Süddeutsche Zeitung

2. Bundesliga: 1860 München:Fehler über Fehler

Der TSV 1860 München vergibt beim 3:3 gegen den FSV Frankfurt viele Chancen, schenkt dem Gegner stattdessen Tore und verliert so zwei Punkte.

Markus Schäflein

Bloß nicht 0:0, hatte das Motto beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München gelautet, torlose Unentschieden in der Arena hatten die Löwen in dieser Saison schließlich schon gegen Aue und Bielefeld erlebt. Dass das Spiel gegen den FSV Frankfurt 3:3 endete, machte dann aber im Münchner Lager auch keinen glücklich; der Torreichtum war auch weniger dem von Trainer Reiner Maurer angekündigten Offensivdrang zu verdanken als schwerwiegenden Fehlern auf beiden Seiten.

"Das Ergebnis ist äußerst bitter", sagte Maurer, "aber wir müssen jetzt ganz normal weiterarbeiten und uns nicht verrückt machen lassen von außen." Durch das Unentschieden liegen die Löwen nun auf Rang acht, "und wenn man ein paar Punkte zurück ist, ist hier gleich Weltuntergangsstimmung. Aber wir haben schließlich aus den vergangenen zehn Spielen 20 Punkte geholt."

Trotz der Serie von nun zehn Partien ohne Niederlage interessierten sich nur 17100 Zuschauer für die Partie - es war die schlechteste Kulisse einer Saison, in der 1860 ohnehin von für seine Verhältnisse niedrigen Besucherzahlen gebeutelt wird. Überraschend setzte Maurer doch nicht von Beginn an auf Djordje Rakic als zweite Spitze, sondern mit Aleksander Ignjovski und Florin Lovin wieder auf seine beiden Sechser.

Die Partie lief zäh an; dann spielte Lovin einen schlampigen Querpass, Antonio Rukavina kratzte den Ball mit Mühe und Not vor der Auslinie weg, leitete ihn überhastet auf Stefan Bell weiter, der ihn gegen Sascha Mölders verlor. Der Frankfurter Stürmer lief allein auf das Tor zu und traf lässig zum 1:0 für den FSV - nach 24 Minuten, in denen in diesem Spiel noch so gut wie nichts passiert war. "Das Tor haben wir uns selbst eingeschenkt", sagte Maurer, "wieder einmal sind wir nicht so gut ins Spiel gekommen."

Auch für den Ausgleich musste ein schwerer Patzer herhalten; bei einem Flachschuss von Alexander Ludwig im Anschluss an einen Eckball sah FSV-Torwart Patric Klandt schlecht aus (30.). Zu Beginn der zweiten Halbzeit machten die Löwen dann plötzlich Druck: Benjamin Lauth scheiterte erst noch an Klandt, dann hatte Schiedsrichter Christian Fischer in einer nicht regelwidrigen Szene ein Foul an Daniel Bierofka gesehen und bescherte 1860 die Führung - Freistoßflanke Ludwig, Kopfball Bell, 2:1 (51.).

"Das war ein ganz normaler, fairer Zweikampf, wie man Freistoß pfeifen kann, ist für mich nicht nachvollziehbar", klagte FSV-Trainer Hans-Jürgen Boysen. Auf der Gegenseite traf Samil Cinaz nach einem Eckball den Pfosten, im Gegenzug nutzte Lauth einen Abspielfehler von Gledson, lief alleine aufs Tor zu, scheiterte erst an Klandt und traf dann im Nachschuss aus spitzem Winkel (54.).

Nun schien das Spiel entschieden zu sein, "nach einem 1:3 kann man in München in der Regel davon ausgehen, dass man in München als Verlierer vom Platz geht", meinte auch Boysen. Doch umgehend patzte der sonst so sichere 1860-Torwart Gabor Kiraly; einen Schuss von Cinaz ließ er nach vorne abprallen, Mölders traf zum Anschlusstor (58.). Der FSV spielte nun unerwartet risikofreudig auf den Ausgleich, doch 1860 nutzte seine großen Konterchancen nicht.

"Da hatten wir mehrere hundertprozentige Matchbälle und haben sie alle liegen gelassen", sagte Maurer, "das Tor lag Benny Lauth mehrmals auf Kopf und Fuß." Erst schoss Lauth nach Pass von Ludwig lässig am entfernten Pfosten vorbei (62.), dann scheiterte er nach einer Flanke des eingewechselten Moritz Leitner mit einem Kopfball aus nächster Nähe an Klandt (69.).

So kam es, wie es angesichts der an diesem Tag völlig indisponierten 1860-Verteidigung kommen musste. Nach einem per Kopf verlängerten Eckstoß ließ Lovin Cinaz am entfernten Pfosten alleine, 3:3 (72.). "Wir hatten heute nicht die Ruhe und Souveränität in der Abwehr wie sonst", sagte Maurer, was noch absolut untertrieben war.

"Wenn man so viele Chancen liegengelassen hat und es dann Unentschieden steht, werden die Beine natürlich schwer." Nach dem 3:3 brachte der Trainer doch noch Djordje Rakic für Ludwig, doch die geplante Schlussoffensive führte nur zu Chancen auf der Gegenseite: Nach einer Flanke von Momar N'Diaye verpasste Mölders haarscharf sein drittes Tor, dann parierte Kiraly noch einen Schuss von N'Diaye.

Erst in der Nachspielzeit kam 1860 durch zwei Freistöße von Daniel Bierofka dem Sieg noch einmal nahe: Einmal lenkte Klandt den Ball über die Querlatte, dann flog Bierofkas Schuss aus spitzem Winkel knapp am entfernten Pfosten vorbei. "Das Spielglück war uns heute nicht hold", sagte Reiner Maurer; das war auch ein Teil der Wahrheit. Zwei schwere Spiel stehen nun an, bei der SpVgg Greuther Fürth und gegen Hertha BSC Berlin; danach wird zu erahnen sein, ob die Löwen in dieser Saison mit dem Thema Aufstieg noch etwas zu tun haben werden.

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SZ vom 22.11.2010/jüsc
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