TSV 1860 München:Keine Neuen für Bierofka?

1860 Trainer Daniel Bierofka

Hat laut 1860-Präsidium einen "gut dotierten Vertrag" für die dritte Liga: Trainer Daniel Bierofka.

(Foto: Matthias Balk/dpa)
  • Anstatt das Sponsoring-Angebot von "Die Bayerische" zu bewilligen, bietet Investor Ismaik dafür selbst ein Darlehen an.
  • Außerdem fordert er den e.V. auf, Michael Scharold zu entlassen, was den Geschäftsführer aber eher stärkt.
  • Wie so oft könnten die Leidtragenden der Uneinigkeit die Spieler und die sportliche Entwicklung sein.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Michael Scharold sitzt am Freitagmorgen in einem Café in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs, er ist zum Interview gekommen, um zu erklären, wie es mit dem Fußball-Drittligisten 1860 München weitergehen soll. Er hat viele Pläne mitgebracht. Zum Stadion, zur Entwicklung der dritten Spielklasse, zum Sponsoring, zu all diesen Sachen, um die sich ein Geschäftsführer eigentlich so kümmern soll. Die neueste Frage ist gerade, ob der Hauptsponsor "Die Bayerische" die Namensrechte am Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) erwerben soll oder der Investor Hasan Ismaik ein Gegenangebot macht.

Eineinhalb Stunden hat Scharold schon über seine Planungen gesprochen, plötzlich, piep, piep, meldet sich das Mobiltelefon, eine Mail kommt herein, und als sich der Geschäftsführer verabschiedet, ist schon zu erahnen, dass diese Mail alles verändert hat.

In zwei Wochen muss das Präsidium wiedergewählt werden

500 000 Euro auf zwei Jahre, die sofort fließen, um dem Drittliga-Kader von Trainer Daniel Bierofka zwei Führungsspieler für die Innenverteidigung und den Angriff zu spendieren, dazu eine Erhöhung des Hauptsponsorings um 300 000 Euro pro Saison - als kurzfristige Lösung hörte sich das Angebot, das schon lange auf dem Tisch lag, so schlecht nicht an. Zumal das Namenssponsoring laut Vertrag aufgekündigt werden könnte, sobald ein anderer Interessent mehr bieten würde. Und Vermarkter Infront offenbar gar auf die Provision verzichtet, wie Bayerische-Vorstand Martin Gräfer am Sonntagabend andeutete: "Einen besonderen Dank übrigens an die Kollegen rund um Wilson Thomas Pearce von Infront - die insbesondere bei der Idee der NLZ-Namensrechte kreativ zu der angedachten Lösung beitragen wollen."

Allein, Ismaik mochte das Angebot des Hauptsponsors erwartungsgemäß nicht annehmen. Und auch nicht auf den Vorschlag des e.V.-Präsidiums eingehen, selbst Sponsor zu werden. Stattdessen schlug er, wie er am Freitagabend dann via Facebook bekannt gab, vor, mal wieder mittels eines Darlehens einzuspringen. Darlehen statt Sponsoring - ein Pseudoangebot. Der Klub hat ohnehin ein negatives Saisonergebnis eingeplant, ein weiteres Darlehen würde die Strafe des Deutschen Fußball-Bundes wegen der Eigenkapitalauflage erhöhen. Und das Präsidium um Robert Reisinger hat ohnehin sehr unmissverständlich klargemacht, keine weiteren Darlehen Ismaiks mehr anzunehmen und Scharold mittels 50+1 auch eine entsprechende Weisung erteilt.

In zwei Wochen, am Sonntag, 30. Juni, muss jenes Präsidium auf einer Mitgliederversammlung wiedergewählt werden. "Ich weiß von keinem Angebot, und auf Facebook-Einträge reagiere ich nicht", sagte Reisinger der SZ.

Irgendwann stirbt sogar die Hoffnung

Scharolds offenkundige Hoffnung, über den vergleichsweise marginalen, aber sportlich doch so wichtigen Betrag von einer halben Million Euro würden sich die beiden Parteien schon einigen, war dahin. Man mag diese Hoffnung als ambitioniert empfinden oder gar als naiv - aber letztlich ist es einfach nur die beruflich bedingte Pflicht eines Geschäftsführers, an den Kooperationswillen der Gesellschafter zu glauben und ihn herbeiführen zu wollen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es in der Sprache des Fußballgeschäfts. Aber irgendwann stirbt sie halt auch.

Das Dilemma ist ja: Ein Engagement des Hauptsponsors ohne adäquates Gegenangebot abzulehnen, könnte den wichtigen Partner verärgern. Das Angebot des Hauptsponsors gegen den Willen des Investors anzunehmen, wäre laut der schwammig formulierten "Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der TSV München von 1860 Geschäftsführungs-GmbH" juristisch ziemlich sicher möglich; einen endgültigen Bruch mit Ismaik herbeizuführen, ist aus der Perspektive eines Geschäftsführers allerdings auch nicht ganz ohne. Schließlich bleibt die Firma vom Investor abhängig, es stehen regelmäßig Stundungen von Darlehen und Umwandlungen in Genussscheine auf dem Programm, um die Insolvenz oder Strafen durch den Deutschen Fußball-Bund zu verhindern. Nun könnte die ebenso salomonische wie bescheuerte Lösung lauten: Wenn der eine nicht sponsorn und der andere keine Darlehen geben darf, kaufen wir eben keinen Verteidiger und keinen Stürmer.

Ismaik wirft Scharold einen "groben handwerklichen Fehler" vor

Die Profifußball-KGaA, das zeigt die Debatte um gerade einmal zwei externe Zugänge, ist dauerhaft auf deutliche Erlössteigerungen angewiesen. "Wir haben derzeit Erlöse von zehn Millionen Euro pro Jahr", sagt Scharold. "Wir brauchen aber 13 Millionen, um auf die Kostenstruktur zu kommen, die wir uns wünschen" - sprich: um den Aufstieg in die zweite Liga anpeilen zu können. Neue Sponsoren zu begeistern, ist angesichts der Außendarstellung eine mühselige Aufgabe. Auch deshalb hat Scharold "immer gesagt, dass eine nachhaltige Problemlösung nur zusammen geht".

Dass er seine Ziele im Bereich Sponsoring weit verfehlte, musste sich Scharold nun allerdings von Ismaik vorwerfen lassen. Der Geschäftsführer, den die e.V.-Seite mittels 50+1 ins Amt brachte, habe sich "verkalkuliert", so der Investor: "Nun frage ich mich: Warum sitzt das Präsidium um Reisinger den groben handwerklichen Fehler seines eingesetzten Geschäftsführers aus? Und warum hat dieses fahrlässige Handeln keine Konsequenzen?"

Die Aufforderung an den e.V., den Geschäftsführer zu entlassen, stärkt in der bizarren Logik des TSV 1860 München dessen Position allerdings eher. Denn der e.V. macht ja nie, was Ismaik will. "Es ist legitim, dass man unterschiedliche Meinungen hat", sagt Scharold zu der Kritik. Der Weg über die sozialen Netzwerke dürfte ihn allerdings verblüfft haben. Wenn er selbst irgendwann die Nase voll haben sollte, wen würde es wundern - Scharold würde es sicher nicht über Facebook bekanntgeben.

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