1. FC Nürnberg:Raus aus dem Käfig

Nürnbergs neuer Stürmer Nikola Dovedan hat schon in Österreich beim SCR Altach von der direkten Art des Trainers Damir Canadi profitiert. Beim Club ist er als variabler Angreifer vorgesehen.

Von Sebastian Fischer

Manchmal können Bilder nach Weissagungen aussehen, wenn man sie sich ein paar Jahre später noch mal anschaut. Es war ein Abend im November 2016, in einem kleinem Stadion mit dem etwas zu großen Namen Cashpoint-Arena, österreichische Bundesliga, SCR Altach gegen Austria Wien. Altach gewann 5:1, man findet das Video mit den Toren auf Youtube, zwei schoss ein junger Stürmer namens Nikola Dovedan. Eins erzielte er, nur 1,72 Meter groß, per Kopf. Sein Trainer Damir Canadi schrie jubelnd eine Atemwolke in die kalte Luft.

Als Dovedan und Canadi am vergangenen Wochenende, am ersten Spieltag der zweiten Bundesliga, ihr jeweils erstes Pflichtspiel für den 1. FC Nürnberg bestritten, erstmals wieder gemeinsam seit jenem Abend vor fast drei Jahren in Altach, erzielte Dovedan das siegbringende 1:0 in Dresden per Kopf. Es ist eine fast schon kitschige Geschichte.

Nürnberg hat nach dem Bundesliga-Abstieg im Sommer zehn neue Spieler verpflichtet, es sollen noch drei dazukommen. Sportvorstand Robert Palikuca hat der Bild vor dem Spiel gegen den Hamburger SV an diesem Montag verraten, dass er die Kandidaten - einen Verteidiger, einen Mittelfeldspieler und einen Stürmer - nun gefunden habe, jetzt wird noch verhandelt. Doch der Spieler, den sich der im Mai verpflichtete Trainer Canadi dem Vernehmen nach am meisten wünschte, ist schon seit Anfang Juli da. Angeblich rund zweieinhalb Millionen Euro Ablöse, viel für die zweite Liga, bezahlte der Club dem 1. FC Heidenheim für Dovedan. Und der sagte gleich nach seiner Ankunft: "Ich kenne den Trainer sehr gut, das hat schon einmal gut funktioniert. Und ich denke, dass es wieder so sein wird."

2016 war Dovedan ein talentierter, 22 Jahre alter Angreifer in Österreichs Bundesliga, dem trotzdem nicht viele eine Karriere im Ausland zutrauten, so erzählt es sein früherer U21-Nationaltrainer Werner Gregoritsch, der inzwischen seit mehr als sieben Jahren für Österreichs Junioren verantwortlich ist.

"Er war damals noch nicht so reif", sagt Gregoritsch. Einerseits waren Dovedans große Fähigkeiten im Eins-gegen-eins zu sehen, seine Technik, sein Zug zum Tor. Andererseits, sagt Gregoritsch, "hatte man das Gefühl, es ist ein Schlendrian dabei". Der Schritt zur A-Nationalelf nach 16 Spielen für die U21 war zu groß.

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Kitschig mit dem Kopf: Im ersten Pflichtspiel für den Club, beim 1:0 in Dresden, hat sich Nikola Dovedan (links) gleich mit dem Siegtor eingeführt.

(Foto: imago)

Canadi hatte im Sommer 2016 mit dem kleinen SCR Altach eine Saison im Europapokal gespielt und sich zum respektierten, in Österreich begehrten Trainer entwickelt, als er Dovedan vom Linzer ASK als Leihspieler holte. Als "Käfigfußballer" - das österreichische Pendant zum Straßenkicker - und "sehr emotional" beschreibt Gregoritsch den Stürmer, der die Akademie von RB Salzburg durchlief, Anlaufstelle für die vielversprechendsten Talente des Landes. Er brauche Vertrauen, die richtige Ansprache des Trainers, "das Gefühl, dass er Fehler machen darf". In Altach spielte Dovedan seine bis dahin beste Saison, schoss in 32 Spielen zehn Tore und bereitete acht vor, war oft zu schnell und zu flink für die Verteidiger.

