Süddeutsche Zeitung

1860-Stürmer Sascha Mölders:"Och nee, im Sommer ist Schluss"

  • 1860-Stürmer Sascha Mölders entscheidet das Derby gegen Unterhaching mit einem Treffer in der Nachspielzeit.
  • Die Fans bewerfen ihn vor Freude mit Bierbechern, die Teamkollegen wollen ihn zum Bleiben überreden.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Normalerweise wird ein Spieler bei einem Derby von den Fans mit Bierbechern beworfen, wenn er ein Spieler des Gegners ist. Wenn es allerdings passiert, dass ein Stürmer in der Nachspielzeit mit dem Fuß gerade noch eine Flanke herunterpflückt, inmitten zweier Gegenspieler, wenn er diese Gegenspieler ins Leere laufen lässt und dann alleine vor dem Tor steht, wenn er auf diesem Wege das Siegtor zum 3:2 erzielt, wenn er dann wie ein Berserker auf den Fanblock zuläuft: Dann bewirft man, besoffen vor Glück, eben auch mal den eigenen Spieler mit Bierbechern. Es flogen viele.

So einen lauten Jubel hat man im sonst grundsätzlich nie ausverkauften Unterhachinger Sportpark schon lange nicht mehr gehört. Egal, was bei 1860 München im Laufe der verbleibenden Saison noch passieren mag: Die Szene zum 3:2 im Derby wird zu den positiven Höhepunkten eines jeden Jahresrückblicks zählen.

"Ich glaube, wir müssen nochmal mit ihm reden", sagte Marius Willsch nach dem Spiel. Der Sechziger, der zwei Jahre mal für Unterhaching spielte, hatte die Flanke zum 3:2 geschlagen, und der Außenverteidiger bewarf Sascha Mölders anschließend mit Lobhudeleien: "Das ist unser Mann da vorne drin, der für die Mannschaft ackert", und ergo unglaublich wertvoll sei. Mölders hatte bekanntlich aber seinen Abschied zum Saisonende bekanntgegeben. "Och nee", antwortete Mölders leicht genervt, darauf angesprochen, "im Sommer ist Schluss, wir müssen das jetzt nicht jede Woche neu diskutieren."

"Das ist jetzt in den Köpfen drin, dass wir mental auch super drauf sind"

Das Siegtor mag einer sehenswerten Einzelaktion geschuldet gewesen sein, allerdings war der Sieg der Sechziger, wie zuletzt fast immer gegen Unterhaching, auch diesmal hochverdient. Und wie auch schon im anderen Derby eine Woche zuvor, gegen den FC Bayern München II, schienen die Löwen mit zunehmender Spieldauer immer mehr Selbstvertrauen zu entwickeln, sodass sie in der zweiten Hälfte klar überlegen waren. "Das ist jetzt in den Köpfen drin, dass wir mental auch super drauf sind", analysierte Willsch.

Dabei musste die Mannschaft auch im zweiten Spiel unter Trainer Michael Köllner einem Rückstand hinterherlaufen. Denn der frühere Hachinger Willsch hatte sich einmal düpieren lassen, und zwar vom früheren Sechziger Moritz Heinrich. Der flankte von der linken Seite ansatzlos mit dem Außenrist in den Strafraum, der frühere Sechziger Stephan Hain grätschte noch erfolglos nach dem Ball, dafür stand dann aber Dominik Stroh-Engel völlig frei und schob unbedrängt ein (18.). Geschockt wirkten die Sechziger allerdings zu keiner Zeit, außerdem verwerteten auch sie ihre erste gute Tormöglichkeit: Der zentral freigespielte Stefan Lex zwang Hachings Torwart Nico Mantl zu einer Parade, Mölders stand richtig und staubte mit einem Schuss unter die Latte ab.

Es ging sogar der Streit um die Spendenaktion unter

Im Anschluss entwickelte sich die eine oder andere hitzige Derby-Situation, die Zweikämpfe wurden intensiver. Doch allmählich kristallisierte sich auch das heraus, was Köllner später als "fußballerischen Schritt nach vorne" bezeichnete: Die Bälle wurden nicht mehr obligatorisch nur lang auf Mölders geschlagen, es waren durchaus auch Kombinationen und durchdachte Gegenstöße zu sehen. Vor allem aber ließen die Sechziger kaum Torchancen zu. Haching wirkte, wie auch schon im Toto-Pokal im Oktober und vor einem Jahr beim Heimspiel-Derby, eingeschüchtert - gewonnen hat die SpVgg gegen Sechzig auch schon nicht, als der Löwentrainer noch Daniel Bierofka hieß. "Viererkette, Fünferkette, scheißegal", sagte Willsch - wenn man sich so reinhänge wie diesmal, dann sei das der Garant. Zumindest ließen sie sich auch nicht vom zweiten eher überraschenden Gegentor aus der Fassung bringen, Heinrich traf mit einem strammen Schuss zum Ausgleich (80). Das Tor brachte aber keine Wende, Sechzig spielte deutlich mehr auf Sieg, was sich auszahlte.

In all dem Jubel der schätzungsweise 8000 Sechzig-Fans ging sogar für ein paar Stunden der alltägliche Streit im Hintergrund unter. Nachdem der Verein seine Fans zu einer Spendenaktion aufgerufen hatte, um auf diesem Weg ein Trainingslager zu finanzieren, meldete sich am Samstag Investor Hasan Ismaik zu Wort. Er habe in arabischen Medien davon gelesen, dass ein Verein seine Anhänger anbettele - und habe sich dann "die Augen gerieben", weil es sich um 1860 München handelte. Deshalb habe er sich dazu entschlossen, "in vollem Umfang" das einwöchige Winter-Trainingslager zu finanzieren, das etwa 40 000 Euro koste. Er hoffe, "dass sich unser neuer Trainer Michael Köllner genauso darüber freut wie Mannschaft und Geschäftsführung".

Jene Geschäftsführung hatte er mit dem Abtun der Aktion als Bettelei selbstredend genauso brüskiert wie die geldsammelnde Gruppierung "Unternehmer für Sechzig". Den Spielern wird es egal sein, wer ihre Unterkunft bezahlt. Zumindest wird es immer wahrscheinlicher, dass sie das Trainingslager nicht als Abstiegskandidaten beziehen werden.

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SZ vom 02.12.2019/sonn
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