Ismaik und Ponomarev:Treffen sich zwei Investoren in der dritten Liga

Ismaik und Ponomarev: Hasan Ismaik und Michail Ponomarev

Hasan Ismaik und Michail Ponomarev

(Foto: dpa(2))

Hasan Ismaik hat beim abgestürzten 1860 München kaum noch Einfluss, Michail Ponomarev führt Uerdingen als Alleinherrscher nach oben. Ein Vergleich der Investoren.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Wenn der TSV 1860 München an diesem Samstag (14 Uhr) beim KFC Uerdingen spielt, treffen sich die zwei großen Investoren der dritten Fußball-Liga: Der Russe Michail Ponomarev stieg 2016 in Uerdingen ein und führte den Klub aus der fünften Liga in die dritte. Der Jordanier Hasan Ismaik stieg 2011 bei den Löwen ein, seitdem gelangten sie aus der zweiten Liga über die vierte in die dritte. Die beiden Investoren haben einige Gemeinsamkeiten - und einige sehr gravierende Unterschiede.

Welche Ziele hat der Investor?

Als Hasan Ismaik am 7. Juni 2011 in der "Event Box 3" der Allianz Arena in Fröttmaning seine erste Pressekonferenz als Fußball-Investor gab, da war der TSV 1860 München noch ein ambitionierter Zweitligist. Ismaik schwärmte nicht nur vom Klub, sondern gleich vom ganzen Land. Für ihn sei Deutschland ein "großartiges Land", sagte Ismaik: "Die Infrastruktur, die medizinische Versorgung, die Landschaft haben mir schon 2001 imponiert, als ich zum ersten Mal hier war." Bald werde man davon hören, "dass ich woanders in Deutschland eingestiegen bin". Weil er damals noch dachte, er käme ohnehin gerne nach München, plante er mit einem langfristigen Investment bei 1860: "Das kann unendlich sein, es ist nicht mit einer Laufzeit verknüpft." Auch ein wenig zoologisches Fachwissen ließ er aufblitzen. "Löwen schlafen bekanntlich sehr lange", sprach er, "aber wenn sie wach sind, sind sie unbesiegbar." Außerdem versprach Ismaik, dass er schnellstmöglich Deutsch lernen und eine schöne Unterkunft in München suchen wolle. "Wenn man mich fragt, von was ich träume, dann sage ich: Ich möchte, dass 1860 in zehn Jahren auf einer Stufe mit dem FC Barcelona oder dem FC Bayern steht." Der Witz ist nun dieser: Rein rechnerisch kann sich Ismaik den Traum noch erfüllen. 1860 müsste nur diese Saison aufsteigen. Nächste Saison wieder aufsteigen. Und dann halt noch Vierter werden in der Bundesliga, um sich für die Champions League zu qualifizieren.

Als Michail Ponomarev im November 2013 seine erste Pressekonferenz als Investor beim Eishockeyklub Düsseldorfer EG gab, sagte er ebenfalls etwas, das alle ziemlich komisch fanden. "Ich möchte mit der DEG in die Champions League." Jahrelang wurde er mit diesem Plan zitiert, der damals weder verwegen noch visionär klang, sondern komplett unrealistisch. Sein Konzept erklärte er mit harter Arbeit und der folgenden Formel: Image entwickeln, Sponsoren gewinnen, Zuschauer locken, gute Spieler halten und noch bessere holen. Im Gegensatz zu Ismaik gab ihm der Erfolg allerdings Recht. Er führte die DEG vom Tabellenkeller zurück in die Playoffs. Und tatsächlich in die Champions League. Mit dem KFC Uerdingen strebt Ponomarev in die Bundesliga. Und es läuft schon wieder. Nach seinem Einstieg 2016 als Sponsor und Präsident stieg der Klub in zwei Jahren von der fünften in die dritte Liga auf.

Woher hat der Investor sein Geld?

