1860 München:Warten auf Ismaiks Unterschrift

  • Beim TSV 1860 München geht es in Sachen Rettung voran - doch es fehlt noch die Bereitstellung eines Darlehens.
  • Investor Mey kann den Verein auffangen, wenn Hasan Ismaik es zulässt.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Vor der Volks- und Raiffeisenbank in Buchbach bildete sich am Dienstagmorgen eine lange Schlange. Um 8.30 Uhr begann der Kartenverkauf für das Regionalligaspiel des TSV 1860 München beim TSV Buchbach, um 9 Uhr meldete der Verein, dass die 2500 Tickets verkauft waren. Damit gab es nach dem Eröffnungsspiel in Memmingen nun auch für das zweite Auswärtsspiel keine Karten mehr; der Andrang auf die Viertliga-Löwen ist enorm.

Sportlich läuft auch alles ganz gut derzeit: Nachdem der TSV Jürgen Jung als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und Chefscout vom FC Bayern zurückgeholt hat und der bisherige Buchbacher Torhüter Alexander Strobl kurz vor der Unterschrift steht, sucht Trainer Daniel Bierofka nur noch einen Stürmer, um die Kaderplanungen vorerst für abgeschlossen zu erklären.

Gar nichts abgeschlossen ist hingegen, was einen Fortbestand der KGaA angeht. Investor Hasan Ismaik hat zwar mündlich eine Absichtserklärung abgegeben, bei einem im Sommer 2018 fällig werdenden Darlehen die Rückzahlungsfrist hinauszuschieben, aber die Unterschrift noch nicht geleistet. "Ich werde unterschreiben, nachdem wir das komplette Budget finalisiert haben", erklärte Ismaik am Mittwoch der SZ. Und genau an dieser Stelle könnte noch der Knackpunkt liegen.

Der Hauptsponsor steht bereit, muss aber noch abwarten

Denn um jenes Budget zu finalisieren, fehlt noch ein Betrag von über zwei Millionen Euro, um eine positive Fortführung zu prognostizieren. Diesen könnte nach wie vor der Hauptsponsor "Die Bayerische" beisteuern. Allerdings wartet jener selbstredend umgekehrt darauf, dass Ismaik seine Unterschrift zuerst leistet - im Falle einer Insolvenz wäre das Darlehen sonst wohl verloren, die Vorstände des Versicherers würden sich möglicherweise gar haftbar und strafbar machen. Zudem wurde "Die Bayerische" von Ismaik wüst beschimpft, weil sie im Gegenzug für ihr Darlehen zwei Sitze im Aufsichtsrat der KGaA - nicht, wie kolportiert, im Verwaltungsrat des e.V. - forderte.

Auch der Vertrag über das normale Trikotsponsoring der Bayerischen ist noch nicht unterschrieben - hier gilt ebenfalls, wie auch bei kleineren Sponsoren oder Lieferanten, dass ohne positive Fortführungsprognose keine Verträge mit der 1860-KGaA zustande kommen werden. Am Samstag bei einem Testspiel in Bodenmais hätte das neue Leibchen offiziell vorgestellt werden sollen; was dort nun passiert, ist offen. Möglicherweise wird der bereits aufgedruckte Schriftzug überklebt.

Und dann ist da ja der Münchner Milliardär Gerhard Mey, der Sechzigs Finanzprobleme auf einen Schlag lösen könnte, wenn man ihn ließe. Kontakt hat Mey bislang lediglich zu Geschäftsführer Markus Fauser gehabt, und - über Mittelsmänner - zu Ismaik. Allein die Aussicht auf den Einstieg eines seriösen Mit-Gesellschafters, der die KGaA zum ersten Mal seit dem Abstieg in die zweite Liga 2004 auf solide finanzielle Beine stellen könnte, gefällt offenbar auch dem e.V.-Präsidium.

Nach allem, was er gehört habe, sei "Herr Mey ein solventer, zuverlässiger Geschäftsmann, den wir gerne als Partner an unserer Seite sehen würden", sagte 1860-Präsident Robert Reisinger der SZ. Mey, 50-Prozent-Eigner des Automobilzulieferers Webasto, weilt seit Montag geschäftlich in der Ukraine. Unklar ist noch, ob und wann er mit Ismaik zusammentreffen könnte. Ismaik wird am Freitag nicht nach München kommen, da er Zeit bei seiner Familie in Amman verbringen möchte, wie er der SZ sagte.

Von Mey wird Zwei-Millionen-Darlehen nicht kommen

Drei Szenarien, wie der 61-jährige Unternehmer ohne ein vorheriges Insolvenzverfahren bei Sechzig einsteigen könnte, sind denkbar: Ismaik könnte Anteile an Mey verkaufen, wozu ihn selbstredend niemand zwingen kann - das wäre der unkomplizierteste Weg. Möglich wäre auch eine Kapitalerhöhung in der KGaA, also die Ausgabe neuer Anteile an Sechzigs Fußballfirma, der wiederum Ismaik und die Mitgliederversammlung zuvor zustimmen müssten. Dieser Schritt würde Mey - je nach konkretem Ablauf - zum Minderheits- oder Mehrheitsgesellschafter machen.

Allerdings wäre dieser Weg aus Sicht des Münchner Unternehmers - Stand jetzt - wohl mit zu viel Risiken verbunden. In jedem Fall, das ist Grundvoraussetzung für einen Einstieg von Mey, will er sicherstellen können, dass die Leute, die in der vergangenen Saison für die vielen nicht nur aus unternehmerischer Sicht vollkommen irren Fehlentscheidungen in der KGaA verantwortlich waren, nicht weiter die Geschicke des Klubs bestimmen dürfen.

Dafür benötigt er rein logisch die Mehrheit der Anteile. Einer der Hauptverantwortlichen der Vergangenheit ist gerade wieder emsig und führt die Verhandlungen mit Fauser: Anthony Power, der Lieblingsmaschinenbauingenieur von Ismaik, der sich ja zum ersten Mal in seiner schillernden Karriere als Geschäftsführer eines Fußballklubs austoben durfte. Die Folgen sind bekannt.

In jedem Fall könnte Mey erst in einer zweiten Stufe der Rettung mitwirken. Dass er das Zwei-Millionen-Euro-Loch mit einem Darlehen stopft, gilt als unwahrscheinlich. Mey betonte gegenüber der SZ, dass seine Wirtschaftsprüfer von dem Schritt abgeraten hätten, solang der völlig überschuldete Fußballklub keinerlei finanzielle Sicherheiten bieten kann.

Diese Sicherheiten hätte Mey zwar nicht einmal nach einem vollumfänglichen Einstieg als Gesellschafter bei 1860. Aber auf das dann folgende Abenteuer, den Klub mit neuen, professionellen Strukturen in der KGaA zurück in die Bundesliga zu führen, so klingt es durch im Gespräch, hätte Mey so große Lust, dass ihm diese Risiken dann fast egal wären.

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