1:3 gegen Mannheim:1860 spielt wie vor der Winterpause

1:3 gegen Mannheim: Raphael Holzhauser und Tim Rieder besprechen noch auf dem Platz die Gründe für die Niederlage.

Raphael Holzhauser und Tim Rieder besprechen noch auf dem Platz die Gründe für die Niederlage.

(Foto: IMAGO/Eibner-Pressefoto/IMAGO/Eibner)

Und das ist aus Sicht der Löwen keine gute Nachricht. Trotz des prominenten Zugangs Raphael Holzhauser verliert der TSV verdient mit 1:3 in Mannheim. Trainer Michael Köllner hört während des Spiels den Unmut der Fans.

Von Christoph Leischwitz, Mannheim

Nach dem Schlusspfiff stand Raphael Holzhauser neben Tim Rieder, also ein Mittelfeldspieler, der vor wenigen Tagen zum Drittligisten 1860 München gekommen war, und einer, der seit dem Sommer für die Löwen spielt. Holzhauser zog sich das Trikot über den Mund, Rieder hielt sich eine Hand vor, man darf also davon ausgehen, dass sie sich klare Worte zu sagen hatten. Ihren Gesichtsausdrücken nach könnte der Dialog sich in etwa so angehört haben: "Waren wir in den letzten Spielen immer so schlecht?", fragt Holzhauser. Rieder: "Ja." Vielleicht noch mit dem Zusatz: "Sonst hätten wir dich ja nicht holen müssen."

Nun war dem 29-jährigen Holzhauser bei seinem 1860-Debüt, drei Tage nach Beginn des Leihgeschäfts vom belgischen Erstligisten OH Leuven, durchaus anzusehen, dass er einer verunsicherten Mannschaft weiterhelfen kann. Doch trotz einiger guter Momente des Routiniers knüpften die Sechziger nahtlos an ihre schlechten Leistungen vor der Winterpause an, sie verloren trotz Führung hochverdient 1:3 (1:1) beim SV Waldhof Mannheim. Die Mannschaft stagniert damit auf Rang sechs.

Direkt in ein Mikrofon gesprochen wurden am Samstagnachmittag lange nicht so klare Worte. Sechzigs Trainer Michael Köllner redete das Spiel seiner Mannschaft deutlich schöner, als es war, unter anderem mit folgendem Satz: "Wir hatten zwei, drei Riesenmöglichkeiten - den letzten Pass zu spielen." Ansonsten gab es nur zwei, drei Möglichkeiten zu sehen.

Während Raphael Holzhauser anschließend bei Magentasport erwähnte, dass die Mannschaft am Zaun bei ihren Fans auch Zuspruch erhalten habe, waren während der Partie recht deutliche "Köllner raus"-Rufe zu hören gewesen. Außerdem hatten in der 74. Minute einige Anhänger - mehr als 3000 waren mit in die Kurpfalz gereist - auch schon ein Banner hochgehalten, dass das Verhalten des Trainers in den vergangenen Wochen thematisierte: "Wildes Geschwurbel und Qatar relativieren - 'Fußballer spielen Fußball' und Trainer trainieren".

Die Anfangsphase sah aus Löwen-Sicht noch ganz gut aus

Köllner hatte die WM in Katar besucht und dort, wie auch schon früher, die Meinung vertreten, dass Fußballer nicht in politische Fragen hineingezogen werden sollten; einige Fans scheinen ihm nun aber vorzuwerfen, seinem Kerngeschäft zuletzt auch nicht richtig nachgekommen zu sein. Am vergangenen Dienstag, ganz zum Ende des Trainingslagers in der Türkei, hatte Köllner noch einmal mit Gestänkere auf sich aufmerksam gemacht, als er sich öffentlich darüber beschwerte, wie lange der Holzhauser-Transfer auf sich warten lasse. Vor dem Spiel in Mannheim meinte er dann dazu jedoch mit einem Lächeln: "Ein bisschen zündeln schadet nicht."