Hasan Ismaik hat das Geld nicht erwirtschaftet. Es kam quasi von alleine zu ihm. So ähnlich hat es zumindest Hamada Iraki einst berichtet, der damalige Investment-Banker und enge Vertraute von Sechzigs einstigem Stadionpartner FC Bayern, der Ismaik überhaupt erst auf die Spur des finanziell maroden Klubs in München brachte, von dem ja gleich eine ganze Reihe von Gläubigern große Zahlungen erwarteten - nicht nur der FC Bayern. "Er hat studiert, dann war er Händler", berichtete Iraki. Sollte wohl heißen: Hokuspokus Fidibus, drei Mal schwarzer Kater, Schlangenei und Krötendreck - und schon war Ismaik reich! Das musste genügen als Auskunft über den beruflichen Hintergrund des ersten arabischen Investors im deutschen Profi-Fußball. Bis heute greifen sich Menschen im engsten Vereinsumfeld an den Kopf angesichts der Tatsache, dass die Herkunft von Ismaiks Geldern vor seinem Einstieg offenbar von niemandem hinterfragt wurde. Die ausführlichste bis heute überlieferte Selbstauskunft Ismaiks klingt so: "Ich habe bei Null angefangen und bereits, als ich noch jung war, mit Öl und Immobilien gehandelt. Nicht nur im Nahen Osten, sondern weltweit. Ich habe stark vom Immobilienboom 2007 profitiert. Die arabischen Länder wachsen sehr schnell. Wenn man da aufs richtige Pferd setzt, kann man viel Geld machen."

Auch in Uerdingen ist diese Frage nicht so leicht zu beantworten. "Eigentlich weiß keiner so genau, woher sein Geld kommt, eingeschlossen der Klub selbst", schrieb die Rheinische Post 2016. Fest steht: Ponomarev war in leitender Position bei einem der größten russischen Mineralölunternehmen, als er 2001 die "Energy Consulting Group" gründete. Mittlerweile ist er Vorstandsvorsitzender einer Firmengruppe, die den Hauptsitz in Moskau und die Europazentrale in Düsseldorf unterhält. Geschäftszweig: "Personalverwaltung, Projektplanung und Investitionen in der Energiebranche."

1860-Mitglieder summen ein Lied gegen Ismaik

Wie mächtig ist der Investor?

In Uerdingen ist Ponomarev nicht nur Investor und Mehrheitsgesellschafter, sondern auch Präsident des e.V., was ihm angesichts der 50+1-Regel erst die Macht sichert. Und für die Ausgliederung des Profifußballs in die GmbH stimmten im September 2017 von 134 anwesenden Mitgliedern 131 (bei einer Enthaltung und zwei Gegenstimmen). "Ich verspreche ihnen ehrliche Arbeit, die wir abliefern werden. Vielen Dank für ihr Vertrauen", sagte Präsident Ponomarev.

Das e.V.-Präsidium in München hat hingegen mit Vertrauen in den Investor weniger am Hut und ist entschlossen, keinerlei Darlehen oder Genussscheinangebote von Ismaik mehr anzunehmen. Und die große Mehrheit der meist weit über 1000 Anwesenden auf den vergangenen Mitgliederversammlungen unterstützte diesen Kurs, auch durch subtiles Summen des Lieds "Scheiß auf den Scheich".

Wann zahlt der Investor?

Bei Ponomarev ist es laut Rheinischer Post "längst kein großes Geheimnis mehr, dass sein Geld regelmäßig erst mit bis zu halbjähriger Verspätung fließt". Als er als Sponsor bei Fortuna Düsseldorf tätig war, sei es sogar an der Tagesordnung gewesen, ihn abzumahnen, bis er zahlte. Bezahlt habe er aber immer.

Ismaik zahlt bei Sechzig bekanntlich auch gerne mit Aufschub, zuletzt kamen 1,5 Millionen Euro gegen Genussscheine weitaus später in Giesing an als erhofft. Dazu verknüpfte Ismaik die eine oder andere Zahlung gerne mal mit der einen oder anderen Forderung - das hat Ponomarev angesichts seiner Machtfülle nicht nötig.

