Süddeutsche Zeitung

1. FC Nürnberg:Fünf Tore in fünf Tagen

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Der U21-Nationalspieler Robin Hack rettet Nürnberg einen Punkt beim 3:3 in Darmstadt. Erst am Dienstag hatte der Doppeltorschütze vom Böllenfalltor drei Mal gegen Wales getroffen.

Von Christoph Ruf

Es gibt Tore, bei denen ist auch deren Entstehungsgeschichte an den Gesichtsausdrücken in den Blöcken der Fanlager bestens zu erkennen: Entsetzen herrschte am Sonntag um kurz nach 15 Uhr beim Nürnberger Anhang. Freude sowie Hohn und Spott waren hingegen bei den Anhängern von Darmstadt 98 zu sehen.

Sekunden zuvor war Nürnbergs Torwart Christian Mathenia aus seinem Tor gelaufen, um eine Flanke zu klären. Doch dessen Kollege Patrick Erras interpretierte Mathenias Vorhaben schrecklich verkehrt und köpfte den Ball über diesen hinweg. Er lieferte damit eine prima Vorlage für Darmstadts Serdar Dursun, der zum 3:2 einschieben konnte (82.). Dass Robin Hack kurz darauf mit seinem zweiten Tor noch zum 3:3-Endstand (85.) ausglich und Sebastian Kerk per Freistoß fast noch den Nürnberger Siegtreffer erzielt hätte (90.+3.), passte gut zu einem Spiel, das einige der Beteiligten als "verrückt" oder "wild" bezeichneten. Und natürlich wegen des humoresken Tores, das FCN-Trainer Damir Canadi höflich mit "Kommunikationsproblemen" erklärte, während Kapitän Hanno Behrens zugab, dass "es sicher saudoof aussah".

Für den Nürnberger Auftritt im ersten Durchgang mussten nicht unbedingt solch drastische Ausdrücke gewählt werden, aber gut sah vor allem die Defensive des Erstliga-Absteigers nicht aus. Georg Margreitter und Lukas Mühl standen anstelle von Lukas Jäger und Asger Sörensen in der Innenverteidigung, kurz vor dem Anpfiff musste auch Enrico Valentini passen, für ihn begann Oliver Sorg auf der rechten Abwehrseite. Es mag also auch an den - in zwei von drei Fällen von Verletzungen erzwungenen - Umstellungen gelegen haben, dass der Club im Abwehrbereich anfällig wirkte. Den Darmstädter Führungstreffer durch Dursun (6.) leitete Fabian Nürnberger mit einem schlampigen Ballverlust ein. Auf der linken Abwehrseite hatten die Club-Profis oft das Nachsehen gegen den bekanntermaßen recht flotten Marcel Heller, das war ein Dauerproblem in der ersten Halbzeit. Heller kam so immer wieder zum Flanken und leitete manch gefährliche Darmstädter Chance ein. Dass Nürnberg nach Toren von Hack (9.) und Michael Frey (45.) nach 45 Minuten mit 2:1 in Führung lag, muss den Gastgebern wie Hohn vorgekommen sein. Doch die Lilien hatten später auch mal Glück. Nachdem der Treffer von Dario Dumic (72.) zunächst aberkannt worden war, wurde es nach einem Videobeweis doch noch gegeben. Wie sich ein Torjubel anhört, der erst drei bis vier Minuten nach dem Tor erfolgen darf, das war dann nach diesem zwischenzeitlichen 2:2 zu vernehmen: Der Applaus fiel deutlich leiser aus als die Verwünschungen, die beide Fanlager dem Videobeweis angedeihen ließen. Auch Nürnbergs Frey wird in diesem Leben wohl kein Freund des Videobeweises mehr: "Positiv daran ist, dass man mal kurz durchatmen kann", fand der Schweizer, der seinen ersten Saisontreffer für den Club erzielte. "Aber für den Spielfluss ist das natürlich nicht so gut."

Doppeltorschütze Hack wollte sich diesem Votum derweil nicht anschließen. Er habe "keine Meinung" zur Entscheidung des Assistenten in einem Keller Kölns, das ließ er nach dem fünften Treffer innerhalb von fünf Tagen wissen - erst am Dienstag hatte der Doppeltorschütze vom Böllenfalltor schließlich drei Mal für die deutsche U21 gegen Wales getroffen. Für seine eigene Torquote hatte er indes eine plausible Erklärung parat. "Wenn ich auf das Tor zulaufe, habe ich immer die Überzeugung, dass ich treffe", sagte Hack mit sehr, sehr leiser Stimme. "Ob es dann klappt oder nicht."

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SZ vom 16.09.2019
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