Wenn einer angezählt ist, kann es ziemlich aufschlussreich sein, ihm ins Gesicht zu schauen. Manchmal lässt sich da was ablesen, eine gewisse Anspannung, Trotz, vielleicht auch etwas Kraftloses. Doch als Robert Klauß am Freitagabend vor dem Spiel gegen Arminia Bielefeld die Fragen der Reporter beantwortete, war da nichts von alledem. Klauß sprach, wie ein Trainer eben spricht. Er erklärte dies und betonte jenes, doch angeschlagen, müde oder nervös kam er nicht daher.
Der 1. FC Nürnberg hat ziemlich aufwühlende Wochen hinter sich, schlechte Spiele, Diskussionen um den Trainer, jede Menge Unruhe. Nach dem 2:4 von Braunschweig, da waren sich alle einig, gab es nichts mehr zu beschönigen, nichts mehr, was sich dem Spiel abgewinnen ließ, nichts, woran sich die Spieler und die Verantwortlichen klammern konnten. Sowas kann eine Mannschaft brechen, vor allem, wenn sie zuvor schon einiges über sich ergehen lassen musste. Dann können Erwartungen eine Last sein, manchmal sogar eine tonnenschwere. Und wer so eine Last mit sich rumschleppt, der kommt nicht voran.
All das sollte man im Kopf haben, wenn man jetzt über die Lage beim Club und dieses Spiel gegen Arminia Bielefeld nachdenkt. Um zu verstehen, wie hoch das 1:0 einzuhängen ist, muss man wissen, wie schwer sich die Nürnberger Mannschaft in den vergangenen Wochen getan hat, was alles über sie hereingebrochen ist und wie groß deshalb der Druck war, der am Freitagabend auf ihr lag. Dass es dann kein Gewürge war, was die Zuschauer zu sehen bekamen, kein Geschiebe, auch kein Gebolze, das zeigte, dass sie im Verein zu Recht ziemlich angetan sind von dem Kader, den sie in diesem Jahr beisammen haben.
Das 2:4 von Braunschweig hatte etwas Reinigendes
Dennoch gab es in dieser Saison schon zu viele Spiele, bei denen es nicht nur hier und da hakte, sondern gleich das ganze System abstürzte. Gegen Bielefeld schienen die Nürnberger dann einfach vergessen zu haben, wie sehr sich die Lage mit jedem unbefriedigenden Resultat in den vergangenen Wochen zugespitzt hatte. Am Ende ging es 1:0 aus, aber, und das war die beste Nachricht für den Club: Es hätte auch 2:0, 3:0 oder 4:0 ausgehen können.
Nürnberg hatte ja so gut gespielt, dass der Ball nach einer Ecke in der letzten Minute gar nicht mehr anders konnte, als ins Bielefelder Tor zu fliegen. Der Treffer war überfällig, und so drängte sich nach dem Spiel auch diese Frage auf: Ist es nun etwas Gutes, dass die Mannschaft da ist, wenn es drauf ankommt? Oder ist eher darüber zu reden, was die Mannschaft überhaupt in die Lage bringt, dass es drauf ankommt?
Jede Niederlage kann auch etwas Reinigendes haben. Und das 2:4 von Braunschweig, das wurde am Freitagabend schon in den ersten Minuten deutlich, hatte etwas Reinigendes. Am Ende war es dann auch die Art und Weise des Sieges, die Nürnberg nun Auftrieb verleihen könnte. Es macht ja was mit einer Mannschaft, wenn sie derart mit dem Rücken zur Wand steht und es dann im letzten Moment doch noch fertigbringt, die Wand mit vereinten Kräften einzureißen.
"Es war unruhig, aber wir haben versucht, uns nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Das ist uns gut gelungen", sagte Torschütze Lino Tempelmann und drückte dann seine Hoffnung aus, dass der erlösende Sieg noch ein wenig nachhallt: "Hoffentlich gibt uns das einen Schub." Dann dürfte es wieder in die andere Richtung gehen - denn dass diese Mannschaft zu Höherem als einem Platz im Mittelfeld der Tabelle berufen ist, das hat sie schon gezeigt.