TSV 1860 München:Robustes Debüt für den neuen Löwen-Trainer

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Patrick Glöckner bei seinem ersten Spiel als Trainer des TSV 1860. (Foto: Sven Leifer/foto2press/imago)

Mit Patrick Glöckner als neuem Trainer und Philipp Maier als neuem Spielmacher versucht der TSV 1860 München, seine Verunsicherung wegzukämpfen – und kommt mit einem glücklichen 1:1 davon. Die Fans beziehen derweil klar Stellung zur Stadionfrage.

Von Christoph Leischwitz

Es war ein ungläubiger Jubel, der sich erst verzögert ausbreitete im Grünwalder Stadion – hatten die Löwen wirklich ein Tor geschossen? 53 Minuten hatte es gedauert, bis der TSV 1860 München im eigenen Stadion überhaupt erst mal einen Eckball erzwingen konnte. Beim zweiten Standard eine Viertelstunde später drosch Kapitän Thore Jacobsen den Ball mit seinem schwachen linken Fuß ins Kreuzeck.

Schon da war es ein glücklicher Ausgleich, beim Schlusspfiff fast noch mehr, denn der VfB Stuttgart II hatte nicht nur ein paar quirlige Champions-League-Jugendliche mit nach München gebracht. Sondern auch das, was den Sechzigern auch nach der Trainerpremiere von Patrick Glöckner immer noch fehlt: Selbstvertrauen. „Wir haben eigentlich offensiv erst nach dem 1:1 stattgefunden“, lautete Glöckners erstes, ehrliches Fazit als Löwen-Coach. Aber das, was er nach eigenem Bekunden sehen wollte von seiner Mannschaft, das hatte er gesehen: „Leidenschaft und Wille.“ Zur Pause hatte es vereinzelte Pfiffe gegeben, zum Ende gab es dann zwischen Pfiffen und Applaus ein Remis. Dem 48-jährigen Trainer dürfte klar sein, dass er noch viel zu tun hat.

Es war diesmal zum Anpfiff wieder ein bisschen voller auf den Rängen gewesen als bei den Heimspielen im tristen Herbst 2024. Neugier oder Hoffnung hatten angelockt und die Frage aufgeworfen, ob sich auf dem Rasen wirklich wieder etwas rührt. Rein körpersprachlich sah das in den ersten Spielminuten auch nicht schlecht aus, aber offensiv verfolgte die Mannschaft keinen erkennbaren Plan. Chancen herauszuspielen sei diesmal auch nicht „primär das Ziel“ gewesen, gab Morris Schröter zu Protokoll – der Flügelstürmer zeigte sich auch ein wenig überrascht darüber, dass er diesmal eine etwas defensivere Rolle einnehmen musste als sonst. („Das hatte sich unter der Woche so nicht abgezeichnet.“)

Zweitliga-Transfer Philipp Maier gibt bei seinem Debüt gleich den Regisseur im Mittelfeld

In vielerlei Hinsicht auffällig spielte der neue Mann im zentralen Mittelfeld, Philipp Maier. Der vor wenigen Tagen vom SSV Ulm transferierte Zweitliga-Stammspieler gab seinen Teamkollegen viele Kommandos, er war von Beginn an der Regisseur. „Ich bin kein Spieler für zehn Übersteiger, sondern einer, der über Wille und Mentalität kommt“, sagte er, was er „in der dritten Liga für nicht verhandelbar“ hält: „Da will ich mit gutem Beispiel vorangehen.“ Nach 25 Minuten begrüßte er den wuseligen Stuttgarter Laurin Ulrich mit einem ordentlichen Tritt, drei Minuten später leitete er unfreiwillig die spannendste Szene der ersten Halbzeit ein: Maier ließ einen Querpass am eigenen Sechzehner durchlaufen, viele grätschende Löwen verhinderten den Torschuss, die anschließende Ecke landete über den Kopf von Dominik Nothnagel an der Unterkante der Latte (28.). Kurz vor der Pause holte sich Maier noch eine gelbe Karte ab, sodass er in der 57. Minute beim Solo des unbeeindruckten Ulrich wegbleiben musste – der traf zur Führung für die Gäste. Kurz: Das Debüt war durchwachsen, aber stellvertretend für die ganze Mannschaft, nun ja, robust.

Gleich nach dem Rückstand zeigte sich, dass das Giesinger Publikum gar nicht allzu viel verlangt von seinen Spielern, eine gute Aktion genügt schon. Erst nach einer guten Stunde wechselte Glöckner den zuletzt gesperrten und verletzten Soichiro Kozuki sowie Patrick Hobsch ein. Gemeinsam holten die beiden den Eckball heraus, der zum Ausgleich durch Jacobsen führte; Hobsch blockte den Ball entscheidend frei. Man könnte frei nach Glöckner deshalb auch sagen: Ohne Hobsch hatte Sechzig offensiv nicht stattgefunden. Das birgt Brisanz, weil um den Verbleib des 30-jährigen Angreifers gerade eine Hängepartie entsteht – Medienberichten zufolge will Rot-Weiss Essen Hobsch verpflichten. Die Löwen würden ihn aber wohl nur ziehen lassen, sollte ein adäquater Nachfolger bereitstehen. Eine Woche lang ist das Transferfenster noch geöffnet.

1860-Fans plädieren mit Spruchbändern für Stadion-Ausbau statt Neubau

Auch Maier findet, dass sich auf Basis der „Basics“ wie Leidenschaft und Laufbereitschaft noch vieles verbessern muss. „Wir müssen etwas cooler am Ball werden, da nehme ich mich auch nicht aus“, sagte derjenige, der freiwillig vom Zweitliga- in den Drittliga-Abstiegskampf wechselte. Klar sei auch: „Der Trainer kann jetzt nicht kommen und 800 Sachen umstellen.“ Ein Minimalziel haben sie mit dem 1:1 erreicht. Das nächste Spiel bei Viktoria Köln am kommenden Samstag könnte ein guter Gradmesser sein, wie schnell die Weiterentwicklung klappt.

In der Schlussphase, in der es hin und her ging, war kurz mal wieder zu hören gewesen, was im Grünwalder Stadion stimmungsmäßig möglich ist. Offenkundig wollen auch viele Fans hierbleiben. Nachdem die SZ von der Empfehlung zum Stadion-Neubau berichtet hatte – die Studie dazu hatte der mittlerweile geschasste Geschäftsführer Oliver Mueller in Auftrag gegeben –, erklärte jetzt der Verein „Freunde des Sechzgerstadions“, dass ein möglicher Ausbau des Grünwalder Stadions viel zu negativ bewertet worden sei. Sie plädieren für einen Ausbau und für die Einsetzung einer professionellen Stadionbetreibergesellschaft. Mehrere Spruchbänder nahmen sich am Samstag des Themas an, auf einem stand: „Stadion ausbauen & Yuppies raushauen.“ Auch den Fans in der Westkurve scheint Leidenschaft wichtiger zu sein als Geld.

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