1. FC Nürnberg:Der Klose-Ball ist entschlüsselt

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Vergeblich gestreckt: Enzo Leopold von Hannover 96 überwindet die Nürnberger Mauer und trifft per direktem Freistoß zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich. (Foto: Daniel Löb/dpa)

Erneut lässt sich der Club den Schneid abkaufen – und verliert das Verfolgerduell gegen Hannover. Der Trainer weiß aber, dass mit der jüngsten, kleinsten und fairsten Mannschaft der zweiten Liga solche Spiele kein Wunder sind.

Von David Kirchner

Die zwei Traditionsvereine aus Nürnberg und Hannover eint ja nicht nur der Umstand, seit fünfeinhalb Saisons im Tabellenmittelfeld der zweiten Bundesliga, d. h. in der Realität, festzustecken – sondern auch der Wunsch, baldmöglichst wieder in der ersten Liga zu spielen. Also dort, wo beide Klubs zuletzt in der Saison 2018/19 aufeinandertrafen, in einem Rückrundenkellerduell, das wegen seiner fragwürdigen fußballerischen Qualität „El Kackiko“ getauft wurde – von wem, ist nicht ganz sicher, vermutlich war es irgendein Fan in den sozialen Netzwerken. Auf jeden Fall stiegen am Ende der Saison beide gemeinsam ab. Und seitdem nicht wieder auf.

Jetzt war am Samstag im Max-Morlock-Stadion wieder Rückrunde, und weil sowohl die Niedersachsen (achter Platz, 35 Punkte) als auch die Mittelfranken (neunter Platz, 35 Punkte) gerade einen ziemlich gepflegten, erfolgreichen Ball spielen, war kein Vorbericht ohne die Floskel „richtungsweisendes Verfolgerduell“ ausgekommen. Nur ein Vorberichterstatter bemerkte auf der Pressekonferenz von Hannover 96 vor dem Spiel: Eigentlich müsste die 13. Ausgabe des „El Kackiko“ viel eher die 1. Ausgabe des „El Packiko“ sein. Stille im Pressesaal, H96-Trainer Andre Breitenreiter guckte verdutzt. Weil doch das Motto beider Mannschaften offensichtlich sei: „Zupacken, gewinnen und wieder oben dran sein.“ Ja, gut. Dann vielleicht doch besser zurück zum „richtungsweisenden Verfolgerduell“. Die Vorzeichen waren jedenfalls klar: Nur wer gewinnt, darf sich offiziell ins unübersichtliche Aufstiegsrennen einreihen.

Und die Nachzeichen sind es mittlerweile auch: Hannover 96 hat verdient mit 2:1 gewonnen. Und der Club, der ja bekanntlich in diesem Jahr 2025 richtig gut kicken kann? Ließ sich, wie schon vor einer Woche gegen die Hertha aus Berlin, den Schneid von einer erwachsenen, reifen Männertruppe abkaufen. Vor allem in der ersten Halbzeit waren die Niedersachsen drückend überlegen: aktiv mit und ohne Ball, präsent in den Zweikämpfen, laut und mit Zug zum Tor. Es fiel nur kein Treffer, weil erst Phil Neumann bei einem Abschluss im Sechzehner die nötige Präzision vermissen ließ (19.), dann Club-Torhüter Jan Reichert stark parierte (20.) und schließlich Jannik Rochelt nur das Außennetz traf (21.). Kurzum, die Roten spielten so, als wollten sie nach fünf Unentschieden in Serie endlich mal wieder gewinnen. Und dann traf Stefanos Tzimas in der 36. Spielminute aus dem sogenannten Nichts zum 1:0 für Nürnberg.

Es war eigentlich ein typisches FCN-Tor, bester Klose-Ball, wie die kombinationsfreudige, risikoreiche und zielstrebige Spielweise unter Miro Klose in den vergangenen Wochen in Nürnberg genannt wird. Nach einem Flugball von Robin Knoche in den Rücken des weit aufgerückten Hannoveraner Mittelfelds nahm Jens Castrop, dem ansonsten wenig gelang, den Ball mit, spielte ihn nach rechts außen auf Janis Antiste, dem auch wenig, aber ein bisschen mehr als Castrop gelang. Der wiederum lupfte die Kugel über den herauseilenden Ron-Robert Zieler, Weltmeister von 2014, an die Latte. Tzimas, der den Konter mitgerannt war, konnte per Kopf abstauben. Hannover aber zeigte sich unbeeindruckt, handelte „in unbeugsamer Entschlossenheit“ (Breitenreiter). Enzo Leopold tat das, als er einen zweifelhaften Freistoß aus 20 Metern direkt ins Tor schnibbelte (42.).

Kurz gibt es Aufregung, die Klose aber einkassiert: „Das ist ein klares Foul gewesen.“

Nach der Pause, in der 57. Spielminute, fiel das 1:2 durch Josh Knight per Abstauber, und dann passierte nicht mehr viel, weil die Niedersachsen clever und fair verteidigten und den Nürnbergern außer ungenauen Flanken nicht viel einfiel. Bis auf ein Tor, das wieder ganz Klose-Ball war, aber zu Recht nach VAR-Eingriff zurückgepfiffen wurde: In der Entstehung hatte Antiste seinen Gegenspieler Muroya an der Wade getroffen. Kurz gab es Nürnberger Aufregung, die Klose aber auf der Pressekonferenz einkassierte: „Das ist ein klares Foul gewesen.“

Man liegt nicht falsch in der Annahme, dass die Verantwortlichen vom Valznerweiher wohl auch deshalb nichts von einem möglichen Aufstieg wissen wollten, auch nicht vor dem „richtungsweisenden Verfolgerduell“, weil sie eben wissen, dass mit der jüngsten (Altersdurchschnitt der Startelf: 23,4 Jahre), kleinsten (grobe Schätzung) und fairsten (Erster in der Fairnesstabelle) Mannschaft der zweiten Liga genau solche Leistungen wie gegen Berlin und Hannover möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich sind. „Zu hektisch, zu direkt, zu steil“ sei das Spiel seiner Mannschaft gewesen, sagte Klose nach dem Spiel und schob nach: „Ich weiß, dass es bei einer jungen Mannschaft auch diese Schwankungen gibt.“ Und dann sagte Klose noch diesen banalen, aber einleuchtenden Satz: „Im Fußball muss man sich immer verändern.“

Was für den Club bedeutet: Wenn der Klose-Ball nun ein wenig entschlüsselt ist, muss man halt wieder was anderes machen. Und da man Erfahrung und Körpergröße nur bedingt trainieren kann, wie Klose schmunzelnd einräumte, wird es in den nächsten zwei Trainingswochen eher um so was wie Ballbesitz, Seitenverlagerungen und richtige Tiefenläufe gehen. Vor der Länderspielpause Mitte März stehen noch zwei Spiele an: auswärts bei Preußen Münster und das Frankenderby gegen Fürth daheim, beide wollen die Nürnberger natürlich gewinnen, und damit quasi zurückschwanken. Denn „richtungsweisend“ heißt ja nicht, dass man danach nicht noch mal die Richtung ändern kann.

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