1860 München im DFB-Pokal:Volle Härte im Grünwalder Stadion

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Ingolstadts Darío Lezcano überlupft 1860-Torwart Alexander Strobl zur Führung. (Foto: Tobias Hase/dpa)
  • Der TSV 1860 München scheitert im DFB-Pokal an Bundesliga-Absteiger Ingolstadt.
  • Torwart Strobl trägt mit seinem Spiel zur knappen Niederlage bei.

Aus dem Stadion von Christoph Leischwitz

Der Schiedsrichter pfiff, und Jan Mauersberger klatschte erfreut in die Hände. Der Verteidiger des TSV 1860 München dachte, er hätte nun einen indirekten Freistoß herausgeholt, in der sechsten Minute der Nachspielzeit. Denn er hatte die Sekunden mitgezählt, die Ingolstadts Torwart Örjan Nyland den Ball in der Hand hielt, ohne abzuschlagen. Doch dann sah Mauersberger die gelb-rote Karte. "Er meinte, ich habe ihn vorgeführt", sagte er nachher zur Erklärung, die er vom Unparteiischen zu hören bekommen hatte.

Kurz darauf war das DFB-Pokalspiel zu Ende, eine ruppige, hektische Partie mit sehr vielen Schiedsrichterpfiffen endete 2:1 für den Favoriten. Für die Spieler auf dem Platz war die Partie mit insgesamt neun gelben Karten zur körperlichen Belastungsprobe geworden. Für die Fans im Grünwalder Stadion zur emotionalen. Dutzende Bierbecher flogen in den letzten Spielsekunden aufs Feld. "Es war der erwartete Pokalfight", sagte Ingolstadts Trainer Maik Walpurgis. Sechzigs Daniel Bierofka meinte, als Regionalligatrainer verdiene er nicht so viel Geld, deshalb wolle er sich gar nicht näher äußern, einige Entscheidungen halte er allerdings für übertrieben.

"Da hat sich Alex falsch entschieden"

Zu Beginn der Partie hatte es wenige Torchancen gegeben - man stand sich im Mittelfeld permanent auf den Füßen, Spielfluss kam lange Zeit nicht auf. Ein Fehler bescherte dann den Gästen die Führung. Sechzigs Torwart Alexander Strobl war schon unter der Woche beim Toto-Pokalspiel in Neuburg zwischen den Pfosten gestanden, so auch am Sonntag. Das Problem war nur, dass er eben nicht immer zwischen den Pfosten stand, sondern oft weit aus seinem Tor herauslief, ohne den Ball zu erreichen. Zum ersten Mal, in der 15. Minute, hatte der 24-Jährige noch Glück, dass Felix Weber mit einer Grätsche zwei schussbereiten Gegnern den Ball nahm. Fünf Minuten später lief Strobl wieder aus dem Tor und wurde dann von Darío Lezcano überlupft - 0:1. "Da hat sich Alex falsch entschieden", sagte Bierofka über den Zugang vom Liga-Konkurrenten Buchbach.

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Allein bis zur Halbzeit gab es insgesamt 26 Spielunterbrechungen, die Fouls waren in etwa gleich verteilt, doch natürlich musste sich Schiedsrichter Tobias Stieler schon nach kurzer Zeit von den Sechzig-Fans in der Westkurve wüste Beschimpfungen ob seiner Entscheidungen anhören - die Atmosphäre im Stadion, das bestätigten hernach beide Trainer, hätte durchaus zur Pokalfight-Stimmung beigetragen. Zumindest in Sachen Körperhärte war auch kein Klassenunterschied erkennbar.

Als Sascha Mölders mit einem Eishockey-würdigen Bodycheck seinen Gegenspieler Paulo Otávio umrannte, ging ein lautes Raunen durch das Stadion. Die Löwen zeigten aber auch Probleme im Spielaufbau, wenn sie gerade nicht gefoult wurden. Timo Gebhart, in der Regionalliga der Lenker im Mittelfeld, wurde konsequent zugedeckt, in der ersten Halbzeit wurden die Sechziger nur mit gelegentlichen Kontern gefährlich. Kilian Jakob hätte es dem Ingolstädter Lezcano beinahe nachgemacht, sein Heber über den herauseilenden Örjan Nyland wurde aber von Hauke Wahl wenige Meter vor dem Tor geklärt (36.).

Nach der Pause hatte der österreichische Keeper allerdings zahlreiche Gelegenheiten, sich auszuzeichnen, unter anderem bei einer Doppelchance in der 67. Minute. Da verhinderte er zusammen mit Mauersberger den erneuten Rückstand - denn in der 65. Minute hatte Abwehrspieler Felix Weber zum überraschenden Ausgleich getroffen. Ein weiter Freistoß von Nicolas Andermatt war an den Fünfer gesegelt, die Bundesliga-erprobte Abwehr der Ingolstädter war kurze Zeit orientierungslos, Weber traf volley.

Der tragische Held Strobl wäre beinahe also noch zum echten Helden geworden, eine Verlängerung zeichnete sich ab - doch dann verschuldete der Torwart einen Elfmeter. "Da hat Lezcano gezeigt, wie man den Körper einsetzt", sagte Bierofka zu der Szene - er war sich nicht sicher, ob vorher von Seiten des Paraguayaners alles mit rechten Dingen zugegangen war. Der eingewechselte Stefan Kutschke verwandelte sicher zum 2:1 (83.), Christian Köppel hatte anschließend noch die beste Chance zum zweiten Ausgleich, verzog den Schuss aber.

"Athletisch von oben bis unten, klar. Und etwas cleverer." So fasste der oft gefoulte Timo Gebhart den Unterschied zwischen 1860 und Ingolstadt zusammen. Man war sich allerdings einig bei den Löwen, dass man sich gut verkauft hatte. Die Pfiffe jedenfalls bekamen nach dem Spiel andere. Als der Stadionsprecher sich bei den Fans bedankt hatte, dass man doch weitgehend friedlich geblieben sei, machte sich Schiedsrichter Stieler auf den Weg zur Kabine. Und wurde von der Haupttribüne gnadenlos ausgepfiffen.

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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