Trainer Klose beim 1. FC Nürnberg:Der Ex-Spieler ist jetzt Trainer

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Ab zum Jubeln: Miroslav Klose nach dem Sieg im Frankenderby. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty)

Als Miroslav Klose zum 1. FC Nürnberg kam, überstrahlte er alles mit seiner Weltkarriere als Spieler. Nun emanzipiert er sich immer mehr davon. Am Valznerweiher entsteht gerade etwas – und das ist auch ein Verdienst von Klose.

Von Sebastian Leisgang

Inzwischen gibt es mehr als genug Material: Fotos, Bewegtbilder, Tonaufnahmen. Was auch immer man jetzt hernimmt, es ist ein Beweisstück, jedes Bild, jedes Video, jede Audiodatei. All das belegt zweifelsfrei, dass Miroslav Klose mittlerweile kein Spieler mehr ist. Um genau zu sein, und das ist die eigentliche Nachricht, ist er inzwischen nicht einmal mehr ein ehemaliger Spieler: Miroslav Klose, 46, ist jetzt Trainer.

Er sieht aus wie einer, er spricht wie einer – und vor allem handelt er wie einer. Dass das nun, in der ersten Länderspielpause des Jahres 2025, als Neuheit durchgehen kann, hat mit dem Weg zu tun, der hinter Klose liegt. Als er im vergangenen Sommer nach Nürnberg kam, wurde er zwar als neuer Coach vorgestellt, im Untertitel stand aber immer: Ex-Profi, ehemaliger Spieler des FC Bayern - und vor allem: Weltmeister 2014 und bester Torschütze der WM-Geschichte.

All das schwang von Anfang an mit, weil Klose als Mittelstürmer nun mal eine Weltkarriere hingelegt hat. Ein paar Monate später hat er sein Profil als Trainer aber mit derart klaren Konturen versehen, dass er sich mehr und mehr vom Spieler Klose emanzipiert. Selbst bei den gebürtigen Skeptikern und Berufspessimisten in Nürnberg wird Klose inzwischen auch als Trainer anerkannt und geachtet.

Es mag ein Zufall sein, aber es hat tatsächlich rund neun Monate gedauert, um den Club-Trainer Klose zu gebären. Jetzt ist klar, dass da ein ausgewiesener Spieler-Entwickler an der Seitenlinie steht, ein Trainer mit einem ausgeprägten Sinn für Talente, ein Perfektionist, für den Details in der täglichen Arbeit auf dem Platz das Größte sind – und ein Fußballlehrer, der zwar als Vertreter der Ballbesitz-Denkschule gilt, dabei aber nie Dogmatiker, sondern immer Pragmatiker ist.

Den Untertitel aus seinem früheren Leben dürfte Klose allerdings nie ganz loswerden, dafür war seine Karriere einfach zu groß. Wenn man nun die Augen schließt und sich Klose vorstellt, sieht man ihn immer noch im Trikot der Nationalmannschaft vor sich.

Wer an Oliver Kahn denkt, ertappt ihn möglicherweise dabei, wie er mit gestrecktem Bein einen Anschlag auf einen Dortmunder verübt. Wem Giovane Elber in den Sinn kommt, der sieht ihn, wie er sich bei einem Torjubel in einem Banner einwickelt – und wer an Luca Toni denkt, hat natürlich vor seinem inneren Auge, wie er nach einem Tor an seinem Ohr schraubt. Sie alle eint, dass sie dabei das Trikot eines Klubs tragen. Klose aber hat man bislang immer nur im Hemd der Nationalelf vor sich gesehen.

Als der Club letztmals beide Frankenderbys in einer Saison gewann, 1977/78, stieg er am Ende der Saison in die Bundesliga auf

Während seiner Zeit in Nürnberg hat er nun eine Menge dafür getan, dass man ihn jetzt auch aus dem Stegreif damit verbindet, im Trainingsanzug auf einer Bank an der Seitenlinie zu sitzen. Dass sich der Trainer Klose mehr und mehr vom Spieler Klose emanzipiert, hat vor allem damit zu tun, wie viel er in den vergangenen Monaten in Nürnberg bewegt hat. Auf dem Trainingsgelände am Valznerweiher entsteht gerade etwas – und das ist auch ein Verdienst von Klose.

Jahrelang war ja nicht klar, wofür dieser Verein eigentlich steht. Dass der FCN, was seine fußballerische Schlagkraft betrifft, nach dem Abstieg aus der Bundesliga 2019 Jahr für Jahr zu einem immer gewöhnlicheren Zweitligisten verkam, ging auch mit einer Identitätskrise einher. Wer ist der Club? Ist er für alle Ewigkeit bloß der neunmalige deutsche Meister, der in der Gegenwart nicht mehr so recht auf die Beine kommt? Und wie will er eigentlich die Menschen erreichen? Für welchen Fußball steht er?

Fragen wie diese waren lange offen, aber das scheint jetzt überwunden zu sein. So klar wie das Profil des FCN als Talentschmiede ist inzwischen auch das des Trainers Klose. Da kann es kaum noch verwundern, dass seit der vorigen Woche auch Parallelen zur Saison 1977/78 gezogen werden. Damals hatte der Club letztmals beide Frankenderbys in einer Saison gewonnen und war am Ende der Saison, natürlich ist das die Pointe, in die Bundesliga aufgestiegen.

Am vergangenen Sonntag gewann Kloses Mannschaft dann mit 3:0 gegen die SpVgg Greuther Fürth und blieb damit nur knapp unter dem 4:0 aus der Vorrunde. Jetzt sind es noch acht Spiele, in denen sich entscheiden wird, welches Ende die Nürnberger Saison nimmt. An diesem Wochenende ist der Club spielfrei, nach der Länderspielpause wartet dann Jahn Regensburg, was in etwa dasselbe ist wie spielfrei. Und im April stehen ausschließlich Duelle mit Mannschaften an, die selbst noch Teil des Aufstiegsrennens sind. Es liegt also an Kloses Team selbst, es zu richten. Und das Gute ist: An der Seitenlinie steht jetzt nicht mehr bloß der Ex-Spieler Miroslav Klose, sondern der Trainer Miroslav Klose.

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