1. FC Nürnberg:Ein halbes Jahr in 90 Minuten

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Lehrer herzt Schüler: Der frühere Weltklasse-Stürmer und jetzige FCN-Trainer Miroslav Klose (re.) bejubelt mit dem Torschützen Stefanos Tzimas den 1:0-Sieg gegen Braunschweig. (Foto: Sportfoto Zink/Daniel Marr/Imago)

Der 1:0-Sieg gegen Braunschweig im letzten Spiel vor Weihnachten kommt einer Zusammenfassung der bisherigen Nürnberger Saison gleich. Ein kleiner Blick in die Seele der Clubberer.

Von Sebastian Leisgang

An Miroslav Klose ließ sich am Samstagabend ziemlich gut ablesen, mit welchem Gefühl der 1. FC Nürnberg aus diesem Jahr hinauszieht, einem Jahr, nach dem Fußballdeutschland durch die Europameisterschaft wieder stolz darauf ist, Fußballdeutschland zu sein. Gilt das, im Kleinen, auch für den Club? Oder wie ist es zum Jahresende um die Nürnberger Seele bestellt?

Klose, 46, ist kein gebürtiger Clubberer, kein Leidensgenosse seit Tag eins, sondern ein Titelsammler, der beste Torschütze der deutschen Nationalmannschaft. Keiner hat bei Weltmeisterschaften mehr Tore geschossen als er. Nicht Gerd Müller, nicht Pelé, nicht Maradona. Klose ist also als Ikone ins Frankenland gekommen, doch seine Ankunft im Sommer hatte nichts von einem Raumschiff, das auf einem zerfurchten Acker aufsetzt. Weil Klose, der gelernte Zimmermann, es sich auch dann bewahrt hat, der Nachbar von nebenan zu sein, als er in die große Welt hinauszog.

Klose ist also weitgereist und trotzdem bei sich geblieben. Trotz aller Trophäen und Rekorde hat Nürnbergs Trainer nichts Weltmännisches an sich, und so konnte man am Samstag, als er über das 1:0 gegen Eintracht Braunschweig sprach, auch an diesem großen Stürmer von gestern erkennen, wie es heute, im Kleinen, um die Seele des FCN bestellt ist. Kloses Ausführungen hatten nichts Überschwängliches. Das ist ja generell nicht seine Art, und doch sprach aus seinen Worten auch eine gewisse Breitschultrigkeit, ein Selbstverständnis, weil die Richtung wieder stimmt.

„Mit der Entwicklung bin ich unheimlich zufrieden“, sagte Klose also, „ich weiß, wo wir angefangen haben. Viele Spieler sind zusammengewürfelt worden, und es ist eine Einheit entstanden.“ Teil der Wahrheit, und die sprach Klose ebenfalls aus, ist aber auch: „Es wäre mehr möglich gewesen.“

Nürnbergs Torwart Jan Reichert plagen unterm Weihnachtsbaum „gemischte Gefühle“

Generell ist Fußball ein Spiel mit Hoffnungen und Enttäuschungen, aber beim Club scheinen es die Menschen noch intensiver zu fühlen, weil es sonst ja auch kein Verein fertigbringt, am letzten Spieltag einen Vorsprung von drei Punkten und fünf Toren zu verspielen und aus der Bundesliga abzusteigen. Wer so etwas als Fan mitgemacht hat, schaut anders zu, wenn seine Mannschaft spielt.

Dass Klose am Samstag Schwarz trug, hieß nicht, dass man die Nürnberger gerade betrauern müsste – im Gegenteil. Es geht wieder was am Valznerweiher, nur die Tabelle belegt es noch nicht. Nach 17 Spielen ist der Club mit 22 Punkten Elfter, ein Zwischenzeugnis, in dem gut und gerne vier bis sechs Punkte mehr stehen könnten. Deshalb sitze er nun „mit gemischten Gefühlen“ unterm Weihnachtsbaum, sagte Torwart Jan Reichert nach dem Braunschweig-Spiel, das die Nürnberger Hinrunde gut zusammenfasste. Ein halbes Jahr in nur 90 Minuten: mittelmäßig begonnen, dann furios und erfolgreich – und gegen Ende wieder mit Luft nach oben.

So geriet die Partie zu einem Abzug der bisherigen Club-Saison, schließlich hatte das Jahr schleppend angefangen, ehe es Klick machte und die Mannschaft sich beinahe in einen Rausch spielte. Aber dann blieben die Siege aus, bis das Braunschweig-Spiel doch noch einen erfolgreichen Abschluss bildete. Also: Ende gut, alles gut? Tatsächlich macht diese junge, hoffnungsvolle Mannschaft und der nach vorne gerichtete Fußball, den sie spielt, Lust auf mehr. Und das ist manchmal wichtiger als das bloße Resultat. Fußballdeutschland ist ja auch wieder Fußballdeutschland, ohne Europameister zu sein. Mit einem ähnlichen Gefühl hat nun auch Kloses Team seinen Anhang in die Weihnachtstage entlassen.

Und weil das Braunschweig-Spiel stellvertretend für die bisherige Saison stand, kam natürlich auch nur einer infrage, um das Tor des Abends schießen: Stefanos Tzimas, die Entdeckung der Hinrunde, der junge Grieche, dem schon ein paar Monate in Deutschland genügt haben, um sich in die Notizbücher der ganz großen Klubs zu schießen. Bundesliga, Premier League, das sind jetzt die Sphären, in denen der Name Stefanos Tzimas fällt. Als Klose am Samstag auf seinen Torjäger angesprochen wurde, sagte er: „Am Anfang hat er selbst nicht an sich und seine Stärken geglaubt, jetzt ist er ein halbes Jahr da und bringt super Leistungen.“ Damit ist Tzimas ein Abbild der gesamten Mannschaft, von der im Jahr 2025 einiges zu erwarten sein dürfte. So viel also zur Seele der Clubberer.

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