1860 München:Spürbar anders

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Im Nachschuss: Yannick Deichmann (Nummer 20) erzielt das Tor zum 2:0 gegen den Halleschen FC. (Foto: Mladen Lackovic/Imago)

Fünf Spiele, 15 Punkte: 1860 München stellt einen Startrekord für die dritte Liga auf. Beim 3:1 gegen den Halleschen FC droht das Spiel zweimal zu kippen, doch genau in diesen wackligen Momenten zeigt der TSV, wie gefestigt er derzeit ist.

Von Gerhard Fischer

Die U-Bahn-Station Silberhornstraße und das Grünwalder Stadion sind eng verbunden. An Spieltagen strömen die Fans des TSV 1860 aus den Tiefen der Haltestelle an die Oberfläche, häufig sieht man den auffälligen Allesfahrer Fritz Fehling (lange Haare, sehr langer Bart). Am frühen Freitagabend fuhr ein Paar die Rolltreppe nach oben, die Frau hatte eine Vier auf dem Löwen-Trikot, der Mann eine Fünf, was natürlich zu Assoziationen verführte: Würde 1860 nach dem Spiel gegen den Halleschen FC weiter vier Siege auf dem Konto haben, oder schon fünf, womit der Drittliga-Startrekord von Kickers Offenbach von 2010 eingestellt wäre? Es waren fünf, denn das Spiel endete 3:1.

Der TSV 1860 bestreitet gerade seine fünfte Saison in der dritten Liga. Spieglein, Spieglein an der Wand, ist Sechzig der dienstälteste Drittligist in diesem Land? Nein, der Hallesche FC ist noch tausendmal dienstälter als der TSV (frei nach Schneewittchen): Halle ist seit elf Jahren dabei, und anders als 1860 ist der HFC froh, Teil dieser Gemeinschaft zu sein. In dieser Saison ist er mehr denn je abstiegsgefährdet. Die Torjäger Michael Eberwein und Elias Huth verließen den Verein, zudem fehlen gerade die gesperrten Stützen Jonas Nietfeld und Niklas Kreuzer. Es ist nicht verwunderlich, dass Halle schwach gestartet war.

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Löwen-Trainer Michael Köllner nahm gegenüber dem Spiel in Verl zwei Änderungen in der Startelf vor: Meris Skenderovic und Fabian Greilinger begannen anstelle von Fynn Lakenmacher und Albion Vrenezi. Die Löwen gingen sofort in die Offensive, der Ball lief gefällig von weiß-blauem Mann zu weiß-blauem Mann, und rasch hatten sie die erste Chance, als Skenderovic eine Flanke von Christopher Lannert knapp neben den Pfosten setzte (11.). Gegenüber setzte Sebastian Müller einen Kopfball neben Marco Hillers Gehäuse (13.).

Tunay Deniz und Schiedsrichter Steven Greif ändern den Lauf der Dinge

Ein einzelner Kopfball? Wie langweilig. Sechzig antwortete nach einer Ecke mit drei Kopfbällen am Stück: Morgalla auf Deichmann, Deichmann auf Stefan Lex, dessen abschließender, aufs Tor gerichteter Versuch freilich drüber ging (19.). Es war ein munteres Spiel, auch die schwarz gekleideten Gästefans schenkten den Löwen-Anhängern nichts in puncto Sangesfreude.

Nach 28 Minuten veränderten Tunay Deniz und Schiedsrichter Steven Greif den Lauf der Dinge. Deniz foulte Lex in der Hälfte der Löwen, und Greif schickte ihn mit der zweiten gelben Karte vom Feld. Sieben Minuten später fiel das 1:0, und es war ein tolles Tor. Lex legte zurück auf Martin Kobylanski, und dieser zirkelte die Kugel aus 17 Meter unter die Latte (35.). Der Startsieg-Zähler sprang in diesem Moment auf die "Fünf".

In der Pause begann es zu schütten, doch die Löwen störte das nicht, Sie kamen früher aufs Feld zurück als die Gäste aus Halle. Und sie kamen mit Lakenmacher, Joseph Boyamba und Marius Willsch anstelle der gelb-belasteten Lannert, Skenderovic und Kobylanski. Es war eine weise Entscheidung von Köllner, denn Schiri Greif griff schnell zur Karte, und Gelb-Rot für einen aus dem verwarnten Trio hätte die schöne Überzahl zunichte gemacht.

Vor dem 2:0 leisten sich die Hausherren ein paar Nachlässigkeiten, die andere Gegner härter bestrafen dürften

Es sah gut aus für die Löwen, doch langsam schlichen sich Schlampereien in ihre Aktionen. Hier ein Fehlpass zu viel im Angriff, dort eine unpassende Lässigkeit in der Abwehr. Und dann, ja dann half es auch nichts mehr, dass Köllner seine verwarnten Spieler prophylaktisch vom Feld geholt hatte - Tim Rieder sah nämlich glatt Rot wegen eines groben Tritts gegen Timur Gayret (56.). Aber die Löwen sind in dieser Saison ja andere Löwen als in den vergangenen 20 oder 120 Jahren. Sie kassierten nicht das 1:1, sondern sie schossen das 2:0. Boyamba spielte Deichmann herrlich frei, und der umkurvte den Tormann und schoss erst Reddemann auf der Linie an, ehe er im Nachschuss traf (60.).

Das Spiel wurde ruppiger, und es drängte sich die Frage auf, ob eher die Zahl der Tore zunehmen oder die Zahl der Spieler weiter abnehmen würde. Es waren die Tore: Andor Jozsef Bolyki verkürzte per Kopf auf 2:1 (74.). Würde es noch einmal eng werden? Nein, Sechzig ist ja anders geworden. Boyamba verwandelte einen Elfer, den er selbst nach einem wunderbaren Sprint über das halbe Feld heraus geholt hatte (79.). Das war es dann mit den Toren und den Platzverweisen, und Sechzig durfte sich über den Zuwachs von drei Punkten freuen. Schon wieder.

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