Wo trifft man den Investor?

Das Büro von Ponomarevs Firma "Energy Consulting" liegt neben dem Traditionslokal "Hirschchen" in Pempelfort. Dort gibt es den leckeren "Rheinischen Sauerbraten" mit Rosinen, Rotkohl und Spätzle oder Kartoffelkloß für 18,90 Euro. Wenn er Journalisten empfängt, dann bevorzugte er oft den Breidenbacher Hof. In dem Hotel an der Kö in Düsseldorf gibt es die beliebte Grand Suite für 1907 Euro pro Nacht. Dort sitzt Ponomarev dann mit Reportern zusammen, die sich anschließend darüber beschweren, dass sie genauso schlau sind wie vor dem Gespräch. Und Rheinischen Sauerbraten gab es auch nicht für sie.

Hasan Ismaik, der sich ja doch nie eine Wohnung in Deutschland gekauft hat, hat ebenfalls Lieblingshotels in München. Im Mandarin Oriental konnte man ihn oft in einer flauschigen Sofalandschaft antreffen, die bis spät in die Nacht von einem Barpianisten beschallt wird. Auf der Dachterrasse des Charles Hotels veranstaltet er Geheimtreffen mit Trainer Bierofka und Sportchef Gorenzel, die deshalb geheim sind, weil er den Vereinsvertretern vorher nicht Bescheid sagt, dass er überhaupt in der Stadt ist. Selbstredend sind die Treffen aber nicht geheim genug, als dass am nächsten Tag kein Gruppenfoto von Ismaik, Bierofka und Gorenzel in der Boulevardpresse abgedruckt würde.

Mit Ismaiks Wunschtrainer stieg 1860 ab

Wie viel wiegt der Investor?

Mal mehr, mal weniger. Über Gewicht redet man nicht. Gewicht hat man.

Was liebt der Investor?

Sowohl Ponomarev als auch Ismaik lieben die Premier League. Der Unterschied: Ponomarev stieg 2012 mit " Energy Consult" beim AFC Bournemouth als Trikotsponsor ein, dann übernahm er zusammen mit zwei Landsmännern die Direktoren-Posten. 2017 feierte der Klub den erstmaligen Aufstieg in die Premier League, ehe sich Ponomarev zurückzog. Ismaik kündigte Ende 2015 nur mal an, einen Klub in England kaufen zu wollen, tat es dann aber nicht.

Wo will der Investor spielen?

Ein schlauer Investor lässt Fremde in den eigenen Betrieb investieren. Oder zumindest in dessen Spielstätte. Ponomarev hat jedenfalls sicher nichts dagegen, dass der Krefelder Stadtrat im November beschlossen hat, rund zehn Millionen Euro in die Renovierung des Grotenburg-Stadions an der Tiergartenstraße in Krefeld-Bockum zu investieren. In jenes Denkmal also, in dem am 19. März 1986 beim sogenannten "Wunder von der Grotenburg" Bayer Uerdingen das Halbfinale des Europapokals erreichte. Nach einer 0:2-Hinspiel-Niederlage und einem Halbzeitrückstand im Rückspiel von 1:3 schoss Uerdingen sechs Tore in 45 Minuten und besiegte Dynamo Dresden mit 7:3. Derzeit sprießt in den Kurven der Grotenburg das Unkraut, Moos und Grünspan breiten sich aus. Der KFC trägt deshalb seine Heimspiele in der Duisburger Arena aus. Sollte der Klub aufsteigen in die zweite Liga, muss noch mehr investiert werden in das Stadion. Ponomarev wird sich dann wohl oder übel ebenfalls beteiligen müssen.