Canadi wechselte im November 2016 zu Rapid Wien, wo er nach nur einem halben Jahr wieder entlassen wurde, und zog zu Atromitos Athen weiter. Doch die wenigen gemeinsamen Monate hinterließen bei Dovedan und bei seinem Trainer offenbar einen prägenden Eindruck. "Damir ist direkt, der sagt, was ihm nicht passt, das braucht der Nikola", sagt Gregoritsch, der beide gut kennt. "Diese Kombination ist eine sehr positive Sache." In Canadis System ist Dovedan ein variabler Angreifer, mal auf dem Flügel, mal als mitspielender Stürmer oder im offensiven Mittelfeld; ein Spieler für den in dieser Zweitligasaison geplanten mutigen Offensivstil.

Canadi hatte nach unglücklichen Monaten bei Rapid in Athen wieder Erfolg, in dieser Zeit fasste er seine Ideen zum Fußball auf 59 ausgesprochen bunten Power-Point-Folien zusammen, die man im Internet findet und die er in der Saisonvorbereitung auch der Nürnberger Mannschaft zeigte. Die Überschrift auf Seite 8: "Ziel ist es -> den Spieler besser zu machen..." Neun Fußballer sind dort beispielhaft abgebildet, von denen Canadi der Meinung ist, sie verbessert zu haben. Andreas Lukse gehört dazu, den Nürnberg in diesem Sommer vom SCR Altach als Ersatztorhüter verpflichtet hat, Lukas Jäger, den Canadi ebenfalls in Altach trainierte, der schon seit 2017 in Nürnberg spielt, aber in dieser Zweitligasaison erstmals eine Rolle in der Nähe der Stammelf zu übernehmen scheint. Und dann ist dort natürlich ein Bild von Dovedan zu sehen, noch im Heidenheimer Trikot.

14 Tage

war Nürnbergs Zugang Iuri Medeiros, 25, am Freitag seit seinem Wechsel von Sporting Lissabon in Nürnberg, und ein paar Wörter Deutsch hat er laut seinem Trainer schon gelernt. Links, rechts, vor, zurück, "das kriegen wir schon hin so langsam", sagte Damir Canadi. Flügelangreifer Medeiros könnte am Montag gegen den Hamburger SV erstmals für den Club auflaufen. Canadi deutete ein paar Wechsel in seiner Mannschaft an, die ihn beim 1:0 zum Auftakt bei Dynamo Dresden nicht vollends überzeugte.

Seit 2017 spielt er in der zweiten Bundesliga, in Heidenheim war er bald ein wichtiger Spieler, der Klub kämpfte erfolgreich gegen den Abstieg, gewann unter anderem gegen Tabellenführer Düsseldorf durch zwei Dovedan-Tore. "Wenn wir ihn da nicht gehabt hätten, weiß ich nicht, ob uns das gelungen wäre", sagt Manager Holger Sanwald. Dovedan habe schon im Sommer 2018 Angebote gehabt. Bei seiner anschließenden Vertragsverlängerung handelte er eine Ausstiegsklausel aus, von der Nürnberg Gebrauch machte.

In Heidenheim wurde Dovedan in seinen Leistungen konstanter. "Er musste lernen, anders gegen den Ball zu arbeiten. Der Niko hat zu Beginn immer nur offensiv gedacht", sagt Sanwald, der den Stürmer nur ungern abgab. "Ich hätte es lieber gesehen, wenn er in die Bundesliga gewechselt wäre", sagt er. Aber das kann ja noch kommen. Teil zwei der Geschichte über den Fußballer Dovedan und seinen Trainer Canadi hat ja erst begonnen.

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