Löwen auf Platz eins der 3. Liga:Lieber das halbvolle Glas sehen

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Albion Vrenezi erzielt das 1:0 für den TSV 1860 - doch das reichte nicht zum Sieg in Dortmund. (Foto: Zeising/Imago)

Der TSV 1860 München passt sich in Dortmund spielerisch dem Sauwetter an, doch am Ende steht überraschend die Tabellenführung - beim 1:1 findet Trainer Köllner eine Erfolgsformel.

Von Christoph Leischwitz

In der 71. Minute begann es zu hageln über dem Dortmunder Stadion, ein bisschen wirkte es so, als hätten selbst die Wolken keine Lust mehr, dieses Gekicke anzuschauen - folgerichtig schickte der Schiedsrichter die Mannschaften ob des Sauwetters vom Feld, zumindest für zwei Minuten. Und abgesehen von zwei halbgaren Torchancen für den TSV 1860 München tat sich danach nicht mehr viel.

Der Favorit hatte bei Borussia Dortmund II eine Leistung gezeigt, die den ein oder anderen Verantwortlichen durchaus erzürnen hätte können. Doch solche Wallungen blieben aus. Weil die Löwen erstens dank eines 1:1 (0:0) einen Punkt holten, und zweitens, weil dieser Punkt reichte, um sich die Tabellenführung zurückzuholen: Die Überraschungsmannschaft SV Elversberg hatte nämlich zeitgleich zu Hause 1:2 gegen den SC Verl verloren.

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Sportlich läuft es bei den Löwen, sogar der Aufstieg in die zweite Liga ist wieder ein Thema. Doch wie so oft begleiten die Sechziger auch Debatten um die Frage: Wem gehört der Klub?

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"Kämpferisch war das absolut in Ordnung", sagte ein durchaus zufriedener Löwen-Trainer Michael Köllner bei Magentasport. Was zugleich bedeutet, dass es spielerisch nicht in Ordnung war. Aber er wollte eben das halbvolle Glas sehen, nicht das halbleere. Man könne doch auch gar nicht jedes Spiel gewinnen, außerdem ist man ja im Soll: "Auswärts einen Punkt holen, zu Hause gewinnen - das wäre eine Erfolgsformel", sagt der 52-Jährige mit Blick auf das Ziel Aufstieg.

Das Ziel der Löwen bleibt der Aufstieg in die 2. Liga

Wenn man nun unbedingt das Glas halbleer sehen möchte, könnte man sagen: Die Sechziger haben auswärts zurzeit erhebliche Probleme - und in den vergangenen drei Liga-Partien in der Fremde nur zwei Punkte geholt. Als Sechzig am vergangenen Dienstag auch noch im Landespokal 0:1 beim FV Illertissen verlor, kündigte Köllner für die Partie in Dortmund eine Mannschaft mit einem anderen Gesicht an. Die Hauptaufgabe, so der Trainer, sei in dieser Saison nun einmal der Aufstieg.

Wobei das mit den Auswärtsspielen im Falle der Sechziger oft sehr relativ ist. Die Drittliga-Partie am Samstagnachmittag fand ausnahmsweise in der Dortmunder Bundesliga-Arena statt, weil das Stadion Rote Erde umgebaut wird; was unter den ohnehin reisefreudigen Löwen-Fans noch mehr Fans anlockte. Rund 2500 waren mitgereist, rein akustisch sorgten sie für klare Verhältnisse. Löwen-Träumereien von regelmäßigeren Besuchen in Stadien von diesem Format verbaten sich allerdings angesichts der Partie.

Weil in dieser Arena oft deutlich mehr Tempo im Spiel ist, schuf das Ambiente auch einen gewissen Kontrast, und ließ die tempoarme Partie noch langweiliger wirken. Wenn es schnell ging in diesem Spiel, dann zumeist über den Dortmunder Angreifer Justin Njinmah, der aber auch repräsentativ für die Dortmunder Schwächen in dieser Saison agierte: immer irgendwie gefährlich, aber im Abschluss meistens harmlos. Die Sechziger hingegen glänzten in der ersten Halbzeit vor allem mit wichtigen Abwehraktionen, wie etwa Christopher Lannert und Fabian Greilinger mit entscheidenden Grätschen (36., 39.) oder Torwart Marco Hiller mit einer Parade nach einem Distanzschuss von Marco Palasic (37.).

Aus dem Spiel heraus gelang den Löwen so gut wie nichts, ansatzweise Gefahr strahlten Freistöße aus. Selbst mit ausdrücklichen Einladungen zum Toreschießen wurde zögerlich umgegangen. Albion Vrenezi drosch einen Schuss in zwei heranrauschende Gegenspieler, als er nach einem fatalen Fehlpass direkt am gegnerischen Sechzehner den Ball erhielt (15.). Vrenezi hatte in den vergangenen Wochen aufsteigende Form gezeigt, heute blieb er blass.

Doch eine Einladung bekam der 28-jährige Flügelstürmer immerhin, und die nahm er an. In der 62. Minute verwandelte er einen Strafstoß, den der junge Dortmunder Torwart Silas Ostrzinski in seinem Drittliga-Debüt gegen Stefan Lex verschuldet hatte. Komisch war nur, dass auch die Führung das zaghafte Auftreten des TSV nicht beendete. Und so liefen die Löwen in einen Konter, den Palasic mit dem einzigen Lichtblick des Spiels beendete, einem hübschen Schlenzer ins ferne Eck, nur sechs Minuten nach dem 0:1. "Das Tor war in der Entstehung vermeidbar", analysierte Köllner, "es ist natürlich schade, dass wir nach der Führung die Umschaltmomente nicht besser genutzt haben." Ärgern dürften ihn zudem, dass Kapitän Lex in der Schlussphase angeschlagen vom Feld ging.

Ein Sieg wäre aber auch nicht verdient gewesen, dafür taten die Sechziger nach der Hagelpause viel zu wenig. Bezeichnend eine Szene aus Minute 87, als Greilinger eine Anspielstation bei einem Einwurf suchte, und verzweifelt den Arm hob, weil er keine fand. "Dritte Liga ist viel Abnutzungskampf", sagte Köllner noch. Es kommt eher selten vor, dass sich ein Tabellenführer fast schon entschuldigend anhört.

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