Der Trainer musste auf den erkrankten Kapitän Stefan Lex verzichten und die ersten Minuten nach der zweimonatigen Pause sahen aus Sechziger-Sicht noch recht gut aus. Die Partie begann wegen eines Feuerwerks und dunkelblauen Rauchtöpfen in der Mannheimer Kurve einige Minuten später. Raphael Holzhauser nahm die Verzögerung Kaugummi kauend hin, auch sonst wirkten die Löwen zunächst cool und wach. Nach sieben Minuten erreichte eine eigentlich viel zu steile Flanke von Rieder den Mannheimer Strafraum, wo Phillipp Steinhart erstaunlich frei zum Kopfball kam - und die erste Gelegenheit der Partie nutzte. Es sollte allerdings auch die beste bleiben. Sein Gegenspieler Adrien Lebeau hatte sich in dieser Situation zwar recht dumm angestellt, entpuppte sich im Fortgang allerdings als einer der besten Akteure auf dem Platz.

Schon das Remis zur Pause war für 1860 eher glücklich

Die erste Viertelstunde hielten die Sechziger gegen oftmals gut kombinierende Mannheimer mit viel Zweikampfhärte dagegen. Und Holzhauser packte gegen den heranstürmenden Lebeau vor dem eigenen Strafraum nach einer knappen Viertelstunde eine meisterhafte Grätsche aus, die sogleich Chef-Attitüde ausstrahlte. Später wurde der Österreicher, der schon für den FC Augsburg in der Bundesliga kickte, aber auch innerhalb weniger Sekunden zweimal getunnelt.

"Ich habe ja im Training gesehen: Die Qualität ist da", gab Holzhauser bei Magentasport zu Protokoll. Im Spiel hatte er diese demnach eher nicht gesehen. Mannheim erspielte sich bis zur Pause zahlreiche Chancen, der Ausgleich für die Gastgeber fiel allerdings nach einem verunglückten Befreiungsschlag des Sechzig-Torhüters Marco Hiller. Mit einem überlegten, schnellen Umschaltspiel, wie es eigentlich Köllner von seiner eigenen Mannschaft fordert, kam der Ball zurück in den Strafraum, Mannheims Pascal Sohm tunnelte Leandro Morgalla, der Ball landete im fernen Eck (39.). Später musste selbst Köllner anerkennen, dass das 1:1 zur Pause ein eher glücklicher Zwischenstand war.

Wie ein Aufstiegskandidat tritt 1860 nicht auf

Nach einem klugen Gegenstoß traf erneut Sohm zum 2:1 (57.). Das Spiel war gedreht, doch am Verhalten der Sechziger änderte das nichts: Ein Aufbäumen blieb aus, auch mehrere Einwechslungen, wie etwa des Ex-Mannheimers Joseph Boyamba, belebten das Offensivspiel kaum. Immerhin, eine seiner wenigen Flanken landete auf dem Kopf von Martin Kobylanski, der etwas überraschend zusammen mit Holzhauser im Mittelfeld agieren durfte, der 28-Jährige setzte seinen Kopfball jedoch neben das Tor (83.). Die endgültige Entscheidung fiel unmittelbar vor dem Schlusspfiff: Wie schon vor dem 2:1 verloren die Sechziger den Ball unmittelbar nach einem eigenen Einwurf, Dominik Kother traf zum 3:1 (90.+5).

Holzhauser meinte dann noch: "Für mich geht's darum, die Mannschaft aufzubauen", der Verein gehöre nun einmal in die zweite Liga. Er scheint aber schon festgestellt zu haben, wie viel Arbeit er sich aufgehalst hat. Wie ein Aufstiegskandidat haben die Sechziger jedenfalls schon lange nicht mehr gespielt, und sie waren auch zum Auftakt des Jahres 2023 weit davon entfernt.

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