimslösung bilden der bisherige zweite Co-Trainer Olaf Janßen und die beiden Ex-Profis Andreas Hinkel und Heiko Gerber. Letztere müssen sich ans ständige Auf und Ab beim VfB immerhin nicht mehr gewöhnen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: