Die Löwen präsentieren sich mit einem 2:1-Sieg gegen Karlsruhe ihrem Investor - der sich italienischen Leckereien widmet. Gabor Kiraly hält seine Hose sauber, Daniel Halfar zielt in Basketballhöhe, Benjamin Lauth scheitert kläglich und die Fans verhalten sich unauffällig - bis zur 70. Minute. Der Fußball-Zweitligist TSV 1860 München in der Einzelkritik. Die Fans Waren insgesamt sichtlich bemüht, sich an diesem brisanten Tag aufs Sportliche zu konzentrieren. Verzichteten zunächst auf kritische Äußerungen zum Chaos der vergangenen Woche. Sangen, hüpften und klatschten beinahe ununterbrochen, als wäre der TSV 1860 derzeit ein ganz normaler Zweitligaverein. Bis zur 70. Minute. Dann hisste die Nordkurve ein Banner mit der Aufschrift: "Wer sich in Dinge einmischt, die einen nichts angehen, wird Dinge hören, die einem nicht gefallen." Ein klares Statement in Richtung Investor Ismaik. Und der Beweis dafür, dass das Theater bei 1860 niemals endet.
Hasan Ismaik Der Investor (Bildmitte) hatte sich im Vorfeld bei einem Mittagessen der Mannschaft vorgestellt. Hätte sich nach den Querelen unter der Woche sicher ein volleres Stadion und vor allem besseres Wetter für sein erstes Heimspiel als Aufsichtsratschef gewünscht. Trudelte in einem schicken Sportflitzer im Bauch der Arena ein. Hielt sich bei Tomate-Mozzarella in der Ehrenloge vornehm zurück - vielleicht, um nicht ins Kreuzfeuer der Fans zu geraten. Vielleicht aber auch, um sich den anfänglichen Nieselregen zu ersparen. Dieter Schneider Der Präsident (links) spielt im Klub eine wichtige Rolle, weil er für die 51 Prozent vereinseigenen Anteile steht, die laut DFL vorgeschrieben sind. Musste den neuen Frieden zwischen Verein und Investor ausführlich den anwesenden TV-Journalisten erklären. Bekam von der Haupttribüne warmen Applaus und bedankte sich mit einem schüchternen Winken.
1860 München: Einzelkritik
Gabor Kiraly
Böse Zungen behaupten, er sei in einer Trainingshose auf die Welt gekommen. Trug das schicke, graue Schlabberteil auch an diesem Nachmittag und sah damit aus wie ein Handballtorwart im zu großen Gehäuse. Parierte früh eine Direktabnahme von KSC-Stürmer Iashvili, auch danach hellwach bei einem Linksschuss von Lavric - und das alles, ohne seine Buchse groß zu beschmutzen.
1860 München: Einzelkritik
Dennis Malura
War früher Stürmer, spielt aber mittlerweile rechter Verteidiger. Malura (auf diesem Archivbild links) wurde bei seiner ersten Offensivaktion unsanft am Fuß getroffen, konnte aber weiterspielen. Machte seine Sache deutlich besser als zuletzt gegen Braunschweig, auch wenn er manchmal im Stellungsspiel Probleme hatte.
1860 München: Einzelkritik
Christopher Schindler
Ist bei den Löwen einer der wenigen echten Münchner, was allein schon sein erster Verein verdeutlicht: der SC Perlach. Erinnert mit seiner schlaksigen, jugendlichen Art ein wenig an Dortmunds Mats Hummels. Erzielte das 1:0 per Abstauber nach einem Eckball. Ließ sich nur eine Minute danach auf der linken Seite formschön tunneln, was letztlich zum Elfmeter für den KSC führte - einer seiner wenigen Fehler bei einem überzeugenden Auftritt.
1860 München: Einzelkritik
Kai Bülow
Rückte für den gesperrten Stefan Buck in die Innenverteidigung. Ist ein waschechter Rostocker und formte im Duett mit Schindler somit einen Nord-Süd-Block im Defensivzentrum. Demonstrierte seine beachtliche Lufthoheit zunächst nur hinten, bereitete dann aber per Kopf das 1:0 und später sogar das 2:1 vor. Würde das Spiel "Kopfball" und nicht "Fußball" heißen, wäre er vermutlich einer der besten der Welt.
1860 München: Einzelkritik
Arne Feick
Hat bei Arminia Bielefeld zuletzt einiges erlebt, dürfte deshalb eigentlich kein Problem mit der aktuell problematischen Gemengelage bei den Sechzigern haben. Lief über links die Linie auf und ab, ohne jedoch großen Einfluss aufs Spiel zu nehmen. Insgesamt eher unsicher und wenig schwungvoll.
1860 München: Einzelkritik
Collin Benjamin
Trägt den schönen Spitznamen "Chippa" und hat vom Außenverteidiger bis zum Stürmer schon alles gespielt. Versuchte sich dieses Mal im defensiven Mittelfeld als robuster Organisator, begann aber ziemlich fahrig. Der Namibier (rechts im Bild) steigerte sich dann und verteilte einige Male clever den Ball. Musste in der 66. raus - just in dem Moment, als die Sonne sich erstmals zeigte.
1860 München: Einzelkritik
Dominik Stahl
Debütierte in der zweiten Mannschaft von 1860 einst ausgerechnet gegen den KSC. Sein erstes Profitor erzielte Stahl (rechts/Archivfoto) 2010 - ebenfalls gegen den KSC. Trägt für einen eisenharten Mittelfeldmann den passenden Nachnamen. Hatte zunächst eine gute Schusschance, übertrieb es danach aber mit der Härte: Grätschte unnötigerweise im Strafraum gegen Karlsruhes Terrazzino und verursachte den Elfmeter.
1860 München: Einzelkritik
Stefan Aigner
Kam etwas überraschend anstelle von Daniel Bierofka auf der rechten Seite zum Einsatz. Zerrte, hakelte und wuselte wie ein Rumpelstilzchen im Cola-Rausch. Ließ bei allem Engagement aber etwas die Genauigkeit vermissen - außer in der 55. Minute, als er nach einer Ecke per Kopf reaktionsschnell das 2:1 erzielte.
1860 München: Einzelkritik
Daniel Halfar
Ist neben Feick der zweite ehemaliger Bielefelder, der aus der tatsächlich existierenden Stadt in Ostwestfalen flüchtete. War vergangenes Jahr bester Vorlagengeber der Löwen. Sollte, wenn er das wieder werden will, an seinen Freistößen arbeiten - die landeten nämlich zumeist in Basketballkorb-Höhe hinter dem Tor. Zeigte dann aber, dass er es doch kann: Seine Ecke führte zum 2:1. Machte mit seinen flinken Füßen viele Kilometer, wurde dafür mit Szenenapplaus verabschiedet.
1860 München: Einzelkritik
Benjamin Lauth
Stammt vom Tegernsee, ist damit ein Beinahe-Münchner und trug zu seinen Sportfreunde-Stiller-Zeiten ("Lauth anhören") eine der schnittigsten Frisuren der Stadt. Gab eher den geschickten Vorbereiter, als den Vollstrecker - zum Beispiel mit seiner Ecke, aus der die Führung der Sechziger resultierte. Und zum Beispiel mit einer kläglich vergebenen Chance, als er frei vor dem Tor stand und scheiterte (77.). In dieser Szene bejubelt Lauth (Mitte) das 2:1 durch Aigner.
1860 München: Einzelkritik
Kevin Volland
Ist mit seinen 18 Jahren das Küken bei den Sechzigern, verfügt aber sichtbar über reichlich Talent. Könnte daher der nächste geldbringende Verkauf sein. Was aus Sicht des TSV schade wäre, denn keiner giftelt vorne so erfolgreich herum wie er. Sprintete auch unerreichbaren Bällen hinterher. Machte damit wett, dass er wegen seiner geringen Körpergröße kaum ein Kopfballduell gewann.
Daniel Bierofka Zweiter echter Münchner im Team, hat bei 1860 schon so manches erlebt, zum Beispiel eine 539 Tage lange Verletzungspause. Kam für Collin Benjamin ins Spiel, um nach dem 2:1 bei Kontern zu glänzen. Dies gelang ihm mit einem satten Schuss in der 74. Minute. Manuel Schäffler Wurde nach 73 Minuten für Volland eingewechselt und konnte sich ebenfalls über ein paar Sonnenstrahlen freuen. Sandro Kaiser Kam kurz vor dem Ende für Daniel Halfar - die Sonne war da schon wieder verschwunden.