Miroslav Klose war in seiner aktiven Zeit ein vorbildlicher Sportler. Dass ihm die Sicherungen durchbrannten, kam praktisch nie vor. Nur einmal erhielt er in seiner langen Profikarriere eine glatt Rote Karte, das war in seiner ersten vollen Bundesligasaison mit Kaiserslautern im Dezember 2001 in aufgeheizter Atmosphäre in Cottbus. Bei der WM 2010 kassierte er im Gruppenspiel gegen Serbien wegen ein paar Fouls frühzeitig Gelb-Rot, prompt verlor die DFB-Elf und musste ums Weiterkommen bangen (bekanntlich ging alles gut und Deutschland wurde am Ende Dritter).
Auch wegen dieser Erlebnisse hat der 46-Jährige nun als Trainer offensichtlich die Disziplin seiner Spieler genau im Blick, wie man am Samstag beim wilden Zweitligaspiel von Kloses Nürnbergern beim SSV Ulm sehen konnte: Als sich der 18-jährige Grieche Stefanos Tzimas in der turbulenten Nachspielzeit zu einem völlig überflüssigen Rempler hinreißen ließ, vom Platz flog und anschließend lauthals protestierte, schubste ihn sein Coach Klose und wies ihm mit erhobenem Zeigefinger den Weg in die Kabine.
„Wild und emotional“ nannte Klose hernach die Schlussphase dieser Partie, die durch ein Elfmetertor von Taylan Duman in der Nachspielzeit mit 2:1 an die Franken ging. Einige Ulmer Anhänger wollten den extrem unglücklichen Spielverlauf für ihre Lieblinge nicht einfach auf sich sitzen lassen, sie überwanden den Zaun und prallten erst an den Ordnungskräften ab. Wie bitter die Niederlage für den Aufsteiger zustande kam, konnte man dem Gesicht von Trainer Thomas Wörle ablesen. „Für uns ist das brutal, wir hätten mindestens einen Punkt verdient gehabt“, sagte er bei der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Nach einer ausgeglichenen ersten Halbzeit hatte zunächst der Club die große Chance auf die Führung, als Julian Justvan nach sehenswerter Kombination abschloss, der Ball jedoch von Philipp Strompf von der Linie gekratzt wurde (48.). Keine drei Minuten darauf jubelten dann jedoch die Spatzen, Semir Telalovic nutzte eine Flanke von Johannes Reichert per Kopf zum 1:0. Nur weitere 300 Sekunden später sah es nach dem ersten Sieg der Ulmer aus, Maurice Krattenmacher, der im Sommer von Haching zum FC Bayern gewechselt war und nun als Leihspieler in Schwaben spielt, überwand FCN-Keeper Jan Reichert zum vermeintlichen 2:0. Doch dann schaltete sich der Video-Assistent ein, angeblich hatte Krattenmacher den Ball mit dem Arm mitgenommen. Der Treffer zählte nicht, für Wörle schwer zu akzeptieren: „Es ist nicht belegbar, ob es überhaupt Handspiel war. Und wenn das nicht belegbar ist, ist es schwierig, das Tor nicht zu geben.“
„Und dann kam der Schiedsrichter, der entscheidend eingegriffen hat“, sagt Ulms Trainer Wörle
So blieben die Clubberer im Spiel – und waren in der 64. Minute sogar wieder voll im Geschäft: Flanke Jens Castrop, Kopfball des späteren Rotsünders Tzimas – 1:1. Es folgte die Schlussphase, in der es dann richtig hoch herging. Oder, wie es Ulms Trainer Wörle ausdrückte: „Ich finde, ein Unentschieden wäre das gerechte Ergebnis gewesen. Und dann kam der Schiedsrichter, der entscheidend eingegriffen hat.“
Als Duman nämlich in der fünften Minute der Nachspielzeit im gegnerischen Strafraum zu Fall kam, entschied Referee Wolfgang Haslberger auf Elfmeter, eine Entscheidung, die – allen Ulmer Unkenrufen zum Trotz – durchaus vertretbar war. Lukas Schleimer lief an, doch SSV-Torwart Christian Ortag wehrte den Schuss ab. Die hektischen Szenen im Anschluss wurden durch einen gellenden Pfiff des Unparteiischen unterbrochen – der VAR hatte Haslberger darauf aufmerksam gemacht, dass Ortag zu früh mit beiden Beinen die Torlinie verlassen hatte, der Schiri ließ den Strafstoß wiederholen. Diesmal übernahm der gefoulte Duman und traf mit einem frechen Schlenzer in die Tormitte.
Es folgten Ulmer Wutausbrüche auf und neben dem Platz, der überflüssige und mit Rot geahndete Rempler von Tzimas und das Fazit von FCN-Coach Klose: „Wir haben nicht wirklich zu unserem Spiel gefunden, ich wünsche mir, dass wir solchen Spielen noch mehr den Stempel aufdrücken“, sagte der Weltmeister, der nach der 0:4-Heimpleite gegen Magdeburg vor der Länderspielpause zumindest einen Aufwärtstrend erkennen konnte. „Gegen den Ball war das ordentlich, wir hatten viele frühe Ballgewinne, aber das müssen wir besser ausspielen. Das ist noch nicht das, was ich von meiner Mannschaft sehen will.“