15 km der Frauen bei der Biathlon-WM:Nach dem ersten Schießen ist alles schon vorbei

Magdalena Neuner, Andrea Henkel, auch Darja Domratschewa: Viele Favoritinnen beim Frauen-Rennen über die klassische Biathlon-Distanz von 15 Kilometern vergeben ihre Chancen auf den Sieg schon im ersten Anschlag. Die Norwegerin Tora Berger hingegen besteht die Nervenprobe.

Joachim Mölter, Ruhpolding

Manchmal fängt ein Biathlon-Rennen erst richtig beim letzten Schießen an", hat Darja Domratschewa am Sonntag gesagt. Da hatte die Weißrussin ihre deutsche Rivalin Magdalena Neuner im Jagdrennen bei eben jenem letzten Schießen überholt, nachdem sich die beiden Frauen zuvor fast im Gleichschritt auf das Ziel zubewegt hatten.

IBU Biathlon World Championships - Women's 15km Individual

"Ein vierter Platz wäre blöder gewesen", sagte Magdalena Neuner. Sie wurde diesmal 23.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Das Einzelrennen der Männer am Dienstag schien Domratschewas Aussage zu bestätigen, auch dort setzten sich die späteren Medaillengewinner erst im letzten Schieß-Durchgang ab, in dem unter anderem drei deutsche Männer patzten. Der Einzel-Wettkampf der Frauen über 15 Kilometer am Mittwoch jedoch entschied sich bereits beim ersten Liegendanschlag - da schossen sich einige Favoritinnen gleich aus dem Rennen.

"Nach den ersten beiden Schüssen war schon alles vorbei", fasste Andrea Henkel das Geschehen zusammen. Domratschewa hatte es am schlimmsten erwischt - sie traf nur einmal, die fälligen vier Strafminuten, die es beim klassischen 15-Kilometer-Wettbewerb anstelle von Strafrunden für jeden Fehlschuss gibt, waren auch für die beste Läuferin im Feld der 116 Starterinnen nicht mehr aufzuholen.

Die beste Deutsche mit vier Fehlern

Ihrer großen Konkurrentin Magdalena Neuner erging es nur wenig besser, sie verfehlte beim ersten Schießen gleich zwei Scheiben - und hatte damit auch fast schon ihre übergeordneten Ziele aus den Augen verloren: den WM-Titel in der klassischen Biathlon-Disziplin, der einzige, der ihr noch fehlte in ihrer Sammlung; oder wenigstens die Medaille, die sie in jedem Wettkampf hatte holen wollen.

Weil die 25-Jährige im weiteren Verlauf des Wettkampfs noch viermal daneben schoss, kam sie nicht einmal unter die besten Zwanzig. Aber sie reihte sich immerhin hübsch ein inmitten ihrer Teamkolleginnen: Andrea Henkel (Oberhof) kam als Beste auf vier Fehler, Miriam Gössner (Garmisch) auf fünf und Tina Bachmann (Schmiedeberg), die WM-Zweite von 2011, sogar auf sieben.

"Ein vierter Platz wäre blöder gewesen", sagte Magdalena Neuner angesichts des gewaltigen Abstands zu einem Medaillenrang, "dann schon lieber gar nichts." Was da beim ersten Liegendanschlag los gewesen war, konnte sie nicht erklären: "Ich habe versucht, konzentriert zu schießen. Nach dem ersten Schießen war schon ein bisschen die Luft raus." Andrea Henkel sagte, dass die Bedingungen am Mittwoch nicht schwierig gewesen seien: "Es gab heute nichts Außergewöhnliches."

Das allgemeine Malheur beim ersten Schießen könne man allenfalls darauf zurückführen, dass der Wind nach dem Einschießen nachgelassen habe: "Darauf hätte ich beim Liegendschießen vielleicht eher reagieren müssen." Nach zweimal zwei Fehlern in den ersten beiden Durchgängen hatte sie zwei Nuller nachgelegt und haderte: "Es wäre heute so einfach gewesen, man hätte nur treffen müssen."

Mehr als einen Schießfehler hat man sich jedenfalls nicht leisten dürfen vor den 26.000 Zuschauern in der Chiemgau-Arena. Tora Berger, die Olympiasiegerin in dieser Disziplin aus Norwegen, gelang die Nervenprobe am besten, sie bekam nur eine Strafminute auf ihre Zeit aufgeschlagen und siegte mit knapp einer Minute Vorsprung vor der Französin Marie Laure Brunet und der Schwedin Helena Ekholm, der Titelverteidigerin; beide hatten ebenfalls 19 Scheiben getroffen.

Brunet schießt zu schnell

Brunet, die Olympia-Dritte in der Verfolgung, haderte ein wenig damit, dass sie ausgerechnet ihren letzten Schuss daneben setzte: "Da habe ich leider zu schnell abgedrückt, das ist sehr ärgerlich."

Auch Tora Berger bestätigte in gewisser Weise, dass Darja Domratschewa doch Recht hat mit dem letzten Schießen: "Ich war erst danach sicher, dass ich heute gewinnen kann." Auch wenn die größten Favoritinnen frühzeitig ihre Hoffnungen aufgeben mussten, waren noch genug namhafte Athletinnen übrig geblieben, die man zum Kreis der Medaillenanwärterinnen hatte zählen müssen.

Im Gegensatz zu den Männern ist der bei den Biathletinnen ja recht überschaubar, wenig mehr als eine Handvoll Frauen gehören dazu. Neuner, Domratschewa, Ekholm, Berger, die Russinnen Saitsewa, Sleptsowa und Wilukina, die am Mittwoch hintereinander auf den Plätzen sechs bis acht einkamen.

Auch mit Kaisa Mäkäräinen, der Gesamt-Weltcup-Gewinnerin des Vorjahres aus Finnland, hatte man gerechnet. Doch Mäkäräinen hatte ihren großen Auftritt bei dieser WM in Ruhpolding schon vor dem ersten Wettkampf gehabt, als sie für ihre Leistungen aus dem vorigen Winter zur Biathletin des Jahres 2011 gekürt worden war und die Auszeichnung im kleinen Schwarzen und auf hohen Absätzen entgegengenommen hatte. Im sportlichen Teil der Titelkämpfe fällt sie hingegen nicht auf.

Nach den Plätzen 27 im Sprint und 20 in der Verfolgung spielte sie auch am Mittwoch keine Rolle. Wie Domratschewa leistete sie sich gleich zu Beginn zu viele Fehler, bei ihr waren es drei.

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