1. FC Nürnberg:Problemlöser aus der Premier League

Sport Bilder des Tages 02.02.2020 - Fussball - Saison 2019 2020 - 2. Fussball - Bundesliga - 20. Spieltag: 1. FC Nürnber

Schrei vor Glück: Konstantinos Mavropanos (r.) jubelt mit den Kollegen Oliver Sorg und Christian Mathenia (v.l.) über die gemeinschaftliche Gegentor-Verhinderung nach einem Elfmeter für den SV Sandhausen.

(Foto: Daniel Marr / Zink / imago)

Konstantinos Mavropanos, ausgeliehen vom FC Arsenal, stärkt die in der Hinrunde so schwache Club-Abwehr.

Von Sebastian Fischer

Die erste Aufgabe, die Konstantinos Mavropanos als Profifußballer außerhalb seiner Heimat Griechenland in einem Erstligaspiel zu lösen hatte, war nicht unbedingt leicht. Es war der 29. April 2018, der 36. Spieltag der Premier-League-Saison: Mavropanos sollte bei seinem Debüt für den FC Arsenal gegen Manchester United verteidigen, gegen den Stürmer Romelu Lukaku. Zwar verlor London mit 1:2. Doch als Mavropanos neulich die Frage beantwortete, wie es gewesen sei, ohne viel Erfahrung gleich gegen den belgischen Nationalspieler anzutreten, der inzwischen für rund 65 Millionen Euro zu Inter Mailand gewechselt ist, sagte er kurz und knapp: "Good game." Gutes Spiel.

Die Gegner des Verteidigers Mavropanos, 22, haben seit ein paar Wochen weniger berühmte Namen. Sie heißen zum Beispiel Kleindienst, und sie kommen aus Heidenheim, Osnabrück oder Sandhausen. Doch vielleicht ist es noch etwas wichtiger als vor zwei Jahren, dass ihm in diesen Tagen für den 1. FC Nürnberg in der zweiten Bundesliga gute Spiele gelingen.

Nur wenige Klubs im deutschen Profifußball haben die Hinrunde wohl mit einem derart unguten Gefühl beendet wie die Nürnberger: Gestartet mit dem Ziel, nach dem Bundesliga-Abstieg in der zweiten Liga oben mitzuspielen, fand sich der Club trotz Trainerwechsel von Damir Canadi zu Jens Keller im Abstiegskampf wieder. Eines von mehreren Problemen, kein kleines, war die Abwehr: Sie war nach 17 Spielen die drittschwächste der Liga.

Nun, nach 22 Spielen, scheinen die Nürnberger ein paar Probleme in den Griff bekommen zu haben. Das 2:2 in Heidenheim am vergangenen Spieltag bedeutete den siebten Punkt im dritten Spiel in Serie, Rang 13 und fünf Punkte Vorsprung vor dem Relegationsplatz. Und das meiste Lob bekommt dafür gerade der in der Winterpause für ein halbes Jahr aus London ausgeliehene Verteidiger Mavropanos.

Wer ihn sieht, erkennt, warum er es schon 2018 durchaus mit Lukaku aufnehmen konnte: Der Belgier ist 1,91 Meter groß - Mavropanos noch ein paar Zentimeter größer. Doch es ist nicht nur die Physis, die ihn auszeichnet. Trainer Keller sagte nach dem Heidenheim-Spiel: "Er bringt genau das, was wir uns von ihm erhofft haben." Dazu gehöre eine "unheimliche Präsenz", "wahnsinnige Schnelligkeit" und Kopfballstärke. Schon nach vier Spielen haben Fans Highlights von ihm auf Youtube zusammengeschnitten: gewonnene Zweikämpfe am Boden und in der Luft, präzise Diagonalpässe. Eine schon jetzt ikonische Grätsche gelang ihm gegen Sandhausen, als er nach einem gegnerischen Elfmeter den von Nürnbergs Torwart Christian Mathenia nach vorn abgewehrten Ball früher als der nachsetzende Strafstoßschütze erreichte und Mathenia danach vor Freude anschrie. Auch der Torwart, nach einem Kniescheibenbruch nach der Winterpause zurückgekehrt, zählt wie der zweite Winter-Zugang Philip Heise (von Norwich City ausgeliehen) und der im defensiven Mittelfeld überraschend starke Fabian Nürnberger, 20, aus dem eigenen Nachwuchs zu den Protagonisten der vergangenen, erfolgreicheren Wochen. Dass sich beim Club nach der schwachen Hinrunde etwas ändern musste, war offensichtlich. Gelungener Spielaufbau, zum Beispiel, wirkte noch vor ein paar Wochen wie eine Utopie.

Nachdem Mavropanos in seinem ersten Spiel für den Club, beim 1:4 gegen den Hamburger SV, noch genau wie seine Kollegen überfordert wirkte, war er beim 2:0 gegen Sandhausen und beim 1:0 in Osnabrück jeweils einer der Besten. Gegen Heidenheim unterlief ihm zwar der Fehler vor dem Gegentor zum 2:2, aber davor hatte er wieder stark gespielt, unter anderem das 1:0 eingeleitet. "Er hört sich alles an, versucht Deutsch zu sprechen und versteht auch schon das eine oder andere Wort. Das ist nicht selbstverständlich für jemanden, der von Arsenal kommt", sagt Kapitän Hanno Behrens. Laut Nürnberger Zeitung bat der Grieche kurz nach seiner Ankunft bereits um Sprachunterricht.

Mavropanos wechselte 2018 vom damaligen griechischen Erstligisten PAS Giannina nach London. Dort machte er nach dem Spiel gegen Manchester aber nur noch sieben weitere Spiele in der ersten Mannschaft, wiederholt hatte er Verletzungsprobleme an der Leiste. Er entschied sich wohl auch für Nürnberg und angeblich gegen andere Angebote aus Deutschland, um garantiert auf viele Einsatzminuten zu kommen. Er wird von einer deutschen Agentur beraten, deren bekanntester Klient der frühere Dortmunder Sokratis ist, der inzwischen auch beim FC Arsenal unter Vertrag steht.

Es ist wohl eher unwahrscheinlich, dass Mavropanos eine längerfristige Besetzung für Nürnbergs Innenverteidigung ist, beim FC Arsenal steht er noch bis 2023 unter Vertrag. Und trotzdem wäre es auch ein Erfolg für den Sportdirektor Robert Palikuca, der sich nach der Hinrunde sehr kritische Fragen zu seiner Kaderplanung anhören musste, wenn Mavropanos nun so weiterspielt und damit die Nürnberger Abwehrprobleme zumindest bis zum Sommer löst. Er ist bereits der 16. Zugang der Saison.

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