Hasan Ismaik war auch schon ziemlich weit beim Stadionbau. Zumindest in seiner Fantasie. Gegenüber den Messehallen in Riem wolle er ein neues Löwenstadion bauen mit "mindestens 52 000" Plätzen, das versprach er vor drei Jahren. Mit Oberbürgermeister Dieter Reiter habe er sich darauf geeinigt, dass der TSV übergangsweise "für zwei bis drei Jahre" im Grünwalder Stadion spielen solle. Der Neubau sei nicht abhängig von der Spielklasse, solle ein "architektonisches Highlight" werden, den "Namen von 1860 tragen" und "blaue Sitzschalen" haben. Und, ach ja: "Ich besitze eine Löwenfarm in Kenia", fuhr Ismaik fort. Er habe OB Reiter vorgeschlagen, neben dem neuen Stadion einen Löwenpark zu errichten. "Es werden alle Löwenrassen der Welt dort zu sehen sein", so Ismaik. "Und jedes Tier wird den Namen eines Spielers tragen, der bedeutend war für 1860." Der Oberbürgermeister habe seine Idee "sehr schön" gefunden. Die Finanzierung des überaus ambitionierten Projekts "steht fest, steht fest, steht fest". Von diesem Projekt übrig geblieben sind immerhin die zwei bis drei Jahre im Grünwalder Stadion. Selbstredend übergangsweise.

Wen lässt der Investor trainieren?

Als Ponomarev kürzlich Trainer Stefan Krämer entlassen hatte, kamen Gerüchte um Stefan Effenberg auf. Schließlich saß Effenberg bei Krämers letztem Spiel, dem 0:3 gegen Würzburg, auf der Tribüne neben Ponomarev. "Nur weil Stefan Effenberg auf der Tribüne saß, ist er noch kein Kandidat", erklärte dann allerdings Ponomarev. "Das wäre respektlos gegenüber Stefan Krämer gewesen." Auch Felix Magath wurde gehandelt. Die Bild-Zeitung schrieb: "Fakt ist: Ponomarev sucht die ganz große Lösung." Am Ende wurde es dann Norbert Meier, keine ganz so große Lösung, aber für Drittliga-Verhältnisse doch ein sehr prominentes Gesicht.

Beim TSV 1860 saß im Jahre 2012 der vormalige englische Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson auf der Tribüne, das fand Ismaik nicht respektlos gegenüber dem damaligen Sechzig-Trainer Alexander Schmidt. Die e.V.-Vertreter hatten allerdings kein Interesse, den "geilen Sven" nach Giesing zu holen; und das lag nicht einmal an dessen Spitznamen. Nach langem Hin und Her sagte Eriksson schließlich ab. Ismaik erklärte, er habe den Verein mit einem "Geschenk" überraschen und erfreuen wollen. Das wollte offenbar niemand auspacken, weil alle wussten, was drin ist. In seiner Biografie Sven - My Story schrieb Eriksson später über 1860: "Eines, was ich aus meiner Zeit in Mexiko gelernt habe, war, nie einen Job anzunehmen, wo man nicht erwünscht ist." Ismaik fühlte sich für seinen gut gemeinten Vorschlag verspottet und "kleingemacht".

Daraufhin verpflichtete Ismaik Hasan Shehata, zuvor Nationaltrainer von Ägypten, als persönlichen Berater, der von der Terrasse des Löwenstüberls mehrere Tage lang kompetent das Trainingsgeschehen beobachtete und Trainer Schmidt sowie den Spielern gehörig auf die Nerven ging. "Die Idee, wie man das Ganze verbessern kann, ist: Trainingscamps in Deutschland oder im Ausland zu veranstalten", schlug Shehata vor. "Und eine Prämienliste für die Spieler wäre ein Ansporn." 2017 durfte Ismaik dann endlich mal einen Wunschtrainer verpflichten: Der Portugiese Vitor Pereira wollte "to the top", wie er sagte. Er stieg dann aus der zweiten Liga ab.

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TSV 1860 Stadionsprecher Stefan Schneider

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Stefan Schneider ist seit 25 Jahren Stadionsprecher des TSV 1860 München - mit dem Umzug nach Giesing hat sich für ihn einiges geändert.

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