1. FC Nürnberg:Blick durchs Fenster

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Janis Antiste freut sich nach dem Schlusspfiff über das 2:0 gegen Ulm und über seinen ersten Treffer. (Foto: Daniel Marr/Sportfoto Zink/Imago)

Ein Assist und ein Tor bei den ersten zwei Kurzeinsätzen: Janis Antiste hat einen Bilderbuch-Start beim 1. FC Nürnberg hingelegt. Fällt die Zukunft beim Club also doch nicht aus?

Von Sebastian Leisgang

Man muss schon ein wenig blättern, bis man in den Geschichtsbüchern der Bundesliga auf den 15. April 2000 stößt. Es war ein großer Tag für den deutschen Fußball, ohne dass es jemand wissen konnte. Der 1. FC Kaiserslautern spielte gegen Eintracht Frankfurt, und der Schiedsrichter trug einen Namen, den man damals, zu Zeiten des Rumpelfußballs, eher mit einem Verteidiger in Verbindung gebracht hätte: Helmut Fleischer.

An jenem Tag vor 25 Jahren auf dem Betzenberg spielte ein gewisser Miroslav Klose zum ersten Mal in der Bundesliga. Später stieg er zum besten Torschützen der WM-Geschichte auf. Ein Vierteljahrhundert später, an einem Nachmittag im Februar 2025, steht Janis Antiste in den Katakomben des Nürnberger Max-Morlock-Stadions und sagt über Klose: „Er war der beste Stürmer der Welt. Ich habe viele Spiele von ihm gesehen.“

Antiste ist in Toulouse geboren. Obwohl dort nach allem, was man weiß, ein paar Bundesligaspiele weniger als auf dem Betzenberg ausgetragen wurden, dürfte man selbst in Toulouse schon mal was von Miroslav Klose gehört haben. Antiste jedenfalls war der Name von klein auf geläufig, auch wenn er das Duell zwischen Kaiserslautern und Frankfurt am 15. April 2000 aus einem einfachen Grund gar nicht gesehen haben konnte: Antiste, 22, war noch nicht auf der Welt, als Klose, sein jetziger Trainer beim 1. FC Nürnberg, das Licht der Bundesliga erblickte.

Später eiferte er ihm aber nach, wurde in Toulouse Profi und spielte dann bei Spezia Calcio in der Serie A. Im Januar kam Antiste nun von US Sassuolo zum Club und fiel bei seinem ersten Einsatz, dem 4:3 vor knapp zwei Wochen in Magdeburg, prompt mit einer Torvorlage auf. Am vergangenen Wochenende schoss er dann das 2:0 gegen den SSV Ulm, obwohl ihm Klose auch bei seinem ersten Heimspiel für den Club nur 20 Minuten gab.

Nürnbergs Trainer führt Antiste Schritt für Schritt heran, hat aber eine hohe Meinung von ihm. „Er hat etwas, das wir so nicht hatten“, sagt Klose und meint vor allem die Umtriebigkeit und die Dynamik, die den jungen Stürmer auszeichnen.

Der 1. FC Nürnberg hat Antiste nur ausgeliehen. Er hat aber eine Kaufoption ausgehandelt

Wie sehr Antiste den FCN bereichern könnte, hat er im Fußumdrehen gezeigt. Jetzt lenkt die Personalie den Blick noch einmal in den Januar, als der Club mit seinen Transfers in ganz Deutschland für Aufsehen sorgte. Auch Nürnberg selbst staunte nicht schlecht über den Geldregen, aber ein gewisses Grummeln schwang ebenfalls mit. Was das wohl für die eigenen Ambitionen bedeutet?

Nachdem bekannt wurde, dass Finn Jeltsch von nun an für den VfB Stuttgart spielt und zur nächsten Saison Jens Castrop zu Borussia Mönchengladbach und Stefanos Tzimas zu Brighton & Hove Albion wechseln, konnte man das ja tatsächlich meinen: Die schöne Zukunft, die sich die Nürnberger ausgemalt hatten, dürfte wohl ausfallen.

Dabei hatte sich der Club in den vorangegangenen Monaten doch in eine Position gebracht, in der es selbst den pessimistischsten Franken schwerfiel, pessimistisch zu sein. Im Herbst, siehe da, ging auf einmal ein kleines Fenster auf, durch das man einen Blick in die Ferne erhaschen konnte. Wer durch den Spalt spähte, der sah, wie es funkelte und glänzte und strahlte. Das Bild leuchtete allerdings so grell, dass man gar nicht allzu lange hinschauen konnte. Und heute, mit dem Abstand von ein paar Monaten, musste man sich schon fragen, ob man damals vielleicht nur geblendet wurde.

Dann kam Antiste an den Valznerweiher und schlug ein. Gibt es jetzt also Entwarnung? Findet die Zukunft doch statt?

Der 1. FC Nürnberg hat Antiste nur ausgeliehen. Er hat aber, wie auch bei Tzimas, eine Kaufoption ausgehandelt, um Antiste im Sommer verpflichten zu können. Die Summe, auch das eine Parallele zu Tzimas, liegt erneut in Sphären, in denen der Club sonst eigentlich nicht verkehrt, aber mit etwas Fantasie, Kreativität und Geschick könnte es gelingen, Antiste zumindest für ein weiteres Jahr zu halten.

Nach den ersten Eindrücken haben die Fans jedenfalls Lust auf mehr. Dabei muss sich der Neue erst einmal zurechtfinden. „Es gibt große Unterschiede“, sagt Antiste. Der größte liege in der Intensität, mit der in Deutschland gespielt wird: „In Italien ist es taktischer, hier geht es mehr von Box zu Box, und auch das Training ist ganz anders.“ Nach gut zwei Wochen beim Club findet Antiste aber: „Ich bin jetzt bereit.“

Schon am Freitag könnte er zum ersten Mal in der Anfangsformation stehen, wenn Nürnberg bei Hertha BSC zu Gast. „Er ist ein Anwärter“, verrät Klose. Er selbst hat damals übrigens fast ein halbes Jahr gebraucht, um zum ersten Mal für den FCK zu treffen. Rund 25 Jahre später brauchte Janis Antiste nur zwei Kurzeinsätze.

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