Wenn es sein muss, dann ist auch ein Fußballstadion ein Ort der Ruhe. Am Samstagnachmittag, zum Saisonauftakt des TSV 1860 München gegen Jahn Regensburg musste es sein. Geplant war das anders, die angestaute Euphorie monatelanger Vorbereitung sollte sich bei Fußballern und Anhängern lautstark entladen. Die Spieler standen noch in den Katakomben, als es im Stadion still wurde.
Mit einer Schweigeminute wurde dem am Donnerstag verstorbenen Bernd Meier gedacht, der jahrelang für die "Löwen" im Tor stand. "Danke Bernd" stand auf dem selbst beschrifteten Pappschild, das ein Sechziger-Fan nach oben streckte, von der Stadionleinwand leuchtete ein Schwarz-Weiß-Foto von Meier. "Wir gedenken heute einem echten Freund. Sein Tod hat überall in der Löwen-Familie tiefe Bestürzung ausgelöst", sagte der Stadionsprecher - es war ein bewegender Moment.
Diesem traurigen Auftakt folgte eine Partie, die auf Seiten der Münchner durchaus positive Erkenntnisse lieferte - vor allem, wenn man das reine Ergebnis betrachtet: 1:0 (1:0) gewann 1860 schließlich vor 45.300 Zuschauern durch ein frühes Tor von Grzegorz Wojtkowiak (8. Minute).
Eine zünftige Blaskapelle hatte kurz vor dem Anpfiff den Saison-Auftakt musikalisch eingeleitet, schließlich ging es hier nicht nur um den Zweitligastart, sondern auch um ein feuriges Bayernderby. 1860-Trainer Reiner Maurer bot gleich alle Neulinge auf: Wojtkowiak und Moritz Volz standen in der ersten Elf, ebenso Moritz Stoppelkamp und auch der griechische Nationalspieler Grogoris Makos.
In den ersten Minuten musste man ein bisschen Angst haben um den Unterhaltungswert der Partie, hatte doch Maurer angekündigt, in der neuen Saison verstärkt in der Defensive arbeiten zu wollen und die Offensive "kontrollierter" agieren zu lassen. Ein bisschen unkontrolliert war dann aber Guillermo Vallori, der Regensburgs Francky Sembolo im Strafraum zu Fall brachte (6.), Schiedsrichter Bastian Dankert ließ weiterlaufen.
Aus der Bredoullie heraus wurden die Sechziger aktiver und das mit Erfolg: Bereits in der 8. Minute gab es den ersten Saisontreffer zu bejubeln. Moritz Stoppelkamp schoss eine Ecke von der rechten Seite in den Strafraum, die Grzegorz Wojtkowiak per Kopf Richtung Tor lenkte. SSV-Mann Philipp Ziereis stand unglücklich und fälschte den Ball für Torwart Michael Hoffmann unhaltbar ab.
Überhaupt, Michael Hoffmann: Der Keeper trug, wie sonst nur die Sechziger-Spieler, Trauerflor am Arm. Ein Zeichen der Verbundenheit, Hoffmann selbst hatte 14 Jahre lang für die "Löwen" im Tor gestanden und sich eigentlich sehr auf das Aufeinandertreffen mit seinem alten Klub gefreut.
TSV 1860 München:Gefangen zwischen Tradition und Chaos
Zwischen Euphorie und Komödiantenstadl: Die Geschichte des TSV 1860 prägen schöne Erinnerungen, heftige Machtspiele und der dunkle Schatten des Nachbarn FC Bayern. Jetzt soll Benno Möhlmann den Klub vor dem Abstieg retten.
Im Verlauf der Partie hatte Hoffmann zunächst die schwierigeren Bälle abzuwehren im Vergleich zu seinem Gegenüber Gabor Kiraly. Der Jahn spielte sich immer wieder recht feine Gelegenheiten heraus, gerade weil die Münchner oft Bälle zu schnell hergaben - da genügte manchmal schon ein Fußzucken des Gegners. Doch das Problem des Neulings wurde bald deutlich: Im Abschluss war der SSV zu schwach.
Richtig zufrieden schien aber auch "Löwen"-Trainer Maurer nicht: Schon in der 30. Minute musste er wechseln, Daniel Bierofka hatte es am Oberschenkel erwischt, für ihn kam Maximilian Nicu. Kurz zuvor hatte Makos den Ball über die Latte gesetzt (28.) - bis zur Pause fielen nur noch Regensburgs Ziereis und Necat Aygün (39.) mit gelben Karten auf, der Tordrang verflachte hingegen auf beiden Seiten.
Klar dominiert hatten die "Löwen" das Spiel bis dahin nicht, nach der Halbzeit waren sogar die Regensburger die gewilltere Elf. Nur noch selten gelang dem TSV Produktives, einzig in der 73. Minute wurde es kurz gefährlich, als ein schöner Angriff der Münchner fast zum 2:0 führte: Daniel Halfar, in der 60. Minute für Ismael Blanco gekommen, schlenzte den Ball nach einem Freistoß über die Mauer, der Ball sprang von der Latte zurück ins Feld.
Solche Spiele, das ist eine alte Weisheit, gehen dann oft doch anders aus, als es der Verlauf vermuten lässt - und einiges deutete gegen Ende darauf hin, dass es die "Löwen" noch einmal erwischen könnte. Etwas ungeschickt rutschte Makos im eigenen Strafraum in die Beine von Sembolo - und plötzlich pfiff der Schiedsrichter Elfmeter für den Aufsteiger. Abdenour Amachaibou trat an, doch er scheiterte unter großem Gejohle.
Kiraly, der Ungar im 1860-Tor, wehrte reaktionsschnell ab. Und er hielt auch den Nachschuss - diesmal rücklings mit den Füßen (85.). Es war die letzte aufregende Szene in einem etwas glücklich verlaufenen Spiel für den TSV. Und vielleicht war es bezeichnend, dass der Held an diesem traurig-fröhlichen Tag ein Torwart war.