Süddeutsche Zeitung

1860-Zugang Yuya Osako:Münchens neue Liebe aus Fernost

Der TSV 1860 München verpflichtet zum Trainingsauftakt den japanischen Nationalspieler Yuya Osako - und die Fans hegen große Hoffnungen. Die Vorfreude im Vereinsumfeld ist groß, nur für Benny Lauth bedeutet der Transfer keine gute Nachricht.

Von Philipp Schneider

Vermutlich nach der eintausendsten aus München entsendeten Liebeserklärung hat es Yuya Osako in Japan endlich von seinem Stuhl gerissen. Wollte er nicht als unhöflich gelten, musste er nun reagieren, also schrieb Osako am vergangenen Freitag auf die Pinnwand seiner Facebook-Seite: "Thank you for all the 1860 Munich fans support!", vielen Dank für die Unterstützung all jener Anhänger des TSV 1860 München, die ihm schon seit Tagen ziemlich eindeutig einen Vereinswechsel nahegelegt hatten.

Denn klar, über den bevorstehenden Wechsel war ja ergiebig in japanischen und deutschen Medien berichtet worden. Weil aber Osako noch keinen Vertrag unterschrieben hatte, ging das Buhlen um den fünfmaligen japanischen Nationalspieler immer weiter. Geschwind sammelten sich rund 1400 Daumen auf seiner Seite, dazu reichlich flehende Kommentare, teils in englischer Sprache ("We need u bro, come to munic please"), teils, eher ambitioniert, in bayerischer Mundart ("Grias di! Werst seng, Minga is blau. Gfrei mi scho auf'd Wiesn, du mit Lederhosen im Hackerzelt") verfasst.

Wohl selten hat sich eine halbe Großstadt so sehr auf einen Fußballer gefreut, deren wenigste Bewohner ihn jemals haben spielen sehen. Am Dienstagmittag kam die Meldung, dass Osako tatsächlich einen Vertrag bis 2017 beim TSV 1860 unterschrieben hat. "Die zweite Liga Deutschlands ist wahnsinnig stark und Sechzig ist ein Traditionsverein, den man auch bei uns in Japan kennt", wird der Mittelstürmer zitiert.

Die Sehnsucht der Münchner ließ sich rational fassen. 19 Tore hat Osako, 23, in 33 Spielen für die Kashima Antlers in Japans J-League erzielt und damit: eines mehr als Sechzigs ganze Mannschaft in dieser Saison.

Und so erklärt sich auch der (natürlich auf Facebook veröffentlichte) in japanischen Schriftzeichen verfasste Neujahrsgruß von 1860-Präsident Gerhard Mayrhofer an den Jordanier Noor Basha, den Cousin von Gesellschafter Hasan Ismaik - der die kolportierte gestaffelte Ablöse in Höhe von 500.000 Euro sicher bald wieder bezuschussen muss.

Osako wird bereits an diesem Dienstagnachmittag beim Trainingsauftakt (15 Uhr) an der Grünwalder Straße mitwirken. Trainer Friedhelm Funkel hält viel von den fußballerischen Qualitäten des Mittelstürmers, er lobt ihn als "sehr laufstarken, aggressiven Angriffsspieler, der technisch sehr gut ist und einen sehr guten Abschluss hat".

Erstmals begutachtet hat Funkel Osako im November bei einem Freundschaftsspiel der Nationalmannschaften Japans und Hollands. Die Partie endete 2:2, Osako erzielte das zweite Tor. Ein paar Tage später ließ er ihn erneut beobachten, bei einem Test gegen Belgien wurde Osako in der 60. Minute eingewechselt, und siehe da: "Er spielte erneut ordentlich."

Wie alle Japaner, die Funkel in seiner Karriere verpflichtet und trainiert hat (Junichi Inamoto, Takashi Inui), ist ihm auch Osako von Spielerberater Thomas Kroth vermittelt worden, der 2003 den ersten Japaner in die Bundesliga gelotst hatte: Naohiro Takahara. Funkel sagt: "Das ist auch eine Mentalitätssache: Der Japaner schlechthin ist wahnsinnig positiv und sehr respektvoll im Umgang mit anderen Menschen. Das ist an Höflichkeit gar nicht mehr zu überbieten, wie die Japaner sind. Bei meinen Japanern bin ich immer richtig gelegen."

Nun soll es bekanntlich auch Japaner geben, bei denen Trainer in Deutschland eher falsch gelegen sind. Der ehemalige Erstligist Fortuna Düsseldorf etwa hat sich im August wieder von seinem bisweilen zwar außergewöhnlich blondierten, doch fußballerisch recht unglücklichen Wintertransfer Genki Omae getrennt.

Aber Düsseldorfs Japaner sind nicht Funkels Japaner, und abgesehen von den guten Eindrücken, die Osako auf dem Platz hinterlassen hat, ist der Trainer auch von den menschlichen Qualitäten seines "absoluten Wunschspielers" überzeugt. Am Rande des Spiels beim FSV Frankfurt im Dezember hatte sich Funkel gemeinsam mit Sportchef Florian Hinterberger länger mit dem eigens angereisten Osako unterhalten.

Osako wiederum sah von der Tribüne aus eine Münchner Mannschaft mit Vorliebe zur Defensivarbeit, in der sich ein Stürmer mit Torinstinkt recht widerstandslos einen Stammplatz erspielen kann. Eine Garantie wird ihm Funkel kaum ausgesprochen haben, doch er hat erkannt: "Wichtig ist für Osako, dass er hier die Chance sieht zu spielen, um sich weiter für die Nationalmannschaft zu empfehlen und zur WM nach Brasilien zu fahren."

Für den ehemaligen Nationalspieler Benjamin Lauth, der auch 2014 wieder nicht zur WM fahren wird, ist der Transfer sicher nicht die beste Nachricht. Zumal kaum davon auszugehen ist, dass Funkel von seinem System mit einem Stürmer abweichen wird, obwohl er nun verschiedene Modelle zu testen gedenkt. Vieles wird auch davon abhängen, ob Sechzig noch den gewünschten Spielmacher verpflichten wird. Hierfür, sagt Funkel, sei noch ausreichend Zeit.

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Quelle:
SZ vom 07.01.2014/jbe
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