Süddeutsche Zeitung

1860 München:Fußmarsch zur Feier

Angeführt von Sascha Mölders verbuchen die Löwen mit dem 5:0 gegen Illertissen den sechsten Saisonsieg.

Von Christoph Leischwitz

Die ersten Heimspiele waren schon gefeiert, 1860 München tourt jetzt schon seit gut einem Monat durch Bayern, und im DFB-Pokal am vergangenen Sonntag gab es nach dem Ausscheiden gegen den FC Ingolstadt auch mal ein wenig Ernüchterung dahoam. Würde also bei einem Regionalliga-Spiel am Donnerstagabend gegen einen fanarmen Verein wie den FV Illertissen allmählich so etwas wie Alltag einkehren in Giesing?

Kurz wirkte es so. Zumal erstmals seit der Rückkehr ein paar kleinere Lücken auf der Gegengerade zu sehen waren, 300 Plätze im mit 12 500 Zuschauern bislang stets ausverkauften Grünwalder Stadion waren diesmal frei geblieben. "Ich hatte auch ein bisschen Angst gehabt, dass wir ein bisschen müde sind nach dem Pokalfight", sollte Trainer Daniel Bierofka später sagen. Doch es kam alles anders: Nur eine knappe halbe Stunde agierte die Mannschaft gehemmter, nur eine knappe halbe Stunde schien den Gästen aus Illertissen die Kulisse nichts auszumachen. Dann aber kam Sascha Mölders in Fahrt, schoss zweimal aufs Tor, erzielte damit seine Saisontore vier und fünf, so wurde aus dem drohenden Alltag die nächste große Giesinger Party. Am Ende hatte der Tabellenführer gegen den Tabellenvierten 5:0 gewonnen, die Mannschaft stand 20 Minuten nach der Partie noch auf dem Zaun vor der Westkurve.

Auch aufgrund der drohenden Müdigkeit hatte Bierofka rotiert: In der Abwehr spielte Phillipp Steinhart in der Abwehrkette, Jan Mauersberger kam dafür diesmal nicht zum Einsatz. Der Rückkehrer und seine Nebenmänner hatten nur zu Beginn viel zu tun, als Illertissen bisweilen frech nach vorne kombinierte, allerdings kaum zu zwingenden Torabschlüssen kam - Marco Hiller, der nach zwei Spielen Pause wieder im Kasten stand, blieb fast beschäftigungslos. Die Sechziger nutzten die Schnelligkeit ihrer Offensivkräfte und schickten diese oft mit langen Bällen in Laufduelle. So auch Nico Karger in der 32. Minute. Mit einem scharfen Pass in die Mitte bediente er Sascha Mölders, der Routinier schob flach an Torwart Janik Schilder vorbei ein (32.).

Mölders überzeugte nicht nur spielerisch - auch für eine faire Geste wurde er bejubelt

Das Tor fiel zu diesem Zeitpunkt ein wenig überraschend, das zweite dann schon nicht mehr: Erneut war es Mölders, der diesmal nach einer Ecke per Kopf traf (38.). Nach diesen Wirkungstreffern war Illertissen wie ein taumelnder Boxer, den nur niemand von seinem Schicksal befreite. Auf der Haupttribüne schrie jemand: "Nur noch acht!" Nach einem eher mäßigen Beginn schwappte die Euphorie sogar noch in die Halbzeit hinein. Die Spieler waren im Kabinengang, als Stadionsprecher Stefan Schneider das 3:0 verlas - Timo Gebhart hatte das 3:0 per Foulelfmeter geschossen, den Christian Köppel herausgeholt hatte.

Nach dem Seitenwechsel begehrten die Gäste deutlich kürzer auf, gute fünf Minuten lang machten sie Druck, dann setzte es den nächsten Wirkungstreffer: Kilian Jakob stand an der rechten Seitenlinie frei, er war es immer noch, als er mit dem Ball in den Strafraum lief. Dann schoss er kaltherzig ins kurze Eck zum 4:0 (55.). Drei Minuten später ließ Linksverteidiger Christian Köppel das 5:0 folgen. "Nur noch fünf!", ertönte es.

Das zweistellige Debakel blieb allerdings aus, denn es folgten zahlreiche Abseitssituationen der ungestümen Löwen-Angreifer. Die Fans sangen "Oh wie ist das schön, so was hat man lange nicht geseh'n", und das stimmte ja auch. Illertissen übrigens hatte am vergangenen Wochenende 7:1 gegen den Schalding-Heining gewonnen und seit dem ersten Spieltag nicht mehr verloren.

Auch Doppeltorschütze Mölders trug dazu bei, dass Sechzig keine weiteren Tore schoss. Als der Schiedsrichter in der 65. Minute Freistoß für Sechzig pfiff, obwohl sein Assistent zuvor auf Abseits gegen Sechzig entschieden hatte, da schnappte sich der 32-jährige Angreifer den Ball, blitzschnell führte er den Freistoß aus - aber nicht zu einem Mitspieler, sondern der Fairness halber ins Illertisser Tor-Aus. Wenig später wurde er unter dem Jubel der Fans ausgewechselt.

Bierofka sagte, sein Job sei es nun, bei aller Euphorie dafür zu sorgen, dass die Mannschaft "auf dem Teppich" bleibe. Die Müdigkeit seines Teams zu Beginn hatte vielleicht auch einen anderen Grund gehabt: Sie musste vom Vereinsgelände zum Stadion laufen. "Ich bin froh, dass wir heute in die Gänge gekommen sind", sagte Bierofka. Dem Mannschaftsbus war das nicht gelungen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3631693
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.08